Erfurt – Neben den großen Themen, setzten sich die Delegierten des 121. Deutschen Ärztetages auch mit vermeintlich „kleineren“ Themen wie dem Werbeverbot für Abtreibungen, der Anerkennung von Abschlüsse ausländischer Ärzte und der Einschränkung des Behandlungsspektrums von Heilpraktikern auseinander [1].
Werbeverbot für Abtreibungen weniger strikt gestalten
So sprachen sie sich dafür aus, den in den letzen Wochen heftig diskutierten Paragrafen 219a StGB nicht zu streichen, sondern maßvoll zu ändern (Entschließungsantrag Ic-108). Der Gesetzestext verbietet bisher, für Abtreibungen zu werben. Der Ärztetag forderte den Gesetzgeber auf, „den § 219 dahingehend zu ändern, dass ein Arzt nicht bestraft wird, wenn er in der Außendarstellung sachlich darüber informiert, dass er Schwangerschaftsabbrüche nach § 218a StGB durchführt“ (Entschließungsantrag Ic-110).
Denn eben diese sachliche Aufklärung sei besonders wichtig, so die Delegierten. Außerdem sollen die bereits entwickelten Strukturen an Hilfsangeboten für Schwangere weiter gefördert und gegebenenfalls ausgebaut werden.
Auslöser der Debatte war – wie berichtet – ein Urteil des Amtsgerichtes Gießen gegen die Allgemeinmedizinerin Kristina Hänel. Die Richter hatten die Ärztin zu einer Geldstrafe von 6.000 Euro verurteilt, weil sie auf ihrer Homepage über Schwangerschaftsabbrüche informiert hatte.
Wie ein deutsches Examen

Prof. Dr. Frank Ulrich Montgomery
Lang und engagiert diskutierten die Delegierten die Frage, welche Abschlüsse ausländische Ärzte mit so genannten „Drittstaaten-Abschlüssen“ in Deutschland vorlegen müssen, um hier als Ärzte approbiert zu werden. Bisher werde meistens nach Aktenlage entschieden, sagte der Präsident der Bundesärztekammer, Prof. Dr. Frank Ulrich Montgomery. Über die tatsächliche Qualifikation der Bewerber allerdings beschlichen ihn zum Teil Zweifel, sagte er.
Die Delegierten entschieden sich nun für eine Prüfung analog zum 3. Staatsexamen, die von den Bewerbern abgelegt werden muss. Die entsprechende Kenntnisprüfung zur Erteilung der Approbation müsse „umfassendes und für den medizinischen Alltag relevantes medizinisches Wissen abprüfen und unter Aspekten der Patientensicherheit konzipiert sein“, teilt die BÄK mit.
In dem Entschließungsantrag, der an den Vorstand zurück überwiesen wurde, heißt es: „Der 121. Deutsche Ärztetag 2018 fordert den Gesetzgeber auf, vor Approbationserteilung von Ärztinnen und Ärzten aus Drittstaaten folgendes zu prüfen: 1. Prüfung der vorgelegten ausländischen Zertifikate auf Echtheit und Gleichwertigkeit durch eine Bundesbehörde, um eine einheitliche Bewertung zu gewährleisten, 2. Fachsprachenprüfung auf Level C1, 3. Wissensprüfung auf der Basis eines deutschen Examens.“
Außerdem wünschten sich die Delegierten mehr Tempo: „Der Ärztetag forderte die Bundesländer auf, dafür Sorge zu tragen, dass ausländische Ärzte für eine Kenntnisprüfung einen Termin innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Frist von 6 Monaten erhalten“, hieß es.
Heilpraktiker einschränken
Zudem forderten die Delegierten die Bundesregierung auf, um die Patientensicherheit zu gewährleisten, „das zulässige Behandlungsspektrum von Heilpraktikern auf den Prüfstand zu stellen“, Antrag Ic-85. So sollen Heilpraktiker in Zukunft keine chirurgischen Eingriffe mehr vornehmen dürfen sowie keine Injektionen und keine Infusionen, so die Delegierten. Das Schädigungspotenzial für die Patienten sei zu hoch, hieß es.
Die Behandlung von Krebspatienten soll Heilpraktikern ganz verboten werden. Der Grund: Eine wirksame Therapie könnte durch Behandlungen durch Heilpraktiker verzögert werden. „Die moderne, evidenzbasierte Medizin stellt – anders als dies vor Jahrzehnten bei Erlass des Heilpraktikergesetzes der Fall war – für viele Krebserkrankungen wirksame Behandlungsmöglichkeiten bereit“, argumentierten die Delegierten in ihrer Begründung zum Antrag.
Die Bundesregierung hatte in ihrem Koalitionsvertrag angekündigt, das Behandlungsspektrum der Heilpraktiker zu überprüfen.
Interessenwahrnehmungen offenlegen
Im vergangenen Jahr hatten die Delegierten des Ärztetages in Freiburg den Vorstand der Bundesärztekammer damit beauftragt, in Erfurt einen Vorstandsantrag zur freiwilligen „Offenlegungen von Interessenwahrnehmungen“ einzubringen. Dies ist nun geschehen (Antrag Ib-01).
„Es werden neben Namen, (Landes-)Ärztekammer, Tätigkeitsbereich, dem Fachgebiet, Funktionen in der Landesärztekammer und Bundesärztekammer sowie Angaben über Mitgliedschaften in Organisationen offengelegt, die unmittelbar im Zusammenhang mit dem Amt einer/eines Abgeordneten bzw. eines Vorstandsmitglieds und/oder ihrer/seiner ärztlichen Tätigkeit stehen“, so der Beschlusstext.
Der Ärztetag lehnt es aber ab, seinen Vorstand zur Transparenz zu verpflichten, die Angaben bleiben also freiwillig. Auch Unternehmensbeteiligungen sollen nur dann angegeben werden, „wenn eine formale Funktion oder eine beherrschende wirtschaftliche Stellung in einem Unternehmen im Gesundheitswesen besteht“, so der Antrag.
Inzwischen hat der BÄK-Vorstand seine zusätzlichen Funktionen veröffentlicht. Auf den BÄK-Internetseiten ist z.B. nachzulesen, dass Montgomery auch im Aufsichtsrat der apoBank sitzt.
Applaus für die Pflege genügt nicht
Mit Standing Ovations unterstützten die rund 250 Delegierten des Erfurter Ärztetages ihre „wichtigsten Partner im Gesundheitswesen“, wie BÄK-Präsident Montgomery sagte: die Pflegenden. Auf Initiative der Altenpflegerin Sandra Mantz sammelt die Initiative „one minute care“ Applaus-Minuten für die Pflege. Ziel der videodokumentierten Sammlung ist ein Gesamtapplaus von 24 Stunden.
Der Ärztetag in Erfurt machte den Anfang. Eine Minute lang applaudierten die Delegierten nach einer Filmsequenz, in der Pflegende über ihre Arbeit sprechen. Zugleich forderte der Ärztetag „zielführende zeitnahe Entscheidungen“, um mehr Stellen für Alten- und Krankenpflege zu schaffen (Antrag Ia-05).
Die von der Bundesregierung angepeilten 8.000 neuen Stellen für die Kranken- und Altenpflege greifen zu kurz. „Der tatsächliche Bedarf an Pflegekräften ist deutlich größer“, heißt es in dem Antrag. Rund 35.000 Stellen im Land seien unbesetzt und der Markt für Pflegende sei leergefegt. Die 250 Delegierten forderten höhere Gehälter für die Pflege, Programme zum Wiedereinstieg von ausgebildeten Fachleuten, mehr Ausbildungsplätze und flexible Arbeitszeiten.
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Diesen Artikel so zitieren: Werbeverbot für Abtreibungen, ausländische Ärzte, Befugnisse von Heilpraktikern – die „kleineren“ Themen des Ärztetages - Medscape - 29. Mai 2018.
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