Die Eradikation des Magenkeims Helicobacter pylori (H. pylori) bewahrt Patienten mit Magenkrebs nach der Resektion vor der Entstehung neuer Magenkarzinome, wie eine Studie aus Südkorea zeigt [1]. „Die Inzidenz metachroner Karzinome nahm um 50% ab“, berichten die Autoren um Dr. Il Ju Choi vom Nationalen Krebszentrum in in Goyang, Südkorea. Außerdem kam es zu einer signifikanten Verbesserung der atrophischen Gastritis, die als Vorläuferläsion für Magenkarzinome gilt.In einem Editorial betont Prof. Dr. Peter Malfertheiner, Koordinator der deutschen S2k-Leitlinie Helicobacter pylori und gastroduodenale Ulkuskrankheit, die Bedeutung von H. pylori für die Entstehung von Magenkrebs [2].
„Evidenz aus epidemiologischer, Grundlagen- und klinischer Forschung zeigt eindeutig, dass H. pylori der wichtigste Faktor in der multifaktoriellen Pathogenese von Magenkarzinomen ist. Etwa 90% aller nicht die Kardia betreffenden Magenkarzinome gehen auf eine H.-pylori-Infektion zurück “, so der emeritierte Professor der Universitätsklinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Infektiologie in Magdeburg. „Die H.-pylori-Infektion ist das wichtigste neue Ziel in der Prävention von Magenkarzinomen.“
Erst Resektion, dann Eradikation
Choi und seine Kollegen schlossen in ihre prospektive Studie 470 Patienten ein. Sie litten an einem Magenkarzinom im Frühstadium oder einem hochgradigen Adenom, welches endoskopisch entfernt worden war. Anschließend wurde randomisiert eine H.-pylori-Eradikationstherapie mit Antibiotika durchgeführt oder die Patienten erhielten ein Placebo.
Nach einem Jahr oder später wurden die Patienten endoskopisch auf metachrone Magenkarzinome untersucht, nach 3 Jahren wurde die Verbesserung der atrophischen Gastritis beurteilt. In eine Intention-to-treat-Analyse flossen letztlich die Daten von 396 Patienten ein, 194 in der Therapiegruppe und 202 in der Placebogruppe.
„Während der Nachbeobachtung von im Mittel 5,9 Jahren entwickelten die Patienten, bei denen H. pylori eradiziert worden war, signifikant seltener ein metachrones Magenkarzinom“, berichten die Autoren um Choi. Die Inzidenz in der Therapiegruppe habe 7,2% und in der Placebogruppe 13,4% betragen.
Magenschleimhaut im Alarmzustand
Bei dem in der Studie durchgeführten endoskopischen Eingriff wird das Magenkarzinom oder das Adenom entfernt und der Magen bleibt größtenteils erhalten. „Doch die atrophierte Magenschleimhaut verbleibt in einem präneoplastischen ‚Alarmzustand‘“, erklärt Malfertheiner in seinem Editorial. „Es ist ein beeindruckendes Ergebnis, dass die H.-pylori-Eradikation in diesem Stadium immer noch wirksam ist und die Entstehung von Magenkarzinomen um 50% reduziert.“
Den Schweregrad der atrophischen Gastritis untersuchten Choi und sein Team in einer Untergruppe von 327 Patienten, bei denen eine histologische Analyse durchgeführt worden war. In dieser Gruppe sei die Eradikation von H. pylori mit einer Verbesserung des Atrophie-Grades im Magenkorpus um 48,4% assoziiert gewesen, berichten sie. Bei den Patienten in der Placebogruppe habe die Verbesserung dagegen nur 15,0% betragen.
Schwere Nebenwirkungen traten nicht auf, leichte Nebenwirkungen waren in der Therapiegruppe signifikant häufiger (42,0 vs. 10,2%).
Eradikation wirkt auch im fortgeschrittenen Stadium
Hinsichtlich des Timings einer H.-pylori-Eradikation zur Prävention von Magenkarzinomen herrscht Unsicherheit. Ist die Eradikationstherapie noch in der Lage, den kanzerogenen Prozess zu stoppen, wenn Patienten bereits eine schwere chronische atrophische Gastritis aufweisen?
„Die schwere atrophische Gastritis mit oder ohne intestinale Metaplasien galt lange als ‚point of no return‘, ab dem eine Eradikation von H. pylori wahrscheinlich nicht mehr in der Lage ist, die Krebsentstehung aufzuhalten“, schreibt Malfertheiner. Dass diese Einschätzung stimmt, wurde schon von anderen Studien angefochten und „die Ergebnisse von Choi et al. bestätigen und bekräftigen die vorherigen Befunde, indem sie bei der Hälfte der Studienpatienten eine signifikante Verbesserung der atrophischen Gastritis zeigen“, so Malfertheiner.
Universelles Screening?
Wird all diese Evidenz nun dazu führen, dass zur Magenkrebs-Prävention universell H.-pylori- Screening- und Behandlungsstrategien eingeführt werden? „Fast alle kontrollierten Studien bis dato wurden in Ostasien durchgeführt“, schränkt Malfertheiner ein. Dort ist die Magenkrebs-Inzidenz sehr viel höher als in westlichen Ländern. „2 Drittel aller Magenkarzinome weltweit werden in Ostasien diagnostiziert“, berichtet der Gastroenterologe.
„Den Daten aus diesen Studien zufolge müssen 125 Menschen behandelt werden, um eine Magenkrebserkrankung zu verhindern. In Ländern mit hoher Inzidenz der Erkrankung wäre eine solche Vorgehensweise kosteneffektiv“, so Malfertheiner. Doch in Ländern mit niedriger oder mittlerer Inzidenz von Magenkarzinomen wäre die Number-needed-to-treat viel höher. Mit diesem Faktor sei bislang gegen die Einführung eines universellen Screenings argumentiert worden, erläutert Malfertheiner.
„Doch Modellstudien, die auch ökonomische Überlegungen und weitere klinische Benefits – etwa die Prävention von Ulzera und Magenlymphomen – berücksichtigten, deuten darauf hin, dass solche Screening- und Behandlungsstrategien auch in Ländern mit niedrigem bis mittlerem Erkrankungsrisiko eine Überlegung wert sind.“
REFERENZEN:
1. Choi IJ, et al: NEJM 2018;378(12):1085-95
2. Malfertheiner P: NEJM 2018;378(12) :1154-1156
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Diesen Artikel so zitieren: Kein Keim, kein Krebs: Helicobacter-pylori-Eradikation schützt Magenkrebs-Patienten vor neuen Magentumoren - Medscape - 22. Mär 2018.
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