Eine Behandlung mit Enzalutamid und Hormontherapie senkt bei Patienten mit nichtmetastasiertem, kastrationsresistentem Prostatakarzinom und raschem PSA-Anstieg das Risiko für Metastasierung und Tod um 71% und verlängert die metastasenfreie Überlebenszeit um 22 Monate – im Vergleich zu Placebo plus Hormontherapie. Dies ergab die Phase-3-Studie PROSPER, die von Prof. Dr. Maha Hussain, Northwestern University, Feinberg School of Medicine, Chicago (USA), im New England Journal of Medicine publiziert wurden [1].
Die PROSPER-Studie hatte ein vergleichbares Design wie die vor kurzem publizierte SPARTAN-Studie mit Apalutamid auf (Medscape berichtete) – und sie kam zu ähnlichen Ergebnissen. Deren Erstautor Dr. Matthew Smith, Massachusetts General Hospital Cancer Center, Boston (USA), bezeichnete im begleitenden Editorial zur PROSPER-Studie beide Studien mit der daraus folgenden Zulassung der Substanzen für die Behandlung des nichtmetastasierten Prostatakarzinoms als einen wichtigen Fortschritt.
In beiden Studien war das metastasenfreie Überleben der primäre Endpunkt. Dieser Endpunkt sei nicht ohne Probleme, wie Smith und auch Dr. Julia A. Beaver, FDA, Silver Spring (USA), und Kollegen in einem weiteren Beitrag im New England Journal of Medicine darlegen.
Zu den Herausforderungen gehöre z.B. die Wahl der Methode, mit der eine Metastasierung nachgewiesen wird, sowie die Untersuchungsfrequenz. In SPARTAN und PROSPER war eine nichtmetastasierte Erkrankung definiert als das Fehlen von mit konventioneller Bildgebung nachweisbaren Metastasen, also Knochenszintigraphie mit Technetium 99 sowie Computertomographie oder Magnetresonanztomographie.
Neue Verfahren wie Positronenemissionstomographie oder prostataspezifisches Membranantigen seien jedoch empfindlicher für den Metastasen-Nachweis, so Smith. Bei vielen der in die beiden Studien eingeschlossenen Patienten wären bei Anwendung der empfindlicheren Verfahren möglicherweise Metastasen nachweisbar gewesen.
Die klinische Schlüsselfrage, die in beiden Studien untersucht wurde, war, ob bei Patienten mit nichtmetastasiertem, kastrationsresistentem Prostatakarzinom und Anstieg der PSA-Spiegel als einzigem Hinweis auf eine Verschlechterung, eine zusätzliche Behandlung begonnen werden sollte. Oder ob alternativ die Hormontherapie bis zum Nachweis von Metastasen mit konventionellen Methoden weitergeführt werden sollte. „Die Nutzen-Risiko-Abwägung legt nahe, dass eine Behandlung mit einer der beiden Substanzen besser ist, als abzuwarten, bis Metastasen aufgetreten sind“, so das Fazit von Smith.
PSA-Spiegel steigt – was tun?
Männer, die an einem nichtmetastasierten, kastrationsresistenten Prostatakarzinom erkrankt sind, leben im Median 25 bis 30 Monate ohne Knochenmetastasen. Das Metastasierungsrisiko steigt mit einem zunehmenden Spiegel des Prostata-spezifischen Antigens (PSA) und einer PSA-Verdopplungszeit von 10 Monaten oder kürzer. Ist das kastrationsresistente Prostatakarzinom metastasiert, beträgt die mediane Überlebenszeit etwa 3 Jahre.
Daher ist es klinisch relevant, wenn die Zeit bis zum Auftreten von Metastasen verlängert wird. Kommt es bei Männern mit einem nichtmetastasierten, kastrationsresistenten Prostatakarzinom zu einem raschen Anstieg des PSA-Spiegels, deutet dies auf eine Aktivität des Karzinoms hin, ohne dass Metastasen sichtbar sein müssen. Bislang gibt es keine Therapie, um diese Situation zu verbessern.
PROSPER-Studie mit Enzalutamid
Enzalutamid ist ein Inhibitor des Androgenrezeptor-Signalwegs, der seit mehreren Jahren zur Behandlung erwachsener Männer mit metastasiertem kastrationsresistentem Prostatakarzinom (CRPC) mit asymptomatischem oder mild symptomatischem Verlauf nach Versagen der Androgen-Entzugstherapie, bei denen eine Chemotherapie klinisch noch nicht indiziert ist, zugelassen ist.
Zudem kann es zur Behandlung erwachsener Männer mit metastasiertem kastrationsresistentem Prostatakarzinom eingesetzt werden, deren Erkrankung während oder nach einer Chemotherapie mit Docetaxel fortschreitet.
Hussain und ihre Kollegen untersuchten nun in der doppelblinden, randomisierten Phase-3-Studie PROSPER bei 1.401 Männern den Effekt von Enzalutamid (n = 933) im Vergleich zu Placebo (n = 468) auf das metastasenfreie Überleben der Patienten. Die PSA-Verdopplungszeit lag bei den Patienten im Median bei 3,7 Monaten. Die Studie war endpunktgesteuert und wurde nach dem Auftreten von 447 primären Endpunktereignissen gestoppt.
Mit Enzalutamid wurden die Patienten im Median 18,4 Monate, mit Placebo 11,1 Monate behandelt. Zum Zeitpunkt der Datenanalyse war die Erkrankung bei 23% der Enzalutamid- und bei 49% der Placebo-Patienten metastasiert. Metastasenfrei überlebten die Enzalutamid-Patienten im Median 36,6 Monate, die Placebo-Patienten 14,7 Monate. Dies bedeutet eine Senkung des Risikos von Tod oder radiologisch nachgewiesener Progression um 71% durch Enzalutamid (Hazard-Ratio 0,29, p < 0,001).
Von den 219 Patienten der Enzalutamid-Gruppe mit einem primären Endpunktereignis wiesen 187 (85%) eine radiologische Progression auf, 35 (15%) starben ohne radiologische Progression. In der Placebogruppe wiesen 98% eine radiologische Progression auf, 2% starben ohne Progression.
Häufigste unerwünschte Wirkung unter Enzalutamid war Fatigue, ferner kam es öfter als unter Placebo zu Hypertonie, schwerwiegenden kardiovaskulären Ereignissen und mentalen Störungen. Bei 3 Patienten unter Enzalutamid traten schwere Krampfanfälle auf.
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Diesen Artikel so zitieren: Kastrationsresistenter Prostatakrebs: Enzalutamid verzögert Metastasierung um 22 Monate – Sterberisiko deutlich gesenkt - Medscape - 9. Jul 2018.
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