San Diego – Bei Patienten mit chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung (COPD), die unter einer Dreifachkombination aus lang wirksamem Beta2-Mimetikum, Anticholinergikum und inhalativem Steroid (LABA/LAMA/ICS) nicht exazerbieren, kann das ICS auf einen Schlag abgesetzt werden, ohne eine Destabilisierung zu riskieren. Eine Ausnahme sind vermutlich Patienten mit hoher Eosinophilenzahl im Blut.
Das geht aus den Ergebnissen der randomisierten placebokontrollierten Doppelblindstudie SUNSET (Study to Understand the Safety and Efficacy of ICS Withdrawal from Triple Therapy in COPD) hervor, die Prof. Dr. Kenneth R. Chapman, Direktor des Asthma- und Atemwegszentrums der Universität Toronto, beim Kongress der American Thoracic Society erstmals präsentiert hat [1,2].
Triple sollte Hochrisikopatienten vorbehalten bleiben
„Bei COPD wird eine Tripletherapie zwar nur für Hochrisikopatienten empfohlen, die trotz Behandlung mit LABA/LAMA weiter exazerbieren. Trotzdem bekommen auch viele Nicht-Exazerbierer eine Dreifachkombination – vielleicht weil die Kollegen zögern, das ICS wieder abzusetzen“, erklärte Chapman. Tatsächlich war die Evidenz bislang spärlich, bei wem und in welcher Weise der ICS-Entzug stattfinden sollte.
Die beste Studie dazu, WISDOM (Withdrawal of Inhaled Steroids during Optimized Bronchodilator Management), hat einige Haken, die die Übertragbarkeit auf Alltagsbedingungen limitieren. Es beginnt bei der Tatsache, dass vor Einschluss nur etwa 40% der Patienten mit einem LABA/LAMA/ICS-Triple behandelt waren. Die übrigen wurden erst für 2 Wochen auf Triple eskaliert und anschließend wieder deeskaliert. Die Deeskalation erfolgt schrittweise, was sich in der Praxis schwer umsetzen lassen dürfte.
Anders SUNSET: Hier wurden nur Patienten mit moderater bis schwerer COPD eingeschlossen, die zuvor mindestens ein halbes Jahr stabil auf Tripletherapie eingestellt waren. Sie durften im Vorjahr nicht mehr als eine moderate (nicht hospitalisierungspflichtige) Exazerbation erlitten haben. Patienten mit Asthmaanamnese waren von der Studie ausgeschlossen.
Die Studie begann mit einer 4-wöchigen Run-in-Phase, in der alle Patienten dasselbe Triple aus Salmeterol/Fluticason plus Tiotropium erhielten (die fixe Dreifachkombinationen waren zu diesem Zeitpunkt noch nicht auf dem Markt). Anschließend wurden 527 Patienten direkt auf die LABA/LAMA-Fixkombination Indacaterol/Glycopyrronium umgestellt, die übrigen 526 Patienten führten die Tripletherapie fort. Die Studie lief über 26 Wochen.
Lungenfunktion fiel nach ICS-Absetzen leicht ab
Als primären Endpunkt hatten die Autoren die Entwicklung der Lungenfunktion gewählt, gemessen an der FEV1 zum Ende des Dosisintervalls. Diese fiel nach Absetzen des ICS innerhalb des ersten Monats etwas ab, anschließend stabilisierte sich der Abstand zwischen den beiden Gruppen und pendelte sich bei durchschnittlich 26 ml ein. Das ist nicht viel und beim einzelnen Patienten kaum zuverlässig zu dokumentieren, befand Chapman, doch die Nicht-Unterlegenheitslatte wurde gerissen.
Bereits bei diesem Parameter ergab die Detailanalyse, dass es wohl auf die Eosinophilenzahl im Blut ankommt: Der Lungenfunktionsabfall machte sich nur bei denen bemerkbar, bei denen die Zellzahl 300/µl überschritt.
Kein Unterschied bei den Exazerbationen, wenn die Eosinophilen niedrig sind
Bei der Exazerbationsrate als sekundärem Endpunkt ergab sich ein ähnliches Bild. Insgesamt gab es keinerlei Unterschied zwischen denen, die das ICS abgesetzt bzw. es weitergenommen hatten. Das gilt sowohl für alle als auch für moderate bis schwere Exazerbationen und für die Zeit bis zur ersten Exazerbation. Aber auch hier zeigte sich eine Korrelation mit den Eosinophilen: Patienten mit einer Zellzahl über 300/µl exazerbierten knapp doppelt so häufig, nachdem sie das ICS abgesetzt hatten.
Diese Ergebnisse stehen im Einklang mit den Ergebnissen früherer Studien, auch von WISDOM: Hier hatte das Absetzen des ICS zwar bei der Gesamtpopulation nicht zu einem Anstieg der Exazerbationsrate geführt, aber in der Subgruppe mit hoher Eosinophilenzahl. Auch in WISDOM war die FEV1 nach Absetzen des ICS leicht gesunken (minus 43 ml). Worauf dieser geringfügige Abfall der Lungenfunktion beruht, ist derzeit unklar.
Nationale und internationale Leitlinien empfehlen übereinstimmend, Patienten der GOLD-Gruppe D (viele Symptome, hohes Exazerbationsrisiko) ein ICS zu geben, wenn sie trotz Behandlung mit LABA/LAMA weiter exazerbieren. Wenn die Exazerbationen unter ICS-Zugabe nicht sistieren, soll das Steroid wieder abgesetzt werden. Die Leitlinien schweigen sich jedoch aus, was mit Patienten geschehen soll, die unter Tripletherapie längere Zeit stabil sind und selten bis nie exazerbieren. Das könnte sich nach SUNSET ändern.
Medscape Nachrichten © 2018 WebMD, LLC
Diesen Artikel so zitieren: Stabile COPD-Patienten ohne erhöhte Eosinophile brauchen laut SUNSET kein Steroid mehr: Das Ende der Tripletherapie? - Medscape - 4. Jun 2018.
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