Früher Brustkrebs: Dosisintensivierung der adjuvanten Chemo erhöht deren Nutzen und senkt Rezidiv- und Sterberisiko

Dr. Susanne Heinzl

Interessenkonflikte

8. Dezember 2017

San Antonio – Wird die Dosisdichte einer adjuvanten Chemotherapie bei Frauen mit frühem Mammakarzinom erhöht, sinkt das Rezidiv- und das Sterberisiko im Vergleich zur Standardbehandlung, so das Ergebnis einer Metaanalyse der Early Breast Cancer Trialists' Collaborative Group. Prof. Dr. Richard Gray, Nuffield Department of Population Health an der Universität von Oxford, UK, stellte die Metaanalyse beim 40. San Antonio Breast Cancer Symposium (SABCS) vor [1].

Prof. Dr. Richard Gray

„Wir waren überrascht, wie stark und konsistent die Befunde der Metaanalyse waren“, so Gray bei einer Pressekonferenz während der Veranstaltung. Bei Frauen, die eine Chemotherapie alle 2 Wochen statt alle 3 Wochen erhielten, war das Risiko für ein Rezidiv um 17% und für Tod um 15% niedriger. Bei sequenzieller Gabe von Anthracyclinen und Taxanen war das Rezidivrisiko um 14% und das Sterberisiko um 13% geringer als bei gleichzeitiger Gabe der Chemotherapeutika.

Prof. Dr. Virginia Kaklamani, Leiterin des Breast Cancer Program UT Health San Antonio Cancer Center und Moderatorin der Pressekonferenz, wies darauf hin, dass mit der dosisdichten Chemotherapie die Behandlungsdauer von 6 auf 4 Monate verkürzt werden kann, so dass die Patientinnen dieses Vorgehen bevorzugen würden.

Prof. Dr. Virginia Kaklamani

„Wenn man eine Chemotherapie richtig einsetzt, kann man ihren Nutzen beträchtlich erhöhen. Auch wenn wir alle über neue Therapien wie Immuntherapie reden, bleibt die wichtigste Therapie, die ich meinen Patienten jeden Tag anbiete, immer noch die Chemotherapie, und ich mache lieber diese Chemotherapie besser und besser verträglich“, ergänzte sie.

Kürzere Therapieintervalle oder sequenzielle Gabe

Derzeit wird bei adjuvanter Chemotherapie eines Mammakarzinoms meist ein konventionelles Dosierungsschema mit 3-wöchentlicher Gabe eingesetzt. Die Anthracyclin- und Taxan-basierten Kombinationen reduzieren das Risiko für die Brustkrebs-bedingte Sterblichkeit um etwa ein Drittel. Ergebnisse zytokinetischer Modelle belegen jedoch, dass eine Steigerung der Dosisdichte die Wirksamkeit der Behandlung verbessern kann.

„Es gibt 3 Wege, die Dosisintensität, also die Dosierung in mg/m² pro Woche, zu erhöhen“, erläuterte Gray:

  • Zum einen ist dies eine Dosiserhöhung der Chemotherapeutika in jedem Zyklus, was aber die Wirksamkeit nicht verbessert und nur die Nebenwirkungsrate erhöht.

  • Weiterhin kann die Dosisintensität durch kürzere Therapieintervalle (dosisdichte Behandlung) erhöht werden, oder

  • die Dosisintensität kann durch eine sequenzielle Gabe der Zytostatika statt gleichzeitiger Applikation erhöht werden. Bei sequenzieller Gabe kann das einzelne Chemotherapeutikum höher dosiert werden bei akzeptablen Nebenwirkungen, damit steigt die Dosisintensität ebenfalls.

Diese Dosis-Intensivierungsstrategien sind in verschiedenen randomisierten Studien untersucht worden. Die dosisdichte (2-wöchentliche) Behandlung im Vergleich zur Standardtherapie (3-wöchenlich) mit den gleichen Chemotherapeutika in gleicher Dosierung war in 7 Studien und mit unterschiedlichen Chemotherapien in 5 Studien geprüft worden.

 
Wir waren überrascht, wie stark und konsistent die Befunde der Metaanalyse waren. Prof. Dr. Richard Gray
 

Eine sequenzielle Behandlung (3-wöchentlich) war im Vergleich zur gleichzeitigen Behandlung (3-wöchentlich) mit den gleichen Substanzen in 5 Studien und mit Unterschieden in den verwendeten Chemotherapeutika in einer Studie untersucht worden.

Darüber hinaus testeten 6 Studien eine 2-wöchentliche sequenzielle Therapie im Vergleich zu einer 3-wöchentlichen gleichzeitigen Gabe mit unterschiedlichen Chemotherapeutika.

Metaanalyse mit 25 Studien

Gray stellte nun in San Antonio eine Metaanalyse der Early Breast Cancer Trialists' Collaborative Group (EBCTCG) vor, in der die Gruppe anhand von 25 Studien mit 94% der in allen 31 Studien aufgenommenen Patienten Nutzen und Risiken einer dosisdichten Chemotherapie untersuchten. Primäre Endpunkte waren die Zeit bis zum Rezidiv und die Sterblichkeit an Brustkrebs.

Sowohl die Rezidivrate als auch die Sterblichkeit sanken bei 2-wöchentlicher Chemotherapie signifikant im Vergleich zur 3-wöchentlichen Gabe. Das relative Risiko für ein Rezidiv nahm um 17% ab (Rate Ratio [RR] = 0,83, p < 0,00001). Die 10-Jahressterblichkeit war bei 2-wöchentlicher Gabe 3,0 Prozentpunkte niedriger als bei dreiwöchentlicher Gabe (18,0% vs 21%: RR = 0,86, p = 0,0003). Auch das Gesamtüberleben war mit dosisdichter Chemotherapie besser (RR = 0,86, p = 0,003).

 
Wenn man eine Chemotherapie richtig einsetzt, kann man ihren Nutzen beträchtlich erhöhen. Prof. Dr. Virginia Kaklamani
 

Ähnliche Ergebnisse berichtete der britische Statistiker von der sequenziellen im Vergleich zur gleichzeitigen Chemotherapeutika-Gabe. Bei sequenzieller Therapie war das relative Rezidivrisiko um 14% geringer (RR = 0,86, p = 0,0001) und die 10-Jahres-Sterblichkeit an Brustkrebs war um 2,3 Prozentpunkte niedriger (19,2% vs 21,5%: RR = 0,87, p = 0,005). Das Gesamtüberleben war mit sequenzieller Therapie ebenfalls besser (RR = 0,85, p = 0,0008).

Die gepoolte Analyse aller 25 Studien ergab, dass eine Dosisintensivierung das Rezidivrisiko um 15% signifikant senkte und die 10-Jahres-Sterblichkeit um 2,7 Prozentpunkte verringerte.

Die Rezidivraten mit dosisdichter Chemotherapie waren bei Hormonrezeptor-positiven und Hormonrezeptor-negativen Frauen ähnlich gut gesenkt und unterschieden sich auch nicht in Abhängigkeit vom Alter, HER2-Status, nodalem Status, Tumorgröße und Tumorgrad. „Die Ergebnisse gelten also für die meisten Frauen, die eine Chemotherapie bei frühem Mammakarzinom erhalten“, so Gray.

 
Die Ergebnisse gelten also für die meisten Frauen, die eine Chemotherapie bei frühem Mammakarzinom erhalten. Prof. Dr. Richard Gray
 

Erfreulicherweise wurden trotz Dosisintensivierung nicht mehr unerwünschte Wirkungen gesehen, insbesondere wenn die Patientinnen gleichzeitig mit hämatopoetischen Wachstumsfaktoren behandelt worden waren. Die nicht durch das Mammakarzinom bedingte Sterblichkeit war bei zwei- und dreiwöchentlicher Chemotherapie ähnlich (RR = 0,93, p = 0,6) und bei sequenzieller Behandlung sogar niedriger als bei gleichzeitiger Gabe (RR = 0,73, p = 0,03).

Eine Einschränkung der Metaanalyse ist, dass die in den verschiedenen Studien eingesetzte Chemotherapie sich in der Dosierung, der Zahl der Zyklen und den verwendeten Chemotherapeutika unterschied. Deshalb ist es nach Aussage von Gray schwierig, auf der Basis dieser Untersuchung eine bestimmte dosisintensivierte Chemotherapie zu empfehlen.



REFERENZEN:

1. San Antonio Breast Cancer Symposium 2017, San Antonio/Texas, USA, 5. bis 9. Dezember 2017

Kommentar

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