Metastasierter Lungenkrebs: Kombi von Immuntherapie und Chemo verzögert die Progression und verlängert deutlich das Überleben

Dr. Susanne Heinzl

Interessenkonflikte

3. Mai 2018

Chicago – Der PD1-Inhibitor Pembrolizumab verlängert – zusammen mit Standard-Chemotherapie gegeben – in der Erstlinien-Behandlung von Patienten mit metastasiertem nichtkleinzelligem Lungenkarzinom (NSCLC) signifikant die Überlebenszeit und die Zeit ohne Progression. Dies ergab die Phase-3-Studie KEYNOTE 189, an der NSCLC-Patienten ohne Mutation für eine zielgerichtete Therapie, also ohne EGFR- oder ALK-Mutationen und ohne Plattenepithel-Histologie, teilgenommen haben. Verglichen wurde in der Studie dieser neue Ansatz der Kombination mit einem Immun-Checkpoint-Inhibitor gegen die alleinige Chemotherapie.

Prof. Dr. Leena Gandhi

Die Daten hat Prof.Dr. Leena Gandhi, New York University Langone Health, New York, jetzt bei der Jahrestagung der American Association for Cancer Research (AACR) in Chicago vorgestellt [1]. Sie sind parallel im New England Journal of Medicine publiziert worden [2]. „Pembrolizumab plus Pemetrexed und Platin könnte ein neuer Therapiestandard für die Erstlinientherapie von Patienten mit metastasiertem Nicht-Plattenepithel-NSCLC sein, unabhängig von der PD-L1-Expression“, so das Fazit der Onkologin.

Prof. Dr. Roy S. Herbst

„Wir haben eine neue Ära in der Behandlung des Lungenkrebses. Es ist unglaublich, was sich in den letzten 20 Jahren getan hat“, zeigte sich Prof. Dr. Roy S. Herbst, Yale Cancer Center, New Haven, als Diskutant der KEYNOTE-189-Studie in Chicago begeistert. Die in der Studie erzielten Effekte seien mit einer Hazard Ratio von 0,49 beim Gesamtüberleben und von 0,52 beim progressionsfreien Überleben sehr überzeugend.

 
Pembrolizumab plus Pemetrexed und Platin könnte ein neuer Therapiestandard für die Erstlinientherapie von Patienten mit metastasiertem Nicht-Plattenepithel-NSCLC sein, unabhängig von der PD-L1-Expression. Prof. Dr. Leena Gandhi
 

Die Frage, ob die Kombination aus Pembrolizumab, Pemetrexed und Platin der neue Standard für unbehandelte NSCLC ohne Plattenepithel-Histologie ist, beantwortete Herbst mit einem absoluten „Ja“. Denn dies sei eine randomisierte Phase-3-Studie, die in allen primären Endpunkten positiv sei. „Der Überlebensvorteil war in allen Subgruppen zu sehen und die Behandlung wurde gut vertragen mit nur leicht vermehrt auftretenden unerwünschten Wirkungen“, so der Onkologe zur Begründung.

Herbst ist auch der Meinung, dass PD-L1 als Biomarker nach wie vor zur Patientenselektion eingesetzt werden sollte, weil das Ansprechen und die Wirkung hinsichtlich Überleben und Progression eine Abhängigkeit vom PD-L1-Status zeigte.Aber: „Trotz der bemerkenswerten Ergebnissen dürfen wir nicht vergessen, dass nach einem Jahr nur 34 Prozent der Patienten ohne erneute Progression sind.“ Es gäbe noch viele Patienten, die nicht auf die Therapie ansprächen, deshalb müsse man weiter nach neuen Möglichkeiten suchen. Außerdem seien längere Nachbeobachtungszeiten erforderlich, um den Effekt dieser Therapiekombination ganz zu verstehen.

Phase-3-Studie zur Erstlinien-Kombi aus Chemo- und Immuntherapie

Eine platinbasierte Chemotherapie ist derzeit Standard in der Erstlinienbehandlung von Patienten mit fortgeschrittenem NSCLC ohne EGFR- und ALK-Mutationen. Bei Patienten, deren Tumorzellen zu mehr als 50% PD-L1-positiv sind, kann auch Pembrolizumab als erste Therapie eingesetzt werden. Dies ist allerdings nur bei einer Minderheit der Fall.

Bereits in der Kohorte G der offenen Phase-2-Studie KEYNOTE-021 hatten sich für die Kombination aus Pembrolizumab mit Pemetrexed und Carboplatin ein verbessertes Ansprechen und ein verlängertes progressionsfreies Überleben (PFS) ergeben. Doch: Die Ergebnisse wurden nicht breit akzeptiert, auch lieferte KEYNOTE-021 keine Ergebnisse zum Gesamtüberleben (OS). Daher wurde nun in der randomisierten doppelblinden Phase-3-Studie KEYNOTE189 mit über 600 Patienten der Frage nachgegangen, ob die zusätzliche Gabe von Pembrolizumab zur Standard-Chemotherapie das Ansprechen erhöht und das Überleben verlängert.

 
Wir haben eine neue Ära in der Behandlung des Lungenkrebses. Es ist unglaublich, was sich in den letzten 20 Jahren getan hat. Prof. Dr. Roy S. Herbst
 

616 Patienten mit metastasiertem Nichtplattenepithel-NSCLC ohne EGFR- und ohne ALK-Mutationen erhielten 2:1 randomisiert Pemetrexed plus Platin (Carboplatin oder Cisplatin) zusammen mit Pembrolizumab (n = 410) oder Placebo (n = 206) alle 3 Wochen über 4 Zyklen.

Anschließend wurden sie über 35 Zyklen mit Pembrolizumab oder Placebo plus einer Pemetrexed-Erhaltungstherapie weiter behandelt. Ein Cross-Over in die Pembrolizumab-Monotherapie-Gruppe war für Patienten in der Placebo-Chemotherapie-Gruppe erlaubt, wenn deren Erkrankung fortschritt. Koprimäre Endpunkte waren das Gesamtüberleben (OS) und das progressionsfreie Überleben (PFS).

Pembro-Kombi senkt Sterberisiko um rund 50 Prozent

Gandhi präsentierte die Ergebnisse der ersten vordefinierten Interimsanalyse. In der Pembrolizumab-Gruppe werden noch 33,8% der Patienten weiterbehandelt, in der Vergleichsgruppe 17,8%. Innerhalb der Studie wechselten 67 Patienten vom Kontroll- in den Pembrolizumab-Arm.

Nach einem medianen Follow-up von 10,5 Monaten lag das errechnete 12-Monats-Überleben bei 69,2% mit Pembrolizumab und bei 49,4% ohne den PD1-Inhibitor. Dies bedeutet eine Senkung des Sterberisikos um 51% (Hazard-Ratio: 0,49; p < 0,001). Das mediane Gesamtüberleben wurde bislang in der Pembrolizumab-Gruppe nicht erreicht, in der Chemotherapie-Gruppe lag es bei 11,3 Monaten.

Die Wirkung von Pembrolizumab konnte in allen Subgruppen nachgewiesen werden. Sie war auch von der PD-L1-Expression unabhängig, wenngleich bei höherer PD-L1-Expression (> 50 %) eine bessere Wirkung mit einer HR von 0,42 im Vergleich zu niedriger Expression (< 1%) mit einer HR von 0,59 erreicht wurde.

 
Trotz der bemerkenswerten Ergebnissen dürfen wir nicht vergessen, dass nach einem Jahr nur 34 Prozent der Patienten ohne erneute Progression sind. Prof. Dr. Roy S. Herbst
 

Auch der zweite primäre Endpunkt zeigte signifikante Unterschiede: Das mediane progressionsfreie Überleben lag mit Pembrolizumab bei 8,8 Monaten, ohne bei 4,9 Monaten. Daraus ergab sich eine Senkung des Risikos für Progression oder Tod um 48% (HR 0,52, p < 0,001). Auch hier zeigte sich die Wirkung in allen Subgruppen.

Die Ansprechrate (ORR) betrug mit Pembrolizumab 47,6%, ohne den PD1-Inhibitor 18,9% (p < 0,001). Das Ansprechen hielt mit Pembrolizumab im Median 11,2 Monate an, ohne dauerte es 7,8 Monate. Die Ansprechrate war zwar unabhängig von der PD-L1-Expression mit Pembrolizumab höher als ohne Pembrolizumab, bei hoher PD-L1-Expression betrug sie jedoch 61,4%, im Vergleich zu 32,3% bei niedriger PD-L1-Expression.

Wenig zusätzliche Nebenwirkungen

Die Patienten der Kombinationsgruppe wurden im Mittel 7,4 Monate, die der Chemotherapie-Gruppe 5,4 Monate behandelt. Unerwünschte Wirkungen vom Grad 3 oder höher traten bei 67,2% der Patienten in der Pembrolizumab-Chemotherapie-Gruppe und bei 65,8% in der Chemotherapie-Gruppe auf. Die zusätzliche Gabe des PD-1-Inhibitors erhöhte nicht die Rate der unter Chemotherapie üblicherweise auftretenden Nebenwirkungen.

Akute Nierenfunktionsstörungen waren mit 5,2% in der Kombinationsgruppe häufiger als in der Chemotherapie-Gruppe mit 0,5%, wobei dies durch jeden der 3 Kombinationspartner ausgelöst worden sein könnte, so Gandhi. „Es ist unklar, ob diese renalen Nebenwirkungen immunvermittelt oder entzündungsbedingt waren, denn es wurde keine Nierenbiopsie gemacht.“

Immunvermittelte unerwünschte Reaktionen waren mit der Pembrolizumab-Chemotherapie-Kombination nicht häufiger als von der Pembrolizumab-Monotherapie bekannt.

 

Kommentar

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