Eine neue Kontraindikation für das Prostatakrebs-Medikament Xofigo® (Radium-223-Dichlorid, Bayer) ist eines der Ergebnisse des gerade zu Ende gegangenen Meetings des Ausschusses für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) [1]. Das bei Prostatakarzinomen mit Knochenmetastasen eingesetzte Radium-223-Dichlorid steht im Verdacht, das Risiko für Knochenbrüche und Tod zu erhöhen, wenn es in Kombination mit dem Antiandrogen Zytiga® (Abirateronacetat, Janssen-Cilag) und Prednison/Prednisolon gegeben wird.
Mitte der Woche hatte der PRAC bereits die Empfehlung herausgegeben, dass MS-Medikament Zinbryta® (Daclizumab beta, Biogen Idec) vom Markt zu nehmen (wie Medscape berichtete). Die Aussetzung der Zulassung von Daclizumab beta folgte auf Berichte über schwere Gehirnentzündungen, die bei einigen damit behandelten Patienten aufgetreten sind.
Prostatakrebs: Mehr Todesfälle mit Kombinationstherapie
In einer noch laufenden klinischen Studie mit Patienten mit metastasiertem Prostatakrebs sind bislang 34,7% der mit Radium-223-Dichlorid, Abirateron und Prednison/Prednisolon behandelten Patienten gestorben. In der Gruppe, die zusätzlich zu Abirateron und Prednison/Prednisolon ein Placebo erhält, liegt die Sterberate dagegen bei 28,2%. Auch Frakturen sind unter der Kombination mit Radium-223-Dichlorid häufiger als unter der Kombination mit Placebo: 26% versus 8,1%.
Angesichts der Schwere der Ereignisse hat sich der PRAC entschieden, eine Kontraindikation für die Kombinationstherapie mit Abirateronacetat und Prednison/Prednisolon auszusprechen. Es handelt sich dabei allerdings um eine temporäre Maßnahme, die die Patienten schützen soll, während eine eingehende Überprüfung des Prostatakrebs-Medikamentes stattfindet.
Laufende Therapien umstellen
Für Ärzte bedeutet die Empfehlung des PRAC, keine neuen Patienten mehr auf die Kombinationstherapie aus Radium-223-Dichlorid, Abirateronacetat und Prednison/Prednisolon einzustellen. Außerdem sollen auch bereits laufende Behandlung abgebrochen bzw. umgestellt werden.
Als zusätzliche Warnung weist der PRAC darauf hin, dass auch die Sicherheit und Wirksamkeit von Radium-223-Dichlorid in Kombination mit Androgenrezeptor-Antagonisten der 2. Generation wie Xtandi® (Enzalutamid, Astellas Pharma) nicht bewiesen sei.
Die Behandlung mit Radium-223-Dichlorid als Monotherapie beim kastrationsresistenten Prostatakarzinom mit symptomatischen Knochenmetastasen ist nicht Teil der Überprüfung des PRAC.
Neue öffentliche Anhörung
In seinem Bestreben, die Öffentlichkeit stärker in Bewertungs- und Entscheidungsprozesse einzubinden, organisiert der PRAC eine öffentliche Anhörung zu Chinolon- und Fluorchinolon-Antibiotika. Orale, injizierbare und inhalierbare Chinolon- und Fluorchinolon-Antibiotika stehen seit Februar 2017 auf dem Prüfstand des Ausschusses.
Bei dem Review geht es vor allem um die Persistenz seltener Nebenwirkungen, die Muskeln, Gelenke und Nervensystem betreffen. Einige davon können offenbar über eine sehr lange Zeit andauern.
Die öffentliche Anhörung soll im Juni 2018 stattfinden. Es ist die zweite Anhörung dieser Art, die der Ausschuss durchführt. Bei der ersten Anhörung im September 2017 war die Sicherheit des Epilepsie-Medikamentes Valproat Gegenstand gewesen.
REFERENZEN:
1. Meeting highlights from the Pharmacovigilance Risk Assessment Committee (PRAC), 5. bis 8. März 2018
Medscape Nachrichten © 2018 WebMD, LLC
Diesen Artikel so zitieren: EMA: Warnung vor Kombinations-Therapie beim Prostatakarzinom – öffentliche Anhörung zu Antibiotika - Medscape - 9. Mär 2018.
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