Adjuvante endokrine Therapie bei postmenopausalem Mammakarzinom: 7 Jahre sind genug

Dr. Susanne Heinzl

Interessenkonflikte

4. Januar 2018

Prof. Dr. Michael Gnant

San Antonio – Eine Verlängerung der adjuvanten endokrinen Therapie mit Anastrozol um 2 Jahre hat bei postmenopausalen Frauen mit Hormonrezeptor-positivem Mammakarzinom den gleichen Nutzen wie eine Verlängerung um 5 Jahre. Dies zeigen die Ergebnisse der Phase-3-Studie ABCSG-16 (Austrian Breast and Colorectal Cancer Study Group), die von Prof. Dr. Michael Gnant, Leiter der Universitätsklinik für Chirurgie in Wien, beim 40. San Antonio Breast Cancer Symposium vorgestellt worden sind [1].

„Nach 5 Jahren endokriner Therapie reichen 2 weitere Jahre Behandlung mit Anastrozol aus, eine länger als 7 Jahre dauernde endokrine Therapie hat keinen Nutzen … Eine Verlängerung der Anastrozol-Behandlung um 5 Jahre führte zu vermehrten Nebenwirkungen wie Frakturen und sollte vermieden werden“, so die Schlussfolgerung von Gnant.

Optimale Dauer der endokrinen Therapie unbekannt

Hormonrezeptor-positive Mammakarzinome zeigen ein hohes Rezidivrisiko, und mehr als 50% der Rezidive treten erst nach den ersten 5 Jahren der Nachbeobachtungszeit auf. „Deshalb besteht die Tendenz, die adjuvante Hormontherapie zu verlängern“, so Gnant bei einer Pressekonferenz.

Man wisse, dass Aromatase-Inhibitoren (AI) nach 5 Jahren Tamoxifen etwas besser wirkten als Tamoxifen. Nach initialer AI-Therapie sei das Bild weniger klar. „Die adjuvante verlängerte Therapie mit Aromatase-Inhibitoren verbessert das krankheitsfreie Überleben von postmenopausalen Frauen mit diesem Mammakarzinom-Subtyp. Allerdings ist die optimale Dauer der AI-Therapie bislang nicht bekannt“, berichtete Gnant.

Große Studie in Österreich

In der ABCSG-16-Studie wurde daher prospektiv und randomisiert untersucht, welchen Nutzen eine zusätzliche Behandlung mit Anastrozol über 2 und über 5 Jahre hat – nach einer vorangegangen adjuvanten endokrinen Therapie über 5 Jahre. In die Studie wurden in 75 Zentren in Österreich 3.484 postmenopausale Frauen mit einem Hormonrezeptor-positiven Mammakarzinom aufgenommen. Sie waren nach der Diagnose operiert und zum Teil bestrahlt und anschließend über 4 bis 6 Jahre mit Tamoxifen, AI oder einer Sequenz aus Tamoxifen und AI behandelt worden.

 
Nach 5 Jahren endokriner Therapie reichen 2 weitere Jahre Behandlung mit Anastrozol aus, eine länger als 7 Jahre dauernde endokrine Therapie hat keinen Nutzen. Prof. Dr. Michael Gnant
 

Randomisiert wurden sie entweder über 2 Jahre oder über 5 Jahre mit dem Aromatase-Inhibitor Anastrozol (1 mg/Tag) weiter behandelt. Primärer Endpunkt der Studie war das krankheitsfreie Überleben (DFS), zu den sekundären Endpunkten gehörten das Gesamtüberleben, die Zeit bis zum Auftreten eines kontralateralen Mammakarzinoms, die Zeit bis zum Auftreten eines weiteren primären Karzinoms und die Zeit bis zur ersten klinischen Fraktur (mit Beginn 2 Jahre nach Randomisierung). Die Nachbeobachtungszeit betrug 10 Jahre.

Analysiert wurden die Daten von 3.469 Frauen mit 762 DFS-Ereignissen. Das mediane Alter lag bei 64 Jahren. Knapp 80% waren brusterhaltend operiert worden, bei 20% war eine Mastektomie durchgeführt worden. Rund 30% hatten eine adjuvante Chemotherapie erhalten, 80% waren bestrahlt worden. In den ersten 5 Jahren hatten 50,9% Tamoxifen, 41,6% Tamoxifen plus AI und 7,5% einen AI eingenommen. Die Studienpopulation beschrieb Gnant als „typische oder durchschnittliche postmenopausale Kohorte mit luminalem Mammakarzinom“.

Krankheitsfreies Überleben bei 2 und 5 Jahren Anastrozol-Behandlung ähnlich

Nach einem medianen Follow-Up von 106,2 Monaten war bei 378 Frauen in der 2-Jahres-Gruppe und bei 384 Frauen in der 5-Jahres-Gruppe ein DFS-Ereignis aufgetreten. Dies entspricht einer Hazard Ratio von 1,007 mit einem p-Wert von 0,925. „Insgesamt ist das eine negative Studie“, betonte Gnant.

Auch in allen untersuchten Subgruppen konnten keine signifikanten Unterschiede im krankheitsfreien Überleben bei über 2 oder 5 Jahre weitergeführter Anastrozoltherapie gesehen werden, auch bei Frauen, die ein erhöhtes Rezidivrisiko oder eine zusätzliche adjuvante Chemotherapie erhalten hatten.

 
Eine Verlängerung der Anastrozol-Behandlung um 5 Jahre führte zu vermehrten Nebenwirkungen wie Frakturen und sollte vermieden werden. Prof. Dr. Michael Gnant
 

Nach 10 Jahren lebten in der 2-Jahresgruppe noch 85,3% und in der 5-Jahresgruppe 84,9% der Frauen (HR: 1,007, p = 0,947), die Raten an kontralateralem Brustkrebs lagen bei 3,5% bzw. 3,9% (HR: 1,134; p = 0,562) und an sekundären primären Karzinomen bei 9,4 bzw. 10,5% (HR: 1,094; p-Wert 0,477).

Die Therapieadhärenz war – wenig überraschend – in der 5-Jahresgruppe schlechter, hier brachen 40,6% vorzeitig die Behandlung ab, während es in der 2-Jahresgruppe 24,3% waren. Interessanterweise war die Adhärenz bei Patientinnen, die eine Chemotherapie erhalten oder zuvor Aromatase-Inhibitoren eingenommen hatten, eher besser. „Eventuell kann dies damit erklärt werden, dass diesen Frauen das Risiko eines Rezidivs bewusster ist“, erläuterte der Wiener Chirurg.

Eine exploratische Analyse mit den adhärenten Patienten ergab jedoch ebenfalls keine Unterschiede im krankheitsfreien Überleben und den sekundären Endpunkten bei 2- und 5-jähriger Anastrozol-Einnahme. „Dies unterstützt den Wert der Gesamtbotschaft dieser Studie“, betonte Gnant.

„Es gibt jedoch einen Unterschied zwischen den beiden Gruppen, und dies ist bei den Knochenbrüchen der Fall.“ Knochenbrüche waren in den Jahren 3 bis 5 der Anastrozoleinnahme wahrscheinlicher als in den ersten beiden Jahren. Frakturen waren nach 5 Jahren bei 4,7% der Frauen in der 2-Jahresgruppe und bei 6,3% in der 5-Jahresgruppe aufgetreten (HR: 1,353, p = 0,053).

Um Frauen unnötige unerwünschte Wirkungen zu ersparen, empfahl Gnant eine Begrenzung der adjuvanten endokrinen Therapie auf maximal 7 Jahre. Allerdings könne man nicht ausschließen, dass es Einzelfälle gäbe, die auch von einer längeren Behandlung profitieren könnten. Er hofft, dass künftig mit Hilfe von Biomarkern Patientinnen erkannt werden können, die von einer längeren endokrinen Therapie profitieren.

 

REFERENZEN:

1. San Antonio Breast Cancer Symposium 2017, 5. bis 9. Dezember 2017, San Antonio/USA

 

Kommentar

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