Phase-1-Daten deuten darauf hin, dass eine modifizierte Poliovakzine bei Patienten mit einem rezidivierten Glioblastom Grad 4 im Vergleich zu historischen Kontrollen das Überleben verlängern könnte. Dr. Annick Desjardins und ihre Kollegen publizierten diese Ergebnisse im New England Journal of Medicine parallel zu einer Präsentation bei der International Conference on Brain Tumor Research and Therapy in Solstrand, Norwegen [1].
In der Dosisfindungsstudie mit 61 Patienten sollte primär die Sicherheit der Behandlung überprüft werden. Ein neurovirulentes Potenzial der intratumoral applizierten rekombinanten nicht-pathologischen Polio-Rhinovirus-Chimäre (PVSRIPO) konnte nicht gesehen werden.
Nach 24 Monaten gab es ein Plateau in der Überlebenskurve, das bei 21% der Patienten bis Monat 36 anhielt. In der historischen Vergleichsgruppe lag die Überlebensrate bei 4%. Die Vergleichsgruppe bestand aus 104 Patienten, die zuvor an der gleichen Klinik behandelt worden waren.
Wie Dr.Dan L. Longo, Dana-Farber Cancer Institute, Boston, im begleitenden Editorial erläuterte, sind bislang keine Parameter bekannt, die eine Vorhersage erlauben, welche Patienten besonders lange von der Behandlung profitieren [2].
Longo ist der Ansicht, dass noch viele Fragen offen und zahlreiche Probleme für diese Therapieformen noch nicht gelöst sind. So sei zum Beispiel unklar, wie bei lokaler Applikation über das Immunsystem auch weiter entfernte Läsionen erkannt und eliminiert werden können. Offen sei, ob eine Immunität gegenüber dem Virus vor der Behandlung die Wirksamkeit der Behandlung beeinträchtigen könne.
Longo erläuterte, dass das neurotrope Poliovirus mit Hilfe des CD155-Rezeptors in die Zellen gelangt. Dieser Rezeptor wird von Glioblastomen verstärkt exprimiert. Die in der Studie verwendete modifizierte Poliovakzine wurde mit einem Rhinovirus so modifiziert, dass die Spezifität für Glioblastomzellen weiter verstärkt wurde. Aufgrund dieser Veränderungen kann sich das Virus in gesunden Neuronen nicht vermehren.
Für Aussagen zur Wirkung müssen weitere Studien abgewartet werden
In die Phase-1-Studie wurden konsekutive Patienten mit einem rezidivierenden Glioblastom vom Grad 4 aufgenommen, die steigende Dosen von PVSRIPO intratumoral erhielten. Es schloss sich eine Dosisexpansionsphase an. Als eine dosislimitierende Toxizität trat eine intrakraniale Blutung vom Grad 4 unmittelbar nach Entfernung des Katheters auf.
Schlussfolgerungen zur Wirksamkeit sind jedoch wegen des Designs der Studie derzeit nicht möglich. Weitere Studien mit größeren Patientengruppen müssen folgen.
Medscape Nachrichten © 2018 WebMD, LLC
Diesen Artikel so zitieren: Glioblastom: Länger leben dank modifizierter Polio-Vakzine? Phase-1-Daten sprechen für Überlebensvorteil - Medscape - 12. Jul 2018.
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