Orlando – Vom 10. bis 12. März 2018 werden bei der 67. Wissenschaftlichen Tagung des American College of Cardiology (ACC) neue Daten aus der Kardiologie präsentiert. Bei einer Vorab-Pressekonferenz im Internet stellte Prof. Dr. Andrew M. Kates von der Kardiovaskulären Abteilung der Washington University School of Medicine, St. Louis, Missouri, die aus seiner Sicht wichtigsten Studien vor. Vor allem die Ergebnisse der ODYSSEY- und der VEST-Studie werden seiner Ansicht nach die klinische Praxis verändern.
In insgesamt 5 Sitzungen werden 20 Late-Breaking Clinical Trials präsentiert. Sie werden durch 3 Featured Clinical Trial Sessions ergänzt, in denen 17 Studien vorgestellt werden. Kates wies insbesondere auf nachfolgend aufgeführte Studien hin, die er als besonders wichtig und interessant einstufte.
Kardiovaskuläre Wirkungen einer Alirocumab-Therapie
ODYSSEY Outcomes (Cardiovascular Outcomes with Alirocumab After Acute Coronary Syndrome: Results of the ODYSSEY Outcomes Trial): Im Studienprogramm ODYSSEY wird der PCSK9-Antikörper Alirocumab klinisch geprüft. Die EU-Kommission hat Alirocumab als Praluent® im September 2015 begleitend zu einer Diät zur Behandlung von Erwachsenen mit primärer Hypercholesterinämie (heterozygoter familiärer und nicht familiärer) oder gemischter Dyslipidämie zugelassen, und zwar:
in Kombination mit einem Statin oder mit einem Statin plus anderen lipidsenkenden Therapieprinzipien bei Patienten, die mit einer maximal verträglichen Statintherapie die LDL-Cholesterol-Zielwerte nicht erreichen, oder
als Monotherapie oder in Kombination mit anderen lipidsenkenden Therapieprinzipien bei Patienten mit einer Statin-Unverträglichkeit oder wenn Statine kontraindiziert sind.
Die Wirkung von Alirocumab auf die kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität ist bisher noch nicht belegt. Dies wird in der ODYSSEY-Outcomes-Studie untersucht, deren Ergebnisse nun ein Jahr nach der FOURIER-Studie mit dem PCSK9-Antikörper Evolocumab beim ACC-Kongress vorgestellt werden (wie Medscape berichtete).
Die ODYSSEY-Outcomes-Studie ist mit rund 18.000 Patienten kleiner als die FOURIER-Studie mit etwa 27.000 Patienten. Sie hat aber eine längere Nachbeobachtungszeit und einen anderen zusammengesetzten Endpunkt, der nichttödliche Herzinfarkte, Schlaganfall, kardiovaskuläre Letalität und Hospitalisierung wegen Angina pectoris umfasst. In FOURIER gehörte noch die koronare Revaskularisierungsrate zum zusammengesetzten Endpunkt.
Tragbare Defis nach Infarkt?
VEST (Efficacy of a Wearable Cardioverter-Defibrillator after Myocardial Infarction: Results of the Vest Prevention of Early Sudden Death Trial): In der VEST-Studie wird randomisiert der Nutzen eines tragbaren Kardioverter-Defibrillators bei 2.300 Patienten nach Herzinfarkt als Schutz vor plötzlichem Herztod untersucht. Die Patienten verwendeten den tragbaren Kardioverter-Defibrillator über 90 Tage nach dem Infarkt.
Wie wirkt sich Zuzahlung aus?
ARTEMIS (Impact of Patient Copayment Reduction on P2Y12-Inhibitor Persistence and Clinical Outcomes after Myocardial Infarction: The Affordability and Real-world Antiplatelet Treatment Effectiveness after Myocardial Infarction Study (ARTEMIS) Randomized Trial): In der multizentrischen, Cluster-randomisierten Studie wird untersucht, inwieweit sich eine Zuzahlung der Patienten auf die Behandlung mit P2Y12-Inhibitoren wie Clopidogrel, Prasugrel oder Ticagrelor auswirkt. In die Studie wurden etwa 11.000 Patienten aufgenommen, die wegen ST-Hebungs- (STEMI) oder Nicht-ST-Hebungsinfarkt (NSTEMI) hospitalisiert worden waren.
In den Krankenhäusern der Interventionsgruppe erhielten die Patienten Gutscheine für die Zuzahlung zur P2Y12-Inhibitorbehandlung für bis zu 1 Jahr nach Entlassung. Koprimäre Endpunkte der Studie sind die Persistenz der P2Y12-Inhibitorbehandlung und große kardiovaskuläre Ereignisse nach 1 Jahr. Zu den sekundären Endpunkten gehören die Wahl des P2Y12-Inhibitors, von den Patienten berichtete Outcomes und die Behandlungskosten nach der Krankenhausentlassung.
Linksherzunterstützungssystem bei schwerer Herzinsuffizienz
MOMENTUM 3 (Multicenter Study of MagLev Technology in Patients Undergoing Mechanical Circulatory Support Therapy with HeartMate 3 (MOMENTUM 3) - Long Term Outcomes): Das HeartMate3 ist ein kleines implantierbares Gerät, das die Pumpfunktion des Herzens unterstützt. Es ist für ein breites Spektrum an Patienten mit fortgeschrittener Herzinsuffizienz geeignet. In der MOMENTUM-3-Studie wird HeartMate3 mit dem Vorgängermodell HeartMate II an 294 Patienten mit schwerer Herzinsuffizienz verglichen, die ein Linksherzunterstützungssystem (LVAD) zur Überbrückung bis zur Transplantation oder als Dauertherapie benötigten.
Primärer Endpunkt war das 6-Monats-Überleben der Patienten ohne Schlaganfall und ohne Notwendigkeit einer Austauschoperation. Dieses Ergebnis ist im Februar 2017 im NEJM publiziert worden: Den primären Endpunkt erreichten mit HeartMate 3 86,2% der Patienten und mit HeartMate II 76,8%. Beim diesjährigen ACC.18 werden nun die Langzeitdaten vorgestellt werden.
Antidot für Faktor-Xa-Inhibitoren untersucht
ANNEXA-4 (Interim Report on the ANNEXA-4 Study: Andexanet For Reversal of Anticoagulation in Factor Xa - Associated Acute Major Bleeding): Die ANNEXA-4-Studie ist eine noch laufende offene prospektive Studie, in der die Wirkung von Andexanet alfa bei Patienten mit akuten schweren Blutungen innerhalb von 18 Stunden nach Gabe eines Faktor-Xa-Inhibitors untersucht wird.
Andexanet wirkt als eine Art Köder (decoy). Es bindet mit hoher Affinität und kompetitiv zu humanem Faktor Xa an im Blut vorhandene Faktor-Xa-Hemmer wie Apixaban, Edoxaban oder Rivaroxaban. Erste Zwischenergebnisse der Studie waren beim ESC-Kongress 2016 vorgestellt und im NEJM im September 2016 publiziert worden.
Wirkung von Dabigatran auf kardiovaskuläre Ereignisse nach nicht-kardialer OP
MANAGE (The Effect of Dabigatran in Patients Suffering Myocardial Injury After Noncardiac Surgery): In dieser großen internationalen randomisierten kontrollierten Studie wird bei Patienten, die sich einer nicht-kardialen Operation unterziehen, der Effekt von Dabigatran auf kardiovaskuläre Ereignisse untersucht.
Kardioonkologische Studien
Interessant sind nach Aussage von Kates ferner 2 kardioonkologische Studien. Beide wurden bei Frauen mit Mammakarzinom durchgeführt, um die kardiotoxische Wirkung von Chemotherapie und von Trastuzumab zu beeinflussen.
Ceccy-Studie (Carvedilol for Prevention of Chemotherapy-Induced Cardiotoxicity): In der brasilianischen Studie wurden etwa 200 Frauen mit Mammakarzinom aufgenommen, die eine Anthracyclin-haltige Chemotherapie erhielten. Randomisiert wurden sie zusätzlich mit Carvedilol (50 mg/Tag) oder Placebo über 24 Wochen behandelt. Primärer Endpunkt ist der Effekt auf die systolische Dysfunktion. Als Dysfunktion ist ein Abfall der linksventrikulären Auswurffraktion um 10% definiert. Zu den sekundären Endpunkten gehört die Wirkung auf myokardiale Schäden, gemessen mit Biomarkern.
In einer weiteren kardioonkologischen Studie wurde der Effekt von Lisinopril oder Carvedilol auf die Trastuzumab-induzierte Kardiotoxizität untersucht. Rund 450 Patientinnen, deren Mammakarzinom mit Trastuzumab behandelt wurde, erhielten zusätzlich randomisiert Carvedilol, Lisinopril oder Placebo. Koprimäre Endpunkte sind die Reduktion der Trastuzumab-induzierten Kardiotoxizität nach 52 Wochen gemessen anhand der linksventrikulären Auswurffraktion (LVEF) sowie der Vergleich der LVEF der beiden Verumgruppen mit der Placebogruppe.
REFERENZEN:
1. 67th Annual Scientific Sessions, ACC.18, Vorab-Pressekonferenz im Internet, 21. Februar 2018
Medscape Nachrichten © 2018 WebMD, LLC
Diesen Artikel so zitieren: Neugierig auf den ACC 2018? Vorschau auf aktuelle Studien-Ergebnisse, die die Praxis verändern werden - Medscape - 2. Mär 2018.
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