Wer sich gesund ernährt, Obst und Gemüse isst, aber zu viel Salz zu sich nimmt, ist nicht vor einem Anstieg des Blutdrucks gefeit. Eine an für sich gesunde Ernährung macht also einen zu hohen Salzkonsum nicht wett, so die Ergebnisse der Intermap-Studie, die in der Zeitschrift Hypertension erschienen ist [1].
Die Studie basiert auf Blutdruck-Werten und 24-Stunden-Urinproben aus der Intermap-Studie (International Study on Macro/Micronutrients and Blood Pressure) mit 4.680 Teilnehmern aus den USA, Japan, China und Großbritannien.
Dosis-Wirkungs-Zusammenhang dokumentiert
Der Zusammenhang von Salzkonsum und Hypertonie ist altbekannt. „Zu hohe Verzehrmengen von Natrium, die hauptsächlich aus verarbeiteten Nahrungsmittel stammen, sind ein wichtiger Faktor in der Entwicklung von erhöhtem Blutdruck“, betont auch Erstautor Prof. Dr. Jeremiah Stamler von der Feinberg School of Medicine der Northwestern University, USA. Er führte die Studie zusammen mit britischen, japanischen und chinesischen Kollegen durch.

Prof. Dr. Anja Kroke
„Die Studie zeigt einen Dosis-Wirkungs-Zusammenhang zwischen der Zufuhr von Natriumchlorid und dem Blutdruck. Das heißt, je mehr Salz konsumiert wird, desto höher ist auch der Blutdruck“, unterstreicht die Gesundheitswissenschaftlerin und Präventionsexpertin der Hochschule Fulda Prof. Dr. Anja Kroke gegenüber Medscape.
Auch wenn die Studie nicht überraschend sei, so sei sie methodisch gut gemacht und weise erneut auf das wichtige Problem des hohen Salzverzehrs hin. „Es ist nötig, die Speisesalz-Zufuhr auch in der deutschen Bevölkerung zu reduzieren, um die kardiovaskuläre Krankheitslast zu verringern“, sagt Kroke. Sie hat mit Kollegen 2016 auch eine wissenschaftliche Stellungnahme der DGE zu den gesundheitlichen Folgen der Speisesalz-Zufuhr verfasst, die in der Ernährungsumschau veröffentlicht worden ist.
Das Problem ist dabei nicht in erster Linie, dass viele Menschen ihr Essen nachsalzen, sondern dass zu viel Salz in vorgefertigten Lebensmitteln steckt: Rund ein Viertel des täglich verzehrten Salzes stammt aus Grundnahrungsmitteln wie Brot, Fleisch- und Wurstwaren (18%) sowie Käse und Milchprodukten (ca. 10%), wie die DEGS-Studie des Robert Koch-Instituts im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) ermittelt hat.
Salzkonsum durchweg zu hoch
Die Intermap-Studie hatte Ende der 1990er Jahre 4.680 Männer und Frauen zwischen 40 und 59 Jahren aus 4 Ländern eingeschlossen – US, Japan, China und UK. Die Teilnehmer wurden gewogen, lieferten Urinproben ab und ihr Blutdruck wurde gemessen. Anhand der Urinproben wurden Natrium- und Kalium-Werte gemessen. Dabei ist Natrium mit eher höherem Blutdruck assoziiert und Kalium, das vor allem in grünem Gemüse steckt, mit niedrigerem Blutdruck.
Das Team analysierte den Salzkonsum und insgesamt 80 aufgenommene Nährstoffe, die eher mit niedrigerem Blutdruck assoziiert sind, wie zum Beispiel Vitamin C, Ballaststoffe und Omega-3-Fettsäuren – und setzte diese als Marker einer „gesunden Ernährung“ in Zusammenhang mit den Blutdruck-Werten.
Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass der Salzkonsum durchweg höher lag als er sollte, durchschnittlich bei 10,7 g täglich – über das Doppelte der von der WHO empfohlenen 5 g. Die Chinesen haben den höchsten Salzverzehr mit 13,4 g am Tag, gefolgt von Japan mit 11,7 g. Dann USA 9,6 g und Großbritannien 8,5 g.
Zum Vergleich: Auch in Deutschland überschreitet der Speisesalz-Verzehr die DGE-Empfehlung von maximal 6 g Salz am Tag: Bei Männern liegt er bei 10 und bei Frauen bei 8,4 g. Laut der DEGS-Studie des Robert Koch-Instituts überschreiten 75% der Männer und fast 70% der Frauen die Empfehlung. In der DEGS-Studie wurde die Natriumausscheidung von knapp 7.000 Teilnehmer gemessen und daraus die Salzzufuhr berechnet.
Vor allem bei Teilnehmern, die in der Intremap-Studie die hohen Durchschnittswerte der Salzzufuhr (10,7 g am Tag) überschritten, wirkte sich dies auf ihren Blutdruck aus: Ein weiterer zusätzlicher Salzkonsum von etwas mehr als einem Teelöffel am Tag (7 g) hing mit einem um 3,7 mmHg höheren systolischen Blutdruck zusammen. Dieser Zusammenhang fand sich auch bei Teilnehmern, die sich ansonsten ausgewogen ernährten und viel Kalium und andere gesunde Nährstoffe verzehrten.
Die DASH-Diät (Dietary Approaches to Stop Hypertension), die vom National Heart, Lung and Blood Institut zur Blutdrucksenkung empfohlen wird, enthält einen Speiseplan mit Obst, Gemüse, Vollwertprodukten, fettfreien oder fettarmen Milchprodukten, ungesalzenen Nüssen, Fisch und Pflanzenölen. Es sei zwar sinnvoll sich so zu ernähren, doch auch ein solch gesunder Ernährungsstil könne einen zu hohen Salzkonsum nicht ausgleichen, betonen Stamler und Mitautoren.
Für Hersteller Grenzwerte definieren?
„Das Problem des hohen Blutdrucks sollte nicht allein auf den zu hohen Salzverzehr reduziert werden und geschlussfolgert werden, dass es sonst keine Rolle spielt, was man isst“, betont jedoch Kroke. Außer der zu hohen Salzzufuhr wirken sich bekanntlich auch noch andere Faktoren negativ auf den Blutdruck aus, wie ein zu hohes Gewicht und wenig körperliche Aktivität. „Eine Person, die bei all diesen Faktoren ein ungünstiges Verhalten aufweist, hat dennoch ein höheres Risiko einen erhöhten Blutdruck zu bekommen, als jemand der nur zu viel Salz isst und alles andere richtig macht“, erläutert sie.
Ungeachtet dessen: Nur etwa 20 bis 30% der Salzzufuhr kann laut Kroke wirklich individuell beeinflusst werden, weil ein großer Anteil des Salzes in vorgefertigten Lebensmitteln zu finden ist. „Die Reduktion von Salz kann nicht allein dem Individuum aufgebürdet werden. Hersteller und das Handwerk sollten dafür Sorge tragen, dass der Salzanteil in den Lebensmitteln reduziert wird“, betont auch sie. Der Gesetzgeber könnte etwa bestimmte Grenzwerte definieren, um die Salzlast insgesamt in der Bevölkerung zu senken. Auch die Autoren fordern deshalb Politiker und Nahrungshersteller auf, den Salzanteil in den Produkten zu verringern.
So sieht es auch die die „American Heart Association“ (AHA). Sie betont, dass 3 Viertel des Salzes, das die Amerikaner essen, aus verarbeitetem und vorgefertigtem Essen sowie Restaurant-Speisen kommen – und nicht aus dem Salzstreuer. „Restaurants und Hersteller von vorgefertigten Nahrungsmitteln müssen ein Teil der Lösung sein, weil Amerikaner sich die Möglichkeit wünschen, die Nahrungsmittel wählen zu können, die das Ziel der Salzreduktion erfüllen“, so Dr. Cheryl Anderson, Vizepräsidentin des AHA-Ernährungs-Komitees in einer Pressemitteilung.
Viele Länder haben schon nationale Salz-Initiativen gestartet, Deutschland allerdings noch nicht: „Das Thema wird meiner Meinung nach bei uns unterschätzt, während es in anderen Ländern wie in den USA und England schon Erfolge gibt, die Salzlast in der Bevölkerung zu senken“, betont Kroke.
Auch bei der WHO steht das Thema Salzreduktion weit oben bei der Bekämpfung von Zivilisationskrankheiten. Sie fordert eine Reduzierung des Salzverzehrs um 30% in der weltweiten Population bis 2025 – ein Ziel, das die meisten Mitgliedstaaten wohl nicht erreichen werden.
REFERENZEN:
1. Stamler J, et al: Hypertension 2018;71(4):631-637
Medscape Nachrichten © 2018 WebMD, LLC
Diesen Artikel so zitieren: Das Salz in der (Fertig-)Suppe: Gesunde Ernährung schützt nicht vor Hypertonie, wenn man insgesamt zu viel Kochsalz isst - Medscape - 19. Mär 2018.
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