Aldosteron-Antagonisten für alle? Auch beim STEMI ohne Herzinsuffizienz verringern sie möglicherweise die Mortalität

Michael van den Heuvel

Interessenkonflikte

28. Mai 2018

Auch Patienten mit ST-Hebungsinfarkt (STEMI) ohne Herzinsuffizienz oder mit einer linksventrikulären Auswurffraktion (LVEF) von mehr als 40% profitieren von der Therapie mit einem Aldosteron-Antagonisten. Zumindest war diese Medikation in einer aktuellen Metaanalyse mit einer um 38% verringerten Mortalität assoziiert. Das berichtet Dr. Khagendra Dahal, Abteilung für Medizin, Louisiana State University Health Sciences Center, Shreveport (USA), in einer Übersichtsarbeit [1].

„Obwohl die Ergebnisse der Meta-Analyse ermutigend und plausibel sind, sollte bei der Anwendung von Aldosteron-Antagonisten auf alle Patienten mit STEMI in der klinischen Praxis vorsichtig vorgegangen werden“, warnt Prof. Dr. Bertram Pitt, der mit der EPHESUS-Studie die Therapie mit Aldosteron-Antagonisten bei Herzinsuffizienz quasi salonfähig gemacht hat [2]. Er arbeitet in der Abteilung Innere Medizin/Kardiologie, University of Michigan School of Medicine, in Ann Arbor, USA.

 
Obwohl die Ergebnisse der Meta-Analyse ermutigend und plausibel sind, sollte bei der Anwendung von Aldosteron-Antagonisten auf alle Patienten mit STEMI in der klinischen Praxis vorsichtig vorgegangen werden. Prof. Dr. Bertram Pitt
 

Pitts Einwand: In 6 der eingeschlossenen Studien sei es insgesamt zu weniger als 10 Todesfällen gekommen und keine der Einzelstudien habe per se niedrigere Mortalitäten gezeigt. „Eine zusätzliche Bestätigung in einer adäquaten prospektiven randomisierten Studie ist erforderlich“, ergänzt er im begleitenden Editorial. Hier verweist er auf die aktuell laufende Studie Colchicine and Spironolactone in Patients With STEMI/SYNERGY Stent Registry (CLEAR-SYNERGY; NCT03048825), die Wirksamkeit und Sicherheit von Colchicin plus Spironolacton versus Placebo mit oder ohne bioresorbierbaren, Everolimus-freisetzenden Stents untersucht.

„Wenn wir die klinische Praxis bei Patienten mit STEMI, aber ohne Herzinsuffizienz oder schwerer linksventrikulärer Dysfunktion ändern wollen, brauchen wir eine Strategie, die nicht nur sicher und effektiv, sondern auch breit anwendbar, gut verträglich und kostengünstig ist“, so das Fazit von Pitt. Der Bedarf an Pharmakotherapien bei dieser speziellen Patientengruppe sei in jedem Falle hoch.

Daten von mehr als 4.000 Patienten ausgewertet

Dazu ein Blick auf die leitliniengerechte Versorgung: Patienten mit STEMI sollten primär eine perkutane Koronarinterventionen (PCI) oder eine Thrombolyse erhalten. Trotz erfolgreicher Revaskularisierung erhöhen sich Morbidität und Mortalität in den folgenden 5 Jahren um bis zu 23%. Dahal erklärt dies unter anderem mit hohen Aldosteron-Spiegeln. Das Mineralokortikoid-Hormon wird mit Gewebe-Fibrosen in Verbindung gebracht. Hohe Spiegel korrelieren mit schlechteren klinischen Ergebnissen einschließlich einer erhöhten Mortalität.

Basierend auf den Ergebnissen der EPHESUS-Studie (Serum Potassium and Clinical Outcomes in the Eplerenone Post-Acute Myocardial Infarction Heart Failure Efficacy and Survival Study) empfehlen Kardiologen deshalb Aldosteron-Antagonisten (AA) bei Patienten mit akutem Myokardinfarkt mit einer Ejektionsfraktion unter 40% und mit klinischer Herzinsuffizienz oder Diabetes mellitus.

Bis jetzt wurde nicht abschließend geklärt, welchen Nutzen die Substanzen bei STEMI mit einer LVEF von mehr als 40% haben. Bei den Literaturrecherchen fand Dahal 10 randomisierte klinische Studien mit insgesamt 4.147 Patienten, die diese Vorgaben erfüllten.

Verglichen mit Kontrollen war die Gabe von Aldosteron-Antagonisten auch hier mit einem niedrigeren Mortalitätsrisiko assoziiert (2,4% vs 3,9%). Für Myokardinfarkt (1,6% vs 1,5%), neu auftretende kongestive Herzinsuffizienz (4,3% vs 5,4%) und ventrikulärer Arrhythmie (4,1% vs 5,1%) waren die Risiken beider Gruppen ähnlich.

Außerdem besserte sich durch die Aldosteron-Antagonisten die LVEF geringfügig, aber signifikant (mittlere Differenz 1,58%) und die Serum-Kaliumspiegel waren leicht erhöht (mittlere Differenz, 0,07 mEq/l). Keine Veränderung fand sich bei den Serum-Kreatinin-Konzentrationen.

„Das Hauptergebnis unserer Metaanalyse war das geringere Mortalitätsrisiko unter AA im Vergleich zur Kontrollgruppe für Patienten mit STEMI, aber ohne Herzinsuffizienz oder ohne eine LVEF von weniger als 40%“, fasst der Erstautor zusammen. Die kardialen Risiken seien sowohl für die AA-Gruppe als auch für die Kontrollgruppe ähnlich gewesen.

Auch müsse man sich keine allzu großen Sorgen um Hyperkaliämien unter AA-Therapie machen, so der Erstautor. „Obwohl die Meta-Analyse darauf hinweist, dass Aldosteron-Antagonisten möglicherweise Serum-Kaliumspiegel erhöhen können, sind die Folgen eines derart geringen Anstiegs unklar“, argumentiert er. Dennoch empfiehlt er, die Kaliumspiegel von Patienten, die eine Behandlung mit AA beginnen, engmaschig zu überwachen.

Verbessern AA die ventrikuläre Remodellierung?

Auch biochemisch seien alle Ergebnisse plausibel erklärbar, so Pitt. Bei Patienten mit akutem Myokardinfarkt, aber ohne Herzinsuffizienz komme es manchmal zu erhöhten Aldosteron-Spiegeln. Das treffe auf Patienten mit koronarer Herzkrankheit, die sich einer perkutanen Koronarangioplastie unterziehen, ebenfalls zu.

„Die Verwendung von Aldosteron-Antagonisten führt vielleicht zu einer Verringerung der Makrophagen-Akkumulation und -Aktivierung“, schreibt er und argumentiert weiter: Die AA könnten die Konzentration inflammatorischer Zytokine verringern. Sie könnten zudem zu einer Abnahme reaktiver Sauerstoffspezies (ROS) führen und myokardiale, vaskuläre sowie renale Fibrosen mindern. Auch könnte sich die vaskuläre Stickstoffoxid-Verfügbarkeit unter AA-Therapie erhöhen. Als weitere denkbare Effekte nennt er eine Abnahme der Steifheit von Blutgefäßen, weniger mikrovaskuläre Schäden sowie eine erhöhte myokardiale Noradrenalin-Aufnahme.

„All diese Veränderungen können die ventrikuläre Remodellierung verbessern, Arrhythmien und Vorhofflimmern verringern und so das Risiko für plötzlichen Herztod und Herzversagen reduzieren“, spekuliert Pitt.

 

Kommentar

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