Eine Kombination der Asthma-Wirkstoffe Formoterol und Budesonid wird gewöhnlich zur Langzeittherapie eingesetzt. Inwieweit die beiden Substanzen, die zur Gruppe der Beta-2-Sympathomimetika (short-acting beta-2-agonists, kurz SABA) und Glukokortikoide gehören, sich auch zur Akutbehandlung bei mildem Asthma eignen, haben jetzt 2 im New England Journal of Medicine veröffentlichte Studien untersucht [1,2].
Beide Publikationen kommen im Wesentlichen zu dem Schluss, dass die Wirkstoff-Kombination, auch wenn sie nur bei Bedarf eingesetzt wird, die schwerwiegendsten Folgen eines schlecht kontrollierten Asthmas – die Exazerbation und den Verlust von Lungenfunktionen – verhindern kann. Weniger effektiv ist die Gabe bei Bedarf, um die akuten Symptome der Erkrankung zu lindern. Die aufgenommene Dosis von Budesonid wird im Vergleich zur Langzeitgabe auf ein Viertel oder noch stärker gesenkt. Finanziert wurden beide Studien vom Hersteller der Wirkstoff-Kombination namens Symbicort®, AstraZeneca.
Frühere Untersuchungen sind bereits zu ähnlichen Ergebnissen gekommen

Prof. Dr. Klaus Rabe
„Ich bin ein wenig verwundert darüber, dass es die beiden Studien im Jahr 2018 ins NEJM geschafft haben“, kommentiert Prof. Dr. Klaus Rabe, Direktor der LungenClinic Großhansdorf und Präsident der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP), im Gespräch mit Medscape. „Denn weder die Fragestellung noch die Ergebnisse sind neu oder gar überraschend.“ Eine Reihe früherer Untersuchungen sei bereits zu ganz ähnlichen Schlüssen gekommen, so der Mediziner.
„Zwar besagen die bestehenden Leitlinien zur Therapie des milden Asthmas noch immer, dass die fixe Kombination von Formoterol und Budesonid als regelmäßige Behandlungsform eingesetzt werden sollte“, räumt Rabe ein. Aber die Praxis sehe inzwischen doch längst ganz anders aus: „Gerade bei saisonalen Beschwerden zum Beispiel empfehle ich meinen Patienten, das Medikament nur dann zu nehmen, wenn sie es wirklich brauchen“, sagt der Pneumologe, der selbst an Asthma erkrankt ist. „Es macht doch keinen Sinn, Patienten mit zeitweisen oder nur milden Symptomen unter einen Dauerbeschuss mit Kortison zu stellen – das, wie wir alle wissen, viele und unschöne Nebenwirkungen hat.“
Die Anwendung nach Bedarf könnte für viele Asthma-Patienten attraktiv sein
In diesem Punkt gibt ihm der US-amerikanische Lungenexperte recht, Prof. Dr. Stephen Lazarus vom Department of Medicine der University of California in San Francisco (UCSF): Eine Bedarfsmedikation, die Exazerbationen, also schwere Asthmaanfälle mit ausgeprägter Luftnot, ebenso gut verhindere wie eine Langzeittherapie mit inhalierbaren Glukokortikoiden, könnte für viele Patienten und auch für deren Versicherer sehr attraktiv sein, kommentiert Lazarus in einem Editorial im NEJM [3].
Zwar sei diese Form der Behandlung möglicherweise nicht ausreichend für Patienten, die mit Symptomen jedweder Art unglücklich seien oder einen Notfall-Inhalator keinesfalls benutzen wollten, gibt Lazarus zu bedenken. Viele andere Patienten jedoch würden gelegentliche leichte Symptome oder den vereinzelten Gebrauch des Notfall-Inhalators sicherlich gerne in Kauf nehmen, wenn sie dafür auf die tägliche Dosis eines inhalierbaren Glukokortikoids verzichten und dabei trotzdem der Exazerbation und dem Verlust von Lungenfunktionen vorbeugen könnten, betont der UCSF-Mediziner.
Primärer Endpunkt der ersten Studie war die Asthma-Kontrolle
Für die erste Studie namens SYGMA 1 (Symbicort Given as Needed in Mild Asthma 1) hatte ein US-amerikanisches Team um Prof. Dr. Paul O’Byrne vom Firestone Institute for Respiratory Health an der McMaster University in Hamilton 3.849 Patienten mit mildem Asthma rekrutiert, die die Kriterien für eine tägliche Therapie mit einem inhalierbaren Glukokortikoid erfüllten [1]. Sie alle litten entweder unter einer Bedarfstherapie mit einem inhalativen, rasch wirkenden SABA an unkontrolliertem Asthma. Oder aber ihr Asthma war unter einer Langzeittherapie mit einem inhalativen Glukokortikoid oder einem Leukotrien-Rezeptor-Antagonisten plus einem SABA bei Bedarf gut kontrolliert.
Die Probanden wurden randomisiert und verblindet in 3 Gruppen eingeteilt. Die erste Gruppe nahm ein Jahr lang 2x am Tag ein Placebo und bei Bedarf den SABA Terbutalin (Terbutalin-Gruppe). Die 2. Gruppe nahm ebenfalls ein Jahr lang 2x täglich ein Placebo und bei Bedarf die Kombination aus Formoterol und Budesonid (Formoterol-Budesonid-Gruppe). Die 3. Gruppe erhielt ein Jahr lang 2x am Tag Budesonid und bei Bedarf Terbutalin (Langzeit-Budesonid-Gruppe).
Mithilfe elektronischer Messgeräte und Tagebücher wurden die Einnahme der Medikamente, die Symptome, nächtliches Aufwachen und der Peak-Flow gemessen. Primärer Endpunkt war die Asthmakontrolle, ausgedrückt als Anteil der Wochen in Prozent, in denen das Asthma der Patienten gut kontrolliert war.
Die Menge des aufgenommenen Cortisons konnte um 83 Prozent gesenkt werden
Die Ergebnisse von O’Byrne und seinen Kollegen zeigen, dass die Probanden der Formoterol-Budesonid-Gruppe ihr Asthma etwas besser unter Kontrolle hatten als die Teilnehmer der Terbutalin-Gruppe: In der einen Gruppe war das Asthma im Schnitt in 34,4%, in der anderen in 31,1% der Wochen gut kontrolliert. Einen noch besseren Wert (44,4%) erzielten allerdings die Probanden der Langzeit-Budesonid-Gruppe.
Die jährliche Rate schwerer Exazerbationen lag bei 20% unter Terbutalin, bei 7% unter Formoterol-Budesonid und bei 9% mit einer entsprechenden Langzeittherapie, die 78,9% der Probanden aus dieser Gruppe bis zum Schluss durchhielten. Die mittlere Tagesdosis des inhalierbaren Glukokortikoids lag in der Formoterol-Budesonid-Gruppe bei 57 μg und in der Langzeit-Budesonid-Gruppe bei 340 μg. Das entspricht einer Reduktion der aufgenommenen Menge um 83%.
Auch dem Studiendesign von SYGMA 1 steht der deutsche Experte Rabe allerdings eher kritisch gegenüber. „Eine Monotherapie mit Terbutalin bei Bedarf würden wir doch keinem unserer Patienten anbieten“, sagt er. „Insofern verstehe ich nicht so recht, welchen Zweck dieser Arm der Studie erfüllen soll.“ Darüber hinaus sehe er kaum Unterschiede zu dem Design der zweiten im NEJM zu dem Thema publizierten Studie, bemängelt Rabe.
Die Zahl der Exazerbationen blieb bei einer Bedarfstherapie unverändert
Für diese Untersuchung namens SYGMA 2 hatte ein Team um Prof. Dr. Eric Bateman von der Division of Pulmonology am Department of Medicine der University of Cape Town in Südafrika 4.215 Patienten mit mildem Asthma rekrutiert, die ebenso wie die Probanden von SYGMA 1 die Kriterien für eine tägliche Therapie mit einem inhalierbaren Glukokortikoid erfüllten.
Die Teilnehmer erhielten ein Jahr lang entweder 2x täglich ein Placebo und bei Bedarf die Kombination aus Formoterol und Budesonid (Formoterol-Budesonid-Gruppe) oder 2x am Tag Budesonid und bei Bedarf Terbutalin (Langzeit-Budesonid-Gruppe). Im Vergleich zu SYGMA 1 fiel also eigentlich nur der dritte Arm dieser Studie weg.
Allerdings legten die Forscher um Bateman besonderes Augenmerk auf die Häufigkeit schwerer Exazerbationen sowie auf das Ausmaß der Symptome und der damit verbundenen Lebensqualität. Wie sie berichten, war die jährliche Rate an Exazerbationen in beiden Gruppen mit 11% und 12% sehr ähnlich – und das, obwohl die Probanden der Formoterol-Budesonid-Gruppe rund 75% weniger Kortison zu sich nahmen als die Teilnehmer der Langzeit-Budesonid-Gruppe. Auch der Zeitpunkt bis zum Auftreten des ersten schweren Asthmaschubs war in beiden Gruppen in etwa gleich. Im Hinblick auf die Symptome ließen sich mit der der Langzeittherapie hingegen etwas bessere Ergebnisse erzielen.
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Diesen Artikel so zitieren: Mildes Asthma: Tägliche Steroid-Inhalation muss nicht sein, auch die Bedarfstherapie verhindert langfristige Folgen - Medscape - 6. Jun 2018.
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