Vielversprechend bei Weichteilsarkomen: Fokussierte Hyperthermie plus thermosensible Liposomen mit Zytostatika zerstören Tumoren

Manuela Arand

Interessenkonflikte

1. März 2018

Berlin – Die Hyperthermie ist dabei, sich einen festen Platz in der Therapie solider Tumoren zu erobern. Vielversprechend erscheint dabei eine Kombination aus gezielter Hitze und lokaler Chemotherapie. In Köln wurde dies erstmals an einem Patienten mit pelvinem Weichteilsarkom erprobt.

Das Verfahren kombiniert hochintensiven fokussierten Ultraschall (HIFU) und thermosensible Liposomen, erläuterte Prof. Dr. Holger Grüll, Institut für Diagnostische und Experimentelle Radiologie der Universität Köln, beim 33. Deutschen Krebskongress (DKK) [1]. Dabei macht man sich zunutze, dass Ultraschall je nach applizierter Energiemenge unterschiedliche Effekte auslöst.

Entstehen im Gewebe Temperaturen über 60 Grad, kommt es zur Nekrose und Gewebsablation. Das Verfahren nennt sich Thermoablation. Für die Hyperthermie werden niedrigere Temperaturen um 40 bis 42 Grad benötigt. Sie können das Gewebe für Strahlen- oder Chemotherapie sensibilisieren, aber auch – wie in dem Kölner Ansatz – als Trigger für die Wirkstofffreisetzung dienen.

Der Charme der Hyperthermie liegt darin, dass sie nicht-invasiv arbeitet. Sie peilt etwa reiskorngroße Ziele sehr gezielt an. Das Gewebe rund um die Zielzone wird dabei nicht aufgeheizt. Grüll bezeichnete die Methode scherzhaft als „inverse cooking: inside well-done, outside rare“.

So elegant, präzise und schonend die HIFU arbeitet, stößt sie doch an Grenzen. Beispielsweise dort, wo der Schall nicht tief genug in den Körper eindringen kann, etwa weil Knochen im Weg sind. Außerdem wird wie bei herkömmlichen Operationen ein Sicherheitsrand benötigt, weil sich Tumorzellen auch rund um den eigentlichen malignen Knoten finden.

Kombination mit Doxorubicin-gefüllten Liposomen

Die Kölner kombinieren diese Technik nun noch mit Doxorubicin-gefüllten thermosensiblen Liposomen: Diese Nanopartikel sind bei Körpertemperatur stabil, öffnen sich aber bei 42 Grad, erklärte Grüll. Dadurch gelangen die Zellgifte direkt dorthin, wo sie wirken sollen, bei geringstmöglicher Belastung des übrigen Organismus. Außerdem enthalten die Liposomen das MRT-Kontrastmittel Gadolinium: Das ermöglicht es zu verfolgen, wo und wie viel Zytostatikum ankommt.

In Tierversuchen haben die Kölner zeigen können, dass mit der HIFU-Liposomen-Technik etwa 8-mal mehr Doxorubicin im Tumor landet als bei normaler i.v.-Applikation. Gleichzeitig stellten sie jedoch fest, dass bei manchen Tumoren die Liposomen ihre Fracht nur in den äußeren Randbezirken abladen.

Das ist der inhomogenen Tumorperfusion geschuldet. Wo kein Blut fließt, kommen auch die Nanovesikel nicht hin. Immerhin: „Wir können die MRT-Bildgebung nutzen, um nicht-invasiv vorherzusagen, welcher Tumor mit dieser Methode gut therapiert ist“, so Grüll.

Doppelstrategie am Patienten erprobt

Der Weisheit letzter Schluss ist das jedoch nicht, wenn minderperfundierte Tumorareale unbehandelt bleiben. Deshalb haben sich die Kölner für eine Kombinationsstrategie entschieden. Dabei werden gut durchblutete Tumoranteile mit HIFU plus Liposomen abgetötet. Die schlecht perfundierten Bezirke erwischt dann die Thermoablation mit höheren Temperaturen.

 
Wir können die MRT-Bildgebung nutzen, um nicht-invasiv vorherzusagen, welcher Tumor mit dieser Methode gut therapiert ist. Prof. Dr. Holger Grüll
 

In Tierversuchen wurden die Effekte dieser Doppelstrategie untersucht. Dabei zeigte sich, dass die Doxorubicin-Konzentration im Tumor durch Hyperthermie mit temperatursensiblen Liposomen plus Ablation im Vergleich zur Doxorubin-Gabe allein um den Faktor 25 gesteigert wird.

Die Kölner Kollegen haben das Verfahren inzwischen – erstmals weltweit – an einem Patienten mit mehrfach voroperiertem pelvinem Weichteilsarkom erprobt. In bisher 3 Sitzungen zu je 20 Minuten konnte das Wachstum des supravesikal gelegendenen Tumors vollständig zum Stillstand gebracht werden. Die Lungenmetastasen wuchsen allerdings weiter.

Einige Herausforderungen bleiben zu bewältigen, beispielsweise die Bewegungskorrektur bei Organen wie dem Pankreas, die etwa durch die Atmung in Bewegung versetzt werden. Außerdem sind hinter Knochen gelegene Organe nicht erreichbar, weil der Ultraschall nicht durchdringt.

Hyperthermie-Chemotherapie-Kombination

Dass die Hyperthermie nicht nur in Kombination mit Nanopartikeln funktioniert, zeigen die Ergebnisse einer Phase-3-Studie, die Prof. Dr. Lars Lindner, Koordinator des Zentrums für Knochen- und Weichteilsarkome an der Ludwig-Maximilians-Universität München, in Berlin präsentierte. „Hyperthermie allein wird nicht ausreichen, um Krebs zu bekämpfen“, so der Onkologe. Aber gemeinsam mit Radiatio oder Chemotherapie kann sie positive Effekte entfalten, indem sie die Empfindlichkeit der Tumorzellen erhöht, Reparaturvorgänge ausbremst und die Immunantwort verstärkt.

 
Hyperthermie allein wird nicht ausreichen, um Krebs zu bekämpfen. Prof. Dr. Lars Lindner
 

In der Studie wurden Weichteilsarkome mit hohem Lokalrezidiv- und Fernmetastasierungs-Risiko nach Tumorresektion neoadjuvant mit Chemotherapie mit und ohne Hyperthermie behandelt. Anders als bei der HIFU wird die Hitze dabei über in den Tumor oder in Tumornähe gelegene natürliche Körperöffnungen eingebrachte Sonden appliziert.

341 Patienten wurden randomisiert. Alle erhielten Etoposid, Ifosfamid und Doxorubicin, die Hälfte bekam zusätzlich lokale Hyperthermie-Behandlungen. Nach 4 Zyklen (Induktionsphase) wurde die Response ermittelt, anschließend chirurgisch reevaluiert, bestrahlt und mit weiteren 4 Zyklen behandelt.

Die erste Auswertung erfolgte nach 34 Monaten Follow-up und ergab einen signifikanten Vorteil für die Kombitherapie (Hazard Ratio für lokalen Progress oder Fernmetastasierung 0,58, p=0,003). Auch bei anderen Endpunkten schnitt die Hyperthermie-Chemo-Kombi signifikant besser ab.

 
Bei Patienten mit Weichteilsarkom, die Kandidaten für eine neoadjuvante Therapie sind, erscheint die regionale Hyperthermie gerechtfertigt. Prof. Dr. Lars Lindner
 

Lindner präsentierte in Berlin nun die Langzeitergebnisse nach durchschnittlich 11,3 Jahren. Die Ergebnisse wurden auch in JAMA Oncology publiziert [2]. Insgesamt hatten zwar die weitaus meisten Patienten ein Rezidiv bekommen, 188 waren inzwischen gestorben. Der Nutzen der Hyperthermie blieb aber manifest: für das Gesamtüberleben mit einer HR von 0,73 (p=0,04) und einem absoluten Unterschied von fast 10% zwischen den Gruppen.

Subgruppen-Analysen zeigen, dass es keine Patientengruppe gibt, die ohne Hyperthermie besser behandelt wäre. „Bei Patienten mit Weichteilsarkom, die Kandidaten für eine neoadjuvante Therapie sind, erscheint die regionale Hyperthermie gerechtfertigt“, meinte Lindner.

 

REFERENZEN:

1. 33. Deutscher Krebskongress, 21. bis 24. Februar 2018, Berlin

2. Issels RD, et al: JAMA Oncology (online) 15. Februar 2018

 

Kommentar

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