
PD Dr. Ute Mons
Berlin – Fast die Hälfte (bis zu 45%) aller Krebsfälle ließe sich durch eine geeignete Primärprävention bzw. konsequente Veränderungen im Lebensstil verhindern. „Bei der Prävention alkoholbedingter Krebs- und anderer Erkrankungen spielt Deutschland innerhalb Europas allerdings eine eher unrühmliche Rolle“, sagte PD Dr. Ute Mons, Leiterin der Stabsstelle Krebsprävention im Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg, auf einer Pressekonferenz beim 33. Deutschen Krebskongress [1].
Dass Alkohol Krebs verursachen kann, ist im Bewusstsein der Allgemeinbevölkerung kaum präsent. Der vom DKFZ herausgegebene Alkoholatlas Deutschland 2017 dokumentiert, dass 9% aller alkoholbedingten Erkrankungen, die im Jahr 2012 hierzulande zu Krankenhausaufenthalten führten, auf ein Krebsleiden zurückzuführen sind.
Insgesamt gelten in Deutschland mindestens 3% (im Jahr 2010 waren das etwa 13.0000) aller Krebsfälle als alkoholbedingt. Alkoholkonsum erhöht das Risiko, an folgenden Karzinomen zu erkranken:
Oropharynxkarzinom,
Larynxkarzinom,
Speiseröhrenkrebs,
Leberkrebs,
Kolonkarzinom,
Rektumkarzinom sowie
bei Frauen: Mammakarzinom.
Bemühungen vielfach unzureichend
„Ähnlich wie bei der Tabakprävention steht Deutschland auch bei der Alkoholprävention im internationalen Vergleich sehr schlecht da“, erklärte Mons und verwies auf eine aktuelle WHO-Publikation über die Anstrengungen der europäischen Staaten zur Reduzierung des schädlichen Alkoholkonsums. Im Jahr 2011 hatten alle 53 Mitgliedstaaten der europäischen WHO-Region dem „European action plan to reduce the harmful use of alcohol 2012-2020“ (EAPA) zugestimmt.
In einem zwischenzeitlich dazu vorgenommenen Ländervergleich lag Deutschland:
im Bereich Politik/Aufklärung: von 29 Ländern auf dem 23. Platz,
im Bereich Prävention am Arbeitsplatz/in der Kommune: von 29 Ländern zusammen mit Österreich auf dem vorletzten Rang,
bei Maßnahmen gegen Alkohol am Steuer: von 30 Ländern auf dem 26. Platz und
bei den Maßnahmen gegen illegalen Handel und Herstellung von Alkohol: auf der vorletzten Position von 53 Staaten.
Zu hohe Alkoholverfügbarkeit
Ein großes Problem in Deutschland, so die DKFZ-Expertin, sei die „extrem hohe Verfügbarkeit von Alkohol an jeder Ecke und zu fast jeder Tageszeit. Was die Einschränkung dieser Verfügbarkeit angeht, bilden wir unter 30 Ländern sogar das Schlusslicht“, erläuterte Mons.
Lediglich bei Marketingbeschränkungen und Maßnahmen zur Verringerung der negativen Auswirkungen des schädlichen Alkoholkonsums belege Deutschland mittlere Plätze – das heißt: Rang 12 von 30 bzw. 15 von 31.
Paradigmenwechsel gefordert
„Insgesamt besteht noch erheblicher Handlungsbedarf. Was wir dabei grundsätzlich brauchen, ist ein Paradigmenwechsel in der Präventionspolitik“, forderte Mons. Bislang werde zwar auf Information und Aufklärungsmaßnahmen gesetzt, aber zu wenig auf regulatorische Maßnahmen. Letztere könnten Rahmenbedingungen schaffen, mit denen Menschen ein gesunder Lebensstil auch leicht gemacht werde – gemäß dem WHO-Motto „Make the healthy choice the easy choice“.
Als Beispiel für eine wesentlich effektivere Alkoholpräventionspolitik nannte die Expertin die skandinavischen Länder mit deutlich höheren Steuern auf alkoholische Getränke und erschwerter Verfügbarkeit derselben.
Darüber hinaus fordert das DKFZ gemeinsam mit der Deutschen Allianz Nichtübertragbare Krankheiten (DANK) eine Steuersatzgestaltung in Abhängigkeit vom Alkoholgehalt (Wein zum Beispiel wird in Deutschland gar nicht besteuert) sowie eine einheitliche Altersgrenze von 18 Jahren für die Abgabe von Alkohol und dessen Konsum in der Öffentlichkeit.
REFERENZEN:
1. 33. Deutscher Krebskongress (DKK), 21. bis 24. Februar 2018, Berlin
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Diesen Artikel so zitieren: Krebsgefahr durch Alkohol: Vielen Patienten ist dies nicht bewußt – Deutschland ist in der Prävention Schlusslicht - Medscape - 7. Mär 2018.
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