Augenlasern: Häufige unerwünschte Effekte durch LASIK-Operationen? Experte warnt vor „schlechter Patientenauswahl“

Michael van den Heuvel

Interessenkonflikte

5. Juli 2018

Viele Patienten schätzen die Laser-in-situ-Keratomileusis (LASIK) als Möglichkeit, ohne Brille oder Kontaktlinsen scharf zu sehen. Jetzt berichtet die New York Times, dass sich in US-Medien Fallberichte von Patienten mit schwerwiegenden Nebenwirkungen nach dem Eingriff häufen. Manche Personen hätten sogar ihren Job verloren und Depressionen entwickelt, schreibt das Blatt in seiner Online-Ausgabe. Es zitiert Experten der US Food and Drug Administration (FDA), die auf unerwünschte Effekte hingewiesen hätten. Allerdings fehlen der Behörde eigenen Angaben zufolge Gelder, um weitere Untersuchungen durchzuführen. Eine Metaanalyse mit neueren Herstellerdaten zeigt bessere Resultate nach LASIK.

„Dank führender Technologie können wir mit der LASIK ein sehr erfolgreiches Verfahren anbieten, um eine Kurz- oder Weitsichtigkeit zu korrigieren“, sagt Prof. Dr. Thomas Kohnen vom Universitätsklinikum Frankfurt, Klinik für Augenheilkunde, und von der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG). In den ersten Wochen nach der Behandlung seien trockene Augen mit Fremdkörpergefühl, Brennen und schlechte Nachtsicht nicht unüblich, da sich die Nervenbahnen in der Hornhaut neu aufbauen müssten. „Bei fast allen Patienten verschwinden die Beschwerden spätestens nach 6 Monaten.“

Der Experte ergänzt: „Die meisten Komplikationen entstehen nicht durch Operationsfehler, sondern durch schlechte Patientenauswahl.“ Laut der Kommission Refraktive Chirurgie (KRC) der DOG sollten Laseroperation nur bei einer Fehlsichtigkeit von +3 bis -8 Dioptrien oder bei einer Hornhautverkrümmung bis zu 5 Dioptrien erfolgen – bei ausreichend dicker Hornhaut auch im Bereich von +4 bis -10 Dioptrien. Nach diesen Empfehlungen arbeiten deutsche Augenärzte.

PROWL-Studien: LASIK führt bei 28% aller Patienten zum trockenen Auge

In den USA hat die FDA in den 1990er-Jahren Laser zur Korrektur der Fehlsichtigkeit ohne Einschränkung zugelassen. Seither wurden schätzungsweise 9,5 Millionen Amerikaner behandelt. Ab 2008 berichteten Patienten vermehrt über Sehstörungen und chronische Schmerzen.

 
Dank führender Technologie können wir mit der LASIK ein sehr erfolgreiches Verfahren anbieten, um eine Kurz- oder Weitsichtigkeit zu korrigieren. Prof. Dr. Thomas Kohnen
 

Dass es sich keineswegs um Einzelfallberichte handelt, zeigt Dr. Malvina Eydelman vom FDA Center for Devices and Radiological Health, Silver Spring. Im Rahmen der beiden PROWL-Studien („Patient-Reported Outcomes With LASIK“) haben Patienten Online-Fragebögen ausgefüllt. In die Untersuchungen wurden 262 Angehörige der Streitkräfte im Durchschnittsalter von 29 Jahren (PROWL-1) bzw. 312 Zivilisten im Durchschnittsalter von 32 Jahren (PROWL-2) aufgenommen.

Alle Patienten erhielten LASIK-Eingriffe nach US-üblichen Standards mit Geräten, die eine FDA-Zulassung hatten. Nach 1, 3 und 6 Monaten (PROWL-1) bzw. nach 1 und 3 Monaten (PROWL-2) wurden sie zu Nachuntersuchungen eingeladen und befragt. Eydelman zufolge hätten Ärzte keine Möglichkeit gehabt, das Votum zu beeinflussen.

„Insgesamt nahm die Prävalenz visueller Symptome und trockener Augen ab, obwohl bei einem erheblichen Prozentsatz der Teilnehmer nach der Operation neue Beschwerden aufgetreten sind“, fasst Eydelman ihre Ergebnisse zusammen.

Als Maß verwendet sie den Ocular Surface Disease Index-Score (OSDI) mit Fragen zu optischen Einschränkungen. Bei PROWL-1 erhöhte sich der Prozentsatz an Personen mit normalen OSDI-Werten von 55% vor der Operation auf 66% nach 3 Monaten und 73% nach 6 Monaten.

 
Die meisten Komplikationen entstehen nicht durch Operationsfehler, sondern durch schlechte Patientenauswahl. Prof. Dr. Thomas Kohnen
 

44% Teilnehmer der PROWL-1-Studie starteten mit normalen OSDI-Werten, nach 3 Monaten waren es 65%. Von allen Patienten mit anfänglich normalem OSDI hatten nach 3 Monaten 28% leichte, mittelschwere oder schwere Sicca-Symptome. 43% der Patienten (PROWL-1) bzw. 46% (PROWL-2) berichteten außerdem über mindestens ein visuelles Artefakt. Dazu gehören Doppelbilder, Lichtringe oder sternförmige Strukturen um Lichtquellen.

Trotzdem waren nur 1% bzw. 2% mit dem Operationsresultat unzufrieden. „Unsere Ergebnisse unterstützen die Notwendigkeit einer adäquaten Beratung über die Möglichkeit, nach einer LASIK-Operation neue Symptome zu entwickeln“, kommentiert Eydelman.

Prüfen US-Behörden Daten zu schlecht?

Der Mangel an präzisen Informationen über Komplikationen sei ein Problem vieler Medizinprodukte, die von Herstellern getestet würden und FDA-Zulassungen erhielten, bevor es Langzeitdaten gebe, sagt Dr. Diana Zuckerman, Präsidentin des National Center for Health Research in Washington. „Die FDA verspricht weiterhin, die Überwachung nach dem Inverkehrbringen besser zu machen, aber es gibt keine Anzeichen für wirkliche Verbesserungen.“

Eydelman kontert als Vertreterin der gescholtenen Behörde: „Die FDA hat derzeit nicht das Geld, um die geplante Studie durchzuführen, mit der abgeschätzt werden sollte, wie viele Patienten aufgrund von Symptomen nach einer LASIK-Operation Schwierigkeiten haben, ihre üblichen Aktivitäten durchzuführen.“ Ihr Ziel sei gewesen, prädiktive Risikofaktoren zu identifizieren. Selbst wenn manche Patienten Schwierigkeiten hatten, ergänzt Eydelman, sei dies „nicht signifikant“.

 
Unsere Ergebnisse unterstützen die Notwendigkeit einer adäquaten Beratung über die Möglichkeit, nach einer LASIK-Operation neue Symptome zu entwickeln. Dr. Malvina Eydelman
 

Herstellerdaten: Neue Technik, bessere Ergebnisse?

Ältere Daten zur Sicherheit und Effektivität, die Hersteller bei der FDA eingereicht hatten, zeigen noch schlechtere postoperative Resultate als bei den PROWL-Studien (2007): Dr. Melissa D. Bailey von der Ohio State University bestätigt zwar visuelle Verbesserungen nach Eingriffen, aber 20% aller Patienten hatten deutlich mehr Probleme mit trockenen Augen als vor dem Eingriff. Genauso viele Patienten berichteten über visuelle Artefakte, etwa Doppelbilder, Strukturen um Lichtquellen oder über Schwierigkeiten, wenn sie nachts am Straßenverkehr teilnahmen.

US-amerikanische LASIK-Experten um Dr. Majid Moshirfar vom John A Moran Eye Center, Department of Ophthalmology and Visual Sciences, an der University of Utah School of Medicine, Salt Lake City, zweifeln nicht an den historischen Zahlen. Sie verweisen jedoch auf methodische Verbesserungen im Laufe der Zeit.

Ihre Metaanalyse aus 2017 umfasste Eingriffe an 718 Augen. 12 Monate nach der Operation sanken Schwierigkeiten, sich bei Dunkelheit zu orientieren, auf den präoperativen Wert von 29%. Durch die LASIK verringerten sich auch die Lichtempfindlichkeit (bei 9% der Patienten), Schwierigkeiten bei Nachtfahrten (22%), Probleme beim Lesen (8%), Doppelbilder (2%), Blendung (12%) und Halos (6%) nach 12 Monaten.

Zu einer ähnlichen Einschätzung kommt Dr. Eric Donnenfeld, früherer Präsident der American Society of Cataract and Refractive Surgery. Er bewertet das Risiko schlechter postoperativer Ergebnisse als „sehr gering“. Basis ist eine Metaanalyse mit 97 Artikeln, die zwischen 2008 und 2015 veröffentlicht worden waren: Nur 1,2% (129/9.726) aller Patienten gaben an, mit ihrem LASIK-Eingriff unzufrieden zu sein.

 

Kommentar

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