Boston – Katheterablationen werden immer häufiger als Therapie beim Vorhofflimmern eingesetzt. Doch was bringt die invasive Behandlung tatsächlich hinsichtlich der Prognose? Im Vergleich zur medikamentösen Therapie des Vorhofflimmerns anscheinend nicht so viel.
Zumindest unterschieden sich in der ersten randomisierten Studie mit mehr als 2.000 Teilnehmern, die dies untersucht hat, interventioneller und konservativer Therapieansatz hinsichtlich des kombinierten primären Endpunktes aus Tod, Schlaganfall mit bleibender Behinderung, schweren Blutungskomplikationen und Herzstillstand nach 5 Jahren nicht signifikant voneinander.
Dies galt allerdings nur für die Intention-to-treat-Analyse. , in der in der ablatierten Gruppe 8% der Patienten und in der medikamentös behandelten Gruppe 9,2% der Patienten den primären Endpunkt erreichten. Die Gesamtmortalitätsrate betrug 5,2% (Ablation) versus 6,1% (Medikamente).
In der On-treatment-Analyse reduzierte die Katheterablation den primären Endpunkt signifikant um 33% und die Gesamtmortalität – ebenfalls signifikant – um 40%, wie Prof. Dr. Douglas L. Packer, Mayo Clinic, Rochester, USA, Seniorautor der Catheter ABlation vs ANtiarrhythmic Drug Therapy in Atrial Fibrillation (CABANA)-Studie, bei den Heart Rhythm Society (HRS) 2018 Scientific Sessions in Boston berichtet hat [1].
In der Gruppe mit Katheterablation erreichten in der On-treatment-Analyse 7,0% der Patienten den primären Endpunkt, bei den medikamentös behandelten Patienten waren es 10,9%. Die Gesamtmortalitätsrate betrug 4,4% (Ablation) vs. 7,5% (Medikamente).
Vollständige Publikation bleibt abzuwarten

Prof. Dr. Gerhard Hindricks
„Wir müssen die vollständige Publikation der Studiendaten abwarten“, betont Prof. Dr. Gerhard Hindricks, Ärztlicher Direktor und Leitender Arzt der Abteilung für Rhythmologie des Herzzentrums Leipzig, im Gespräch mit Medscape. Unter diesem Vorbehalt resümiert er: „In der Intention-to-treat-Analyse ist CABANA, was den primären Endpunkt anbelangt, eine neutrale Studie. Vergleicht man aber die Patienten, die tatsächlich ablatiert wurden, mit denen, die keine Katheterablation erhalten haben, ergibt sich eine Reihe intensiver Vorteile zugunsten der Ablation.“
Packer und seine Koautoren randomisierten insgesamt 2.204 Patienten mit paroxysmalem, persistierendem oder langjährig persistierendem Vorhofflimmern auf eine interventionelle Therapie mit Katheterablation oder eine medikamentöse Therapie mit Antiarrhythmika. Bei der Katheterablation kamen Standardtechniken zum Einsatz, eine Pulmonalvenen-Isolation/Wide Area Circumferential Ablation (WACA), und bei Bedarf ergänzende Ablationen. Für die medikamentöse Therapie waren Frequenz- und Rhythmuskontrolle möglich. Alle Patienten erhielten eine Antikoagulation und wurden 5 Jahre nachbeobachtet.
In der Intention-to-treat-Analyse erreichten 8% der Patienten in der Ablationsgruppe und 9,2% der Patienten in der medikamentös behandelten Gruppe den primären Endpunkt. Der Unterschied war statistisch nicht signifikant.
In der On-treatment-Analyse waren es dagegen 7% der Patienten in der Ablationsgruppe und 10,9% der Patienten in der medikamentös behandelten Gruppe, die den primären Endpunkt erreichten.
Hohe Crossover-Zahlen
„Es ist wichtig, sich auch diese zweite Betrachtungsebene anzuschauen“, kommentiert Hindricks die Ergebnisse der On-treatment-Analyse. Doch auch hier müssten die vollständigen Daten abgewartet werden, denn „es gab in beiden Studienarmen eine relativ große Crossover-Zahl, im Ablationsarm wurden etwa 100 Patienten nicht ablatiert und im Antiarrhythmika-Arm wurden etwa 300 Patienten doch noch ablatiert“.
„Wir müssen abwarten, welche Patienten in den anderen Studienarm gewechselt sind. Die Wahrscheinlichkeit eines Selection Bias ist hier relativ groß“, betont Hindricks. Es sei durchaus möglich, dass sich noch Ungleichgewichte in den Patientencharakteristika ergeben, die heute noch nicht bekannt seien.
Stärkung der invasiven Therapiestrategie
„Trotzdem stärken die Ergebnisse der Studie die Katherablation nachhaltig als Therapiestrategie“, meint er und bezieht sich damit nicht nur auf die On-treatment-Analyse, sondern auch auf die sekundären Endpunkte der Studie.
Sowohl hinsichtlich Tod und kardiovaskulärer Hospitalisierung (51,7% vs 58,1%) als auch der Zeit bis zum ersten Vorhofflimmern-Rezidiv (HR: 0,53) schnitt die Katherablation signifikant besser ab als die Therapie mit Antiarrhythmika.
„Im Hinblick auf die Rezidivraten hat sich die Katherablation - auch in der Intention-to-treat-Analyse – als hochsignifikant wirksamer erwiesen als die Therapie mit Antiarrhythmika. Der Unterschied liegt absolut bei etwa 20% und stellt einen wesentlichen Behandlungsvorteil dar“, betont Hindricks. „Es gibt kaum eine Interventionsstudie mit dem Ziel rhythmus-stabilisierende Therapie, für die ähnliche Effekte beschrieben worden sind.“
Subgruppenanalysen: Welche Patienten profitieren?
Beim Kongress in Boston stellte Packer zudem erste Ergebnisse aus Subgruppen-Analysen vor, die Hinweise darauf geben, dass einige Patienten mit Vorhofflimmern mehr von einer Katheterablation profitieren als andere. Während z.B. Patienten unter 65 Jahren einen Nutzen aus der interventionellen Therapie zogen, war dies bei Patienten über 75 Jahren kaum der Fall. Außerdem ist offenbar der Benefit für Patienten mit Herzinsuffizienz besonders hoch.
„Kann man sagen, dass jeder Patient mit Vorhofflimmern ablatiert werden sollte? Das ist einfach nicht der Fall“, sagte Packer. Doch die Studie habe „eine Gruppe von Patienten identifiziert, die mit hoher Wahrscheinlichkeit von der Intervention profitiert“.
Überraschend wenige Komplikationen
CABANA hat darüber hinaus noch eine weitere positive Botschaft: Komplikationen waren sowohl im Ablationsarm als auch im Antiarrhythmika-Arm selten. „Die Häufigkeit schwerwiegender und schwerster Komplikationen war im niedrigen einstelligen Prozentbereich überraschend gering“, so Hindricks. Fast verschwindend gering sei die Schlaganfallrate mit 0,3% in der Ablationsgruppe und 0,6% in der Antiarrhythmika-Gruppe. Und auch die Perforations- und Tamponaden-Raten seien deutlich geringer als erwartet.
Nachdem erst im April ein Frontal21-Bericht im ZDF Zweifel an der Sicherheit der Katherablation bei Vorhofflimmern aufkommen ließ – dort war von Komplikationen bei jedem 13. Patienten die Rede – „zeigt diese große, multizentrische und sehr gut überwachte Studie, dass die Nutzen-Risiko-Relation für die Katheterablation als günstig bewertet werden muss“, so Hindricks.
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Diesen Artikel so zitieren: Vorhofflimmern: Ist die Ablation prognostisch nicht besser als Antiarrhythmika? CABANA lässt Spielraum für Interpretation - Medscape - 24. Mai 2018.
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