NOAK (Neue orale Antikoagulantien) sind in der Schlaganfallprophylaxe bei Patienten mit Vorhofflimmern eine echte Alternative zu den Vitamin-K-Antagonisten (VKA). Sie haben sich vor allem bei Patienten, die neu mit einer Antikoagulation beginnen, zur 1. Wahl entwickelt. Ärzte und Patienten gewöhnen sich im Klinikalltag zunehmend an den Einsatz dieser Medikamente.
Allerdings bleiben noch viele Fragen offen, wie NOAK in bestimmten klinischen Situationen optimal eingesetzt werden können. Im Jahr 2013 veröffentlichte die European Heart Rhythm Association (EHRA) den 1. Leitfaden mit praktischen Hinweisen für verschiedene Situationen, eine Aktualisierung folgte 2015.
Die 10 Gebote der NOAK-Praxis – aus dem Update 2018 des EHRA-Leitfadens zusammengetragen:
In der Regel können NOAK bei Patienten mit Herzklappenerkrankungen eingesetzt werden. Ausnahmen sind mechanische Herzklappen oder rheumatische Mitralstenose.
Die Patienten sollten bei der Einleitung und zur Verlaufskontrolle den NOAK-Ausweis der EHRA führen.
Um das vorgeschriebene NOAK-Dosierungsschema möglichst optimal einhalten zu können, sollten die Patienten angemessen aufgeklärt und mit einem individuell zugeschnittenen Einnahme- und Erinnerungspaket versorgt werden (z.B. Pillenbox, Tablettendosierer, Erinnerungs-Apps).
Wann immer möglich, sollte die getestete NOAK-Standarddosierung gewählt werden, um einen optimalen Nutzen für den Patienten zu erzielen. Eine Dosisreduzierung orientiert sich in 1. Linie an den in den großen Phase-3-Studien verwendeten Reduktionskriterien.
Bei jedem Patienten, der neu mit einer NOAK-Therapie beginnt, muss sorgsam auf mögliche Wechselwirkungen mit anderen einzunehmenden Substanzen geachtet werden. Wenn es relevante Wechselwirkungen gibt, sollte über alternative Wirkstoffe (NOAK und andere) nachgedacht werden.
In regelmäßigen und vordefinierten Abständen sollte die Nierenfunktion mittels Kreatininwert-Bestimmung und Kreatinin-Clearance (CrCl) überprüft werden. Die Formel CrCl:10 dient als Faustregel für die minimale Überprüfungsfrequenz in Monaten.
Eine routinemäßige Bestimmung des NOAK-Plasmaspiegels ist nicht erforderlich. Sie kann in seltenen Fällen, wie bei Notfällen (schwere Blutungen, Notoperation, Schlaganfall) oder bei komplexen Patientenprofilen (z.B. multiple Arzneimittel-Wechselwirkungen, starkes Über-/Untergewicht oder reduzierte Nierenfunktion) in Frage kommen. Die Bewertung sollte von einem Gerinnungsexperten vorgenommen werden und dem Umstand Rechnung tragen, dass es für solche Bewertungen keine harten klinischen Evidenzen gibt.
Bei Patienten mit KHK und Vorhofflimmern ist der kombinierte Einsatz von NOAK und Thrombozytenaggregationshemmern möglich (und wird gegenüber VKA bevorzugt). Eine Dreifachtherapie sollte je nach Schlaganfall-, (Athero-)Thrombose- und Blutungsrisiko möglichst kurz bemessen. Ausgangspunkt einer individualisierten Medikation kann standardmäßig eine 1-wöchige Dreifachtherapie nach elektivem Stenting und eine 3-monatige Dreifachtherapie nach Stenting bei akutem Koronarsyndrom angesehen sein.
Bei manchen NOAK-Patienten mit akutem Schlaganfall wird die endovaskuläre Thrombektomie bevorzugt, sofern dies indiziert ist und möglich erscheint. Eine Thrombolyse sollte nur durchgeführt werden, wenn angenommen werden kann, dass die NOAK-Wirkung abgeklungen ist (z.B. ≥48 Stunden nach der letzten Einnahme mit Bestätigung über einen spezifischen Gerinnungstest), oder wenn sie umgekehrt wird (durch das Dabigatran-Antidot Idarucizumab, das die Effekte des Thrombinhemmers aufhebt).
Geschwächte Personen und ältere Patienten sollten nicht unterdosiert werden. Ein Schlaganfall ist bei diesen Patienten ein schwerwiegendes Ereignis, das häufig zur Behinderung führt und eine Rückkehr in das normale Leben unmöglich macht. Die NOAK besitzen im Vergleich mit den VKA auch bei diesen Hochrisikopatienten ein konstantes Wirksamkeits- und Sicherheitsprofil.
Dieser Artikel wurde von Markus Vieten aus www.medscape.com übersetzt und adaptiert.
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Diesen Artikel so zitieren: Schlaganfallprophylaxe: Die 10 Gebote zum NOAK-Einsatz bei Vorhofflimmern aus den EHRA-Guidelines 2018 - Medscape - 9. Jul 2018.
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