Deutschlands Ärzte lieben Ihren Beruf. In der neuen Medscape-Umfrage zur Zufriedenheit im Job war die Antwort auf die Frage „Sind Sie froh, dass Sie Arzt geworden sind?“ überraschend einstimmig und positiv. Mit einem klaren „Ja“ antworten 89% und scheinen damit diese wichtige Lebensentscheidung nicht zu bereuen – trotz der zunehmenden Herausforderungen im Gesundheitswesen und der verbreiteten Angst vor Burnout.
Auch die Mühen eines Medizinstudiums würden 79% wieder auf sich nehmen, wenn sie noch einmal jung wären. Die gleiche Fachrichtung könnten sich 69% vorstellen. Aber: Das gleiche Arbeitsumfeld wünscht sich nur jeder 3. Das heißt wohl, die allermeisten Ärzte finden ihr Fach zwar noch toll, nur sehnen sie sich nach anderen Arbeitsbedingungen.
Nach dem „Gehaltsreport 2018“ befragte Medscape seine Mitglieder diesmal nicht zum Geld, sondern zu ihrer Stimmung. Aus Deutschland haben mehr als 640 Ärzte geantwortet und sich zu ihren Hochs und Tiefs im Job geäußert.
Schlechte Stimmung entsteht vor allem durch Bürokratie und dem häufig damit verbundenen Stress durch Überstunden. Dies zeigte auch kürzlich eine Umfrage der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienste und Wohlfahrtspflege (BGW). Demnach schluckt jeder 5. junge Arzt schon Medikamente, um mit dem Stress im Job besser klar zu kommen.
Als große Herausforderung nannten die Ärzte in der Medscape-Umfrage die vielen Richtlinien und Vorschriften bei Verwaltung und Abrechnung der Behandlungen. Für jeden 2. Teilnehmer sind diese unangenehmen Pflichten ein Hauptärgernis im Job-Alltag. Frauen scheinen aber mit der Erledigung des Papierkrams weniger Probleme zu haben (30%) als ihre männlichen Kollegen (48%).
Zu den Zeitfressern, die auf Kosten der Quality-Time mit Patienten gehen, zählen neben Dokumentation und Verwaltung auch Forschung, Lehre, Fortbildung sowie Engagement in Berufsverbänden. Nahezu die Hälfte aller hier befragten Mediziner verbringt mehr als 15 Stunden pro Woche mit solchen Aufgaben. Wer im Krankenhaus (58%) arbeitet, ist doppelt so häufig mit hohem Verwaltungsaufwand belastet wie ein Arzt in einer Praxis (28%). Vor allem die älteren Kollegen mit viel Routine verwenden anscheinend auf administrative Aufgaben eher weniger Zeit.
Besorgniserregend sind dagegen die Antworten von jüngeren Ärzten: Jeder 4. unter 45 verbringt mehr als 25 Stunden pro Woche mit Arbeiten, die nichts direkt mit Patienten zu tun haben. Vor allem im Krankenhaus arbeitet der Nachwuchs als Verwalter.
Dabei zeigt die Umfrage ein sehr klares Szenario auf, was Ärzte glücklich macht: Jeder 2. Mediziner fühlt sich belohnt, wenn es ihm gelingt, gute Leistungen zu bringen, etwa kompetent Diagnosen und Lösungen zu finden. Die Dankbarkeit der Patienten steht an zweiter Stelle. Vor allem die Hausärzte benennen diese Form der Belohnung. Das Geld trägt überraschenderweise nur bei 8% als Einflussfaktor zur Job-Zufriedenheit bei.
Und wieviel Zeit bleibt für die erfüllenden Momente? Im Schnitt dauert bei den meisten Ärzten (71%) ein Patientenbesuch weniger als 16 Minuten. Viel Geduld für Patientenkontakte – im Schnitt länger als 25 Minuten – bringt nur jeder 10. Teilnehmer dieser Umfrage mit. Fachärzte nehmen sich tendenziell etwas mehr Zeit.
Was die Zukunftsplanung angeht, will jeder 2. Arzt, der an der Umfrage teilgenommen hat, noch Karriere machen. Ähnlich wie in anderen Berufssparten spielt bei der erfolgreichen Job-Suche das eigene Netzwerk (34%) die wichtigste Rolle. Und wen wundert´s: Jüngere Ärzte suchen ihren neuen Job eher in Online- als in Printmedien.
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Diesen Artikel so zitieren: Wie (un)zufrieden Ärzte sind: Ein neuer Report deckt die Haupt-Ärgernisse im Praxis-Alltag auf - Medscape - 3. Jul 2018.
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