Eine Behandlung des Typ-2-Diabetes mit SGLT2-Hemmern und GLP-1-Agonisten ist mit einer Senkung der Gesamt- und kardiovaskulären Sterblichkeit assoziiert, während DPP-4-Inhibitoren diese nicht vermindern. Dies bestätigt eine umfangreiche Übersichtsarbeit und Metaanalyse von insgesamt 236 Publikationen [1].

Prof. Dr. Wilhelm Krone
„Die Senkung der Sterblichkeit durch SGLT2-Hemmer, aber auch durch GLP-1-Agonisten ist beeindruckend. Bei der Entscheidung für ein Antidiabetikum spielt heute nicht mehr nur die Wirkung auf den Blutzuckerspiegel und das Nebenwirkungsprofil eine Rolle, sondern auch ein potenzieller Überlebensvorteil“, urteilt Prof. Dr. Wilhelm Krone von der Poliklinik für Endokrinologie, Diabetologie und Präventivmedizin am Universitätsklinikum Köln, im Gespräch mit Medscape.
SGLT2-Hemmer senken Sterberisiko um 20 Prozent, DPP-4-Inhibitoren ohne Einfluss
Die in JAMA publizierte Metaanalyse umfasst die Daten von insgesamt 176.310 randomisierten Patienten mit Typ-2-Diabetes. In den eingeschlossenen Studien wurden SGLT2-Hemmer, GLP-1-Agonisten und DDP-4-Inhibitoren jeweils mit einer unwirksamen Kontrolle – Placebo oder keine Therapie – verglichen.
Im Vergleich zur Kontrolle reduzierten SGLT2-Hemmer das Sterberisiko dabei insgesamt um 20%, GLP-1-Agonisten immerhin noch um 12%. Auch bei der kardiovaskulären Mortalität erreichten SGLT2-Hemmer mit einer Risikoreduktion um 21% den Spitzenplatz. Doch auch GLP-1-Agonisten schnitten nicht schlecht ab: Sie reduzierten das Risiko, an einer kardiovaskulären Erkrankung zu sterben, um 15%.
„SGLT2-Hemmer waren außerdem im Hinblick auf Komplikationen wie Herzinsuffizienz und Herzinfarkte mit einem zusätzlichen kardiovaskulären Nutzen assoziiert“, berichten die Autoren der Metaanalyse um Sean L. Zheng von der Abteilung für Endokrinologie am Imperial College Healthcare NHS Foundation Trust in London, Großbritannien.
Dagegen schnitten die DPP-4-Inhibitoren im „Ranking“ der Antidiabetika weniger gut ab: Sie hatten nach diesen Daten keinen Einfluss auf die Gesamt- und kardiovaskuläre Sterblichkeit. Allerdings erwiesen sie sich als recht gut verträglich.
GLP-1-Agonisten waren dagegen – im Vergleich zu DPP-4-Inhibitoren und SGLT2-Hemmern – mit einer deutlich höheren Rate an Nebenwirkungen assoziiert, die zum Absetzen des Medikamentes führten. Alle 3 Antidiabetika-Klassen waren mit einem erhöhten Hypoglykämierisiko verbunden.
Konsistent mit großen Endpunkt-Studien
Die Publikation unterstützt die Ergebnisse der EMPA-REG OUTCOME-Studie mit dem SGLT2-Hemmer Empagliflozin aus dem Jahr 2015 und der LEADER-Studie mit dem GLP-1-Agonisten Liraglutid aus dem Jahr 2016. „Bei einem Vergleich dieser beiden Studien fällt auf, dass die Wirkung von Empagliflozin auf die Studienendpunkte deutlich früher einsetzt als die von Liraglutid“, erklärt Krone. „Es wird deshalb spekuliert, dass der SGLT2-Hemmer vor allem über bereits früh einsetzende hämodynamische Mechanismen das kardiovaskuläre Risiko senkt, während der GLP-1-Agonist eher die Progression der atherosklerotischen vaskulären Erkrankungen beeinflusst.“
Die 3 wichtigen Endpunktstudien SAVOR-TIMI 53, EXAMINE und TECOS, die die Wirkung von DPP-4-Inhibitoren auf kardiovaskuläre Ereignisse bei Typ-2-Diabetikern mit hohem kardiovaskulärem Risiko untersuchten, fanden dagegen ebenfalls keinen Einfluss dieser Substanzen auf die Gesamt- und kardiovaskuläre Sterblichkeit.
SGLT2-Hemmern den Vorzug geben
Die Autoren um Zheng schlussfolgern aus den Ergebnissen ihrer Metaanalyse: „Basierend auf ihrer Assoziation mit einer geringeren Sterblichkeit und ihrem günstigen Nebenwirkungsprofil sollte SGLT2-Hemmern möglicherweise gegenüber Inkretin-basierten Medikamenten der Vorzug gegeben werden.“
Für Krone hat jede Substanzgruppe „ihre Vor- und Nachteile“ und es bedürfe wie so oft „der ärztlichen Kunst, um für jeden einzelnen Patienten die beste Therapieoption zu finden“.
Für DDP-4-Inhibitoren spreche, dass die orale Therapie einfach und sicher sei, allerdings – wie dargestellt – das kardiovaskuläre Risiko nicht senke, so der Kölner Diabetologe. In einer erst kürzlich im British Medical Journal veröffentlichten Beobachtungsstudie ergaben sich Hinweise auf ein leicht erhöhtes Risiko für chronisch-entzündliche Darmerkrankungen.
GLP-1-Agonisten: Teure Injektionen, aber Risikoreduktion
Alternativ könne – wenn Metformin zur HbA1c-Senkung nicht mehr ausreiche – ein GLP-1-Agonist eingesetzt werden. „Diese Therapie ist teuer, und der Patient muss das Medikament subkutan spritzen. Nebenwirkungen, die zum Absetzen führen, sind häufiger als bei anderen oralen Antidiabetika“, zählt Krone auf. Aber Vorteile der Therapie seien eine deutliche Gewichtsreduktion und eine Senkung des kardiovaskulären Risikos, wie in der Metaanalyse dargestellt.
Schließlich kann ein SGLT2-Inhibitor verschrieben werden. Dabei sei zu beachten, dass vermehrt genitale Infektionen auftreten können, merkt Krone an. Als mögliche seltene schwere Nebenwirkung dieser Therapie sind außerdem euglykämische diabetische Ketoazidosen beschrieben worden. Und in einigen Studien mit SGLT2-Inhibitoren war die Amputationsrate erhöht. „Dafür kommt es zu einer frühen und deutlichen Senkung des kardiovaskulären Risikos“, betont der Diabetologe.
„Letztendlich wird es bei der Diabetestherapie wie bei der medikamentösen Behandlung des Hypertonus auf eine Mehrfachkombination hinauslaufen“, prognostiziert Krone. Dafür lägen zwar noch nicht ausreichend Studienergebnisse vor, aber „wenn sich der Arzt heute für eine Mehrfachkombination entscheidet, sollte mindestens ein Antidiabetikum dabei sein, das das kardiovaskuläre Risiko nachweislich senkt.“
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Diesen Artikel so zitieren: Metaanalyse: Welches Antidiabetikum senkt Sterblichkeit am besten? SGLT2-Hemmer Spitze, DPP-4-Inhibitoren abgeschlagen - Medscape - 7. Mai 2018.
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