
Prof. Dr. Gianni Bisogno
Chicago – Eine Erhaltungstherapie mit Vinorelbin und niedrig dosiertem Cyclophosphamid erhöht das 5-Jahres-Überleben bei Hochrisiko-Kindern mit Rhabdomyosarkom signifikant von 73,3% ohne Erhaltungstherapie auf 86,5%. Diese Ergebnisse der RMS2005-Studie der European Pediatric Soft Tissue Sarcoma Study Group (EpSSG) stellte Prof. Dr. Gianni Bisogno, Universitätsklinik Padua, Italien, in der Plenarsitzung bei der Jahrestagung 2018 der ASCO (American Society of Clinical Oncology) in Chicago vor [1].
Kinder mit Rhabdomyosarkom, die nach 5 Jahren noch leben, gelten als geheilt, ein Tumorrezidiv ist dann sehr selten. „Diese Studie etabliert einen neuen Therapiestandard für Patienten mit Hochrisiko-Rhabdomyosarkom“, so das Fazit von Bisogno. Seiner Meinung nach sollte eine Erhaltungs-Chemotherapie auch bei anderen soliden Tumoren in der Pädiatrie untersucht werden.

Prof. Dr. Douglas S. Hawkins
Diskutant Prof. Dr. Douglas S. Hawkins, Seattle Children’s Hospital, Universität von Washington, gratulierte der EpSSG zu dieser Studie. Die Gruppe habe eine randomisierte Studie bei einer außergewöhnlich seltenen Erkrankung durchgeführt. Und es sei erst die 3. positive randomisierte Studie beim Rhabdomyosarkom bei Kindern. Die ersten beiden positiven Studien waren 1974 und 2014 publiziert worden.
Seltener Tumor mit guten Heilungschancen
Das Rhabdomyosarkom ist ein sehr seltener Tumor. Pro Jahr werden in den USA 350 und in Europa 320 Kinder mit dieser Erkrankung diagnostiziert. Auch Erwachsene können erkranken. Der sehr aggressive Tumor kann mit moderner intensiver Therapie bei 70 bis 80% der Patienten geheilt werden. Liegen bei der Diagnose bereits Metastasen vor oder rezidiviert der Tumor nach der initialen Therapie, sinken die Heilungschancen.
90% der Patienten mit hohem Risiko – definiert durch ungünstige Lokalisation wie z.B. an Kopf, Nacken oder Becken, ungünstige Histologie sowie Lymphknotenbeteiligung – gelangen durch die Standardtherapie aus intensiver Chemotherapie, Radiotherapie und Operation in eine komplette Remission. Hiervon erreichen 60 bis 70% ein Langzeitüberleben, bei 30 bis 40% kommt es – meist im ersten Jahr – zu einem Rezidiv.
Ziel der RMS2005-Studie war es daher, bei Patienten, die mit der Standardtherapie eine komplette Remission erreicht hatten, zu untersuchen, was eine Erhaltungstherapie mit Vinorelbin und niedrig dosiertem Cyclophosphamid bringt.
Vinorelbin und Cyclophosphamid über 6 Monate
Die EpSSG schloss in die Studie 371 mit Standardtherapie vorbehandelte Hochrisiko-Patienten mit pathologisch nachgewiesenem Rhabdomyosarkom ohne Metastasen im Alter bis 21 Jahre ein. Patienten, die radiologisch in Woche 27 nicht komplett angesprochen hatten, waren ausgeschlossen, ebenso Patienten mit dem höchsten Rezidivrisiko, also Patienten mit einem alveolaren Rhabdomyosarkom und regionalem Lymphknotenbefall sowie Patienten mit Fernmetastasen.
Randomisiert wurden 186 Patienten mit sechs 28-Tage-Zyklen Vinorelbin (25 mg/m² Tag 1, 8 und 15) und Cyclophosphamid (25 mg/m² täglich) behandelt. 185 erhielten keine Erhaltungstherapie. Diese niedrig dosierte Therapie verursachte weniger myelotoxische und infektiöse Nebenwirkungen als die Standardtherapie. Es traten keine kardialen, hepatischen oder renalen Toxizitäten auf. „Die Toxizität war sehr akzeptabel“, kommentierte Bisogno die Daten.
In der Erhaltungstherapie-Gruppe lebten nach 5 Jahren 77,6% der Patienten ohne erneute Krankheitszeichen, in der Vergleichsgruppe waren es 69,8% (p = 0,0613). Insgesamt überlebten nach 5 Jahren mit Erhaltungstherapie 86,5%, ohne Erhaltungstherapie 73,7% der Patienten (p = 0,0111).
Hawkins zog aus den Daten das Fazit: „Die Erhaltungschemotherapie hat eine moderate Toxizität und sollte als Standard für Hochrisiko-Patienten mit Rhabdomyosarkom nach kompletter Remission überlegt werden.“
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Diesen Artikel so zitieren: Hochrisiko-Rhabdomyosarkom: Erhaltungstherapie mit Vinorelbin und Cyclophosphamid verlängert das Überleben - Medscape - 11. Jun 2018.
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