Verräterisches Bauchgrummeln: Reizdarm-Diagnose durch nicht-invasive Aufzeichnung von Darmgeräuschen

Maureen Salamon

Interessenkonflikte

2. Juli 2018

Washington, DC – Die Diagnose eines Reizdarmsyndroms (RDS, Colon irritabile) über das nicht-invasive Aufzeichnen der Darmgeräusche könnte kostspielige Koloskopien überflüssig machen, wie die Ergebnisse einer neuen Studie nahelegen, die auf der Digestive Disease Week (DDW) vorgestellt wurden.

„Nachdem ich über die Jahre so viele RDS-Patienten gesehen habe, beschloss ich nach einer Möglichkeit zu fahnden, um all die kostspieligen Untersuchungen zu stoppen“, sagte Dr. Barry Marshall von der University of Western Australia in Crawley. „Selbst wenn wir die Zahl der Koloskopien um beispielsweise 10 Prozent reduzieren könnten, entspräche dies in den USA schon einer Kostenersparnis von Milliarden von Dollar“, sagte er gegenüber Medscape. „Wir leben in der großen Zeit der Gastroenterologie. Wir entwickeln neue Wege, um Krankheiten zu diagnostizieren und setzen neue Technologien ein.“

Termiten-Suchgerät als Entwicklungsgrundlage

Weltweit leiden etwa 11% aller Menschen an einem RDS. Normalerweise gehört die Koloskopie zur Diagnostik dazu, um einen Krebs oder andere organische Erkrankungen auszuschließen. Die künstliche Intelligenz, die in der Proof-of-Concept-Studie mit dem Titel „Noisy Guts Project“ verwendet wurde, ist die Weiterentwicklung eines ähnlichen Gerätes, das zum Aufspüren von Termiten hinter Hauswänden verwendet wurde.

„Wenn man damit knirschende Geräusche im Holz registriert, kann daraus auf einen Termitenbefall geschlossen werden“, sagte Marshall, der 2005 zusammen mit Robin Warren für die Entdeckung der Rolle des Helicobacter pylori in der Gastritis- und Ulkusentwicklung den Nobelpreis für Physiologie/Medizin erhalten hatte. „Das hat mich nachdenken lassen“, erklärte er. „Seit Jahrhunderten horchen Ärzte das Abdomen mit einem Hörrohr oder Stethoskop ab, das ist nicht neu. Aber sie taten dies immer nur für vielleicht 20 Sekunden.“

 
Seit Jahrhunderten horchen Ärzte das Abdomen mit einem Hörrohr oder Stethoskop ab, das ist nicht neu. Aber sie taten dies immer nur für vielleicht 20 Sekunden. Dr. Barry Marshall
 

Dieses Gerät ermöglichte es uns jedoch, „mehrere Stunden lang zuzuhören, und zwar an verschiedenen Punkten, und zudem Provokationstests mit verschiedenen Lebensmitteln durchzuführen“, sagte er. „Wir könnten all diese Informationen in ein lernfähiges Programm stecken und sagen: Das ist ein RDS.“

Das „Noisy-Guts“-Projekt

Marshall und sein Team entwickelten den Prototyp eines Gürtels, der mittels maschinellem Lernen akustische Muster aus dem Bauchraum identifiziert.

In der 1. Phase der Studie wurden Aufnahmen von 31 RDS-Patienten und 37 gesunden Teilnehmern verwendet, um ein akustisches Indexmodell zur Unterscheidung zwischen RDS- und anderen Darmgeräuschen zu erstellen. Die Darmgeräusche wurden, nachdem die Probanden gefastet hatten, über 2 Stunden aufgezeichnet und dann nach einer standardisierten Mahlzeit für weitere 40 Minuten. In dieser Phase erreichte das Gerät nach einer computergestützten Leave-One-Out-Kreuzvalidierung eine Sensitivität von 90% und eine Spezifität von 92% für die RDS-Diagnose. In der 2. Studienphase ergaben unabhängige Tests an 15 RDS-Patienten und 15 gesunden Teilnehmern eine Sensitivität und Spezifität von jeweils 87% für die RDS-Diagnose.

Wahrscheinlich ist die Darmmotilität ursächlich für ein RDS verantwortlich. Die gluckernden und rumorenden Geräusche aus den Eingeweiden der Patienten können „sehr, sehr leise und nur schwer zu hören sein, aber ein Computer kann sie herausfiltern“, sagte Marshall. „Außerdem lässt sich erkennen, aus welchem Teil des Darms sie stammen, also aus dem Dickdarm, Dünndarm oder Magen. Wir haben über jedem Abdominalquadranten ein Mikrofon platziert. Wir sind in der Lage zu sagen, was wir hören, ist normal oder nicht normal und passt zur Diagnose RDS.“ Das Verfahren müsse jetzt an einer viel größeren Zahl von Patienten wiederholt und studienmäßig untersucht getestet werden, fügte er hinzu.

 
Wir sind in der Lage zu sagen, was wir hören, ist normal oder nicht normal und passt zur Diagnose RDS. Dr. Barry Marshall
 

Dr. Ashton Harper, leitender Mediziner bei Protexin® im britischen Somerset sagte dazu: „Das ist sehr interessant. Alles, was hilft, invasive Tests zu reduzieren, ist großartig. Ich bin nicht darauf gekommen und hätte nicht gedacht, dass das Verfahren verlässlich ist, weil es noch nie gemacht wurde“, sagte Harper zu Medscape.

„Beeindruckend ist, dass die Unterscheidung zwischen RDS und normalen Patienten möglich ist“, sagte Dr. Susan Lucak vom Lenox Hill Hospital in New York, USA. „Es wäre toll, wenn die Technologie auch unter anderen Bedingungen validiert werden könnte.“

Dieser Artikel wurde von Markus Vieten aus www.medscape.com übersetzt und adaptiert.

 

Kommentar

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