Bessere Heilungschancen bei Kolorektal-Karzinomen durch Vollkorn-Kost? Kohortenstudien sprechen dafür

Ute Eppinger

Interessenkonflikte

16. November 2017

Eine ballaststoffreiche Ernährung und speziell Vollkorn-Produkte können bei Darmkrebs möglicherweise die Heilungschancen erhöhen. Das deutet eine in JAMA Oncology veröffentlichte Analyse von epidemiologischen Daten an [1]. Dr. Mingyang Song von der Clinical and Translational Epidemiology Unit des Massachusetts General Hospitals in Boston und Kollegen werteten 2 prospektive Beobachtungsstudien aus und fanden deutliche Assoziationen.

So lag die multivariable Hazard Ratio pro 5-g-Zunahme an Ballaststoffen pro Tag für die Darmkrebs-spezifische Mortalität bei 0,78 (95% KI 0,65-0,93; p = 0,006) und für die Gesamtmortalität bei 0,86 (95% KI 0,79-0,93; p < 0,001).

Bewerteten Song und Kollegen die Veränderung der Ballaststoffaufnahme vor und nach der Diagnose, so war jede tägliche 5-g-Zunahme an Fasern nach der Diagnose mit einer ähnlichen Verringerung der Sterblichkeit durch Dickdarmkrebs und der Gesamtmortalität verbunden: Sie ermittelten eine 18% geringere Darmkrebs-spezifische Mortalität (95% KI 7%-28%; p = 0,002) und eine 14% niedrigere Gesamtmortalität (95% KI 8%-19%; p < 0,001).

„Die Ergebnisse sind neu und spannend. Und die Studie ist gut gemacht“, kommentiert Prof. Dr. Jutta Hübner, Integrative Onkologie an der Klinik für Innere Medizin II in Jena, die Arbeit von Song und Kollegen. Auch wenn die von den Autoren untersuchten Studien epidemiologische Studien sind: „Die daraus gezogenen Schlussfolgerungen halte ich für richtig“, sagt Hübner.

Nützt ballaststoffreiche Kost auch nach der Darmkrebs-Diagnose?

Dass eine ballaststoffreiche Kost das Risiko, an Darmkrebs zu erkranken, senkt, konnten mehrere Studien belegen. Ob eine ballaststoffreiche Kost auch Patienten nützt, die bereits an Darmkrebs leiden, ist kaum untersucht worden. Die vorliegende Arbeit schließt diese Lücke.

 
Die Arbeit zeigt ja, dass es gute und nützliche Kohlenhydrate gibt: Vollkorn. Prof. Dr. Jutta Hübner
 

Die Wissenschaftler hatten 2 Studien ausgewertet: die Nurses' Health Study (n = 121.700; Krankenschwestern) und die Health Professionals Follow-up Study (n = 51.529; Angehörige von Gesundheitsberufen). 1.575 Studienteilnehmer hatten Darmkrebs-Erkrankungen der Stadien I bis III. Diese Patienten wurden in die aktuelle Studie aufgenommen.

Über einen validierten Fragebogen wurden die Probanden im Zeitraum zwischen 6 Monaten und 4 Jahren nach ihrer Diagnose befragt: dies jeweils nach ihrem Ballaststoff-Konsum und der Quelle der Ballaststoffe (Getreide, Obst, Gemüse). Von den 1.575 Teilnehmern waren 963 Frauen (61,1%); das Durchschnittsalter lag bei 68,6 Jahren.

 
Wird der Ballaststoff-Konsum nach der Diagnose erhöht, kann das offenbar zusätzliche Überlebensvorteile bringen. Dr. Mingyang Song
 

Darmkrebspatienten sollten ballaststoffreich essen – wenn sie es denn vertragen

Während einer medianen Nachbeobachtungszeit von 8 Jahren starben 773 der Probanden, 174 davon an Darmkrebs. Die 5-Jahres-Überlebensrate lag für Stadium I bei 83%, für Stadium II bei 82% und für Stadium III bei 72%. Die Wissenschaftler untersuchten die Todesfälle auf einen Zusammenhang mit der in den Fragebögen angegebenen Ernährungsweise.

Vollkorn könnte demnach einen protektiven Effekt haben: Die HR für die Darmkrebs-spezifische Sterblichkeit pro 5 g Zunahme an Getreidefasern in der Ernährung lag bei 0,67 (95% KI 0,50-0,90; p = 0,007) und für die Gesamtmortalität bei 0,78 (95% KI 0,68-0,90; p < 0,001).

Auch die Aufnahme von Ballaststoffen aus Gemüse deutet auf eine verringerte Gesamtsterblichkeit hin (HR: 0,83; 95% KI 0,72-0,96; p = 0,009), bei der krebsspezifischen Mortalität war der Effekt allerdings nicht signifikant (HR: 0,82; 95% KI 0,60-1,13; p = 0,22). Für Ballaststoffe aus Früchten fanden die Wissenschaftler keine Assoziation.

Die Studienergebnisse könnten ein wenig dem derzeitigen Trend `Kohlenhydrate sind schlecht´ entgegenwirken, meint Hübner: „Die Arbeit zeigt ja, dass es gute und nützliche Kohlenhydrate gibt: Vollkorn.“

 
Patienten, die an Darmkrebs leiden, sollte eine ballaststoffreiche Ernährung empfohlen werden. Prof. Dr. Jutta Hübner
 

„Eine höhere Ballaststoff-Zufuhr nach der Diagnose des nicht-metastasierten Kolonkarzinoms ist mit einer niedrigeren spezifischen und allgemeinen Mortalität verbunden. Wird der Ballaststoff-Konsum nach der Diagnose erhöht, kann das offenbar zusätzliche Überlebensvorteile bringen“, fasst Song zusammen.

Hübner befürwortet deshalb bei Darmkrebs eine ballaststoffreiche Kost: „Patienten, die an Darmkrebs leiden, sollte eine ballaststoffreiche Ernährung empfohlen werden. Ich rate allerdings, das individuell zu entscheiden und immer davon abhängig zu machen, ob der Patient eine ballaststoffreiche Kost auch verträgt.“



REFERENZEN
:

1. Song M, et al: JAMA Oncol. (online) 2. November 2017

 

Kommentar

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