Erkranken Kinder an Krebs, setzen Eltern und Ärzte alle Hebel für eine gute Therapie in Bewegung. Ältere Menschen haben oft ein großes soziales Umfeld und kennen das Gesundheitssystem. Doch was ist, wenn der Krebs mit 19 oder 29 Jahren auftritt – mitten im Studium, in der Ausbildung oder mit kleinen Kindern? Wie verbreitet Krebs unter jungen Erwachsenen ist und um welche Entitäten es sich dabei handelt, das hat jetzt eine Studie in Lancet Oncology untersucht [1]. Die Arbeit ist die erste Studie, die die globale Belastung durch Krebserkrankungen bei jungen Erwachsenen für die angegebene Zeit und Altersgruppe untersucht.
Dr. Miranda Fidler von der Sektion für Cancer Surveillance der International Agency for Research on Cancer (IARC) in Lyon und ihre Kollegen haben Daten der Internationalen Agentur für Krebsforschung GLOBOCAN 2012 ausgewertet. Sie fanden heraus, dass im Jahr 2012 weltweit 975.396 Krebs-Neuerkrankungen und 358.392 krebsbedingte Todesfälle unter jungen Erwachsenen auftraten. Das entspricht einer altersstandardisierten Rate (ASR) von 43,3 Neuerkrankungen pro 100.000 Menschen und Jahr und 15,9 krebsassoziierten Todesfällen pro 100.000 Menschen und Jahr.
Eine Krebsdiagnose ist besonders für Patienten im Alter von 18 bis 39 Jahren ein gravierender Einschnitt in die gesamte Lebens- und Zukunftsplanung: „Bis heute wurde die Krebsbelastung bei jungen Erwachsenen nur selten eingehend untersucht“, schreibt Fidler. Studienziel war deshalb, das Ausmaß der Krebsinzidenz und -sterblichkeit bei 20- bis 39-Jährigen weltweit zu beschreiben – nach Alter, Geschlecht, Entwicklungsstand und geografischer Region.
Frauen stärker belastet
Die Ergebnisse zeigen, dass Frauen überproportional höher belastet sind. Bei allen Krebsarten – mit Ausnahme des weißen Hautkrebses – waren junge Frauen häufiger erkrankt als Männer: Die altersstandardisierte Rate bei den Neuerkrankungen lag bei 57,0 vs. 30,1 pro 100.000 Menschen und Jahr.
Unter den Neuerkrankungen bei jungen Erwachsenen traten folgende Krebsarten am häufigsten auf:
weiblicher Brustkrebs,
Gebärmutterhalskrebs,
Schilddrüsenkrebs,
Leukämie und
kolorektale Karzinome.
Die häufigsten Krebsarten, an denen die Patienten starben, waren:
weiblicher Brustkrebs,
Leberkrebs,
Leukämie und
Gebärmutterhalskrebs.
Auch hier waren junge Frauen stärker betroffen: Bezogen auf alle Krebsarten mit Ausnahme des weißen Hautkrebses lag die ASR für junge Männer bei 15,9 und für junge Frauen bei 17,5.
Gemessen nach Entwicklungsstand und geografischer Region variierte das Krebsprofil erheblich; in der Regel war die Belastung durch infektionsassoziierte Krebserkrankungen während der Transition (der Übergangszeit vom Jugendlichen zum Erwachsenenalter) höher.
Fidler und ihre Kollegen verglichen die Krebsinzidenz auch anhand von 4 Stufen des Human Development Index (HDI; gering, medium, hoch, sehr hoch), der ein zusammengesetzter Wohlstands-Indikator aus Lebenserwartung, Bildung und Bruttonationaleinkommen ist. Dabei zeigte sich, dass die Krebsinzidenz in Regionen mit sehr hohem HDI höher war im Vergleich zu Regionen mit niedrigem HDI (ASR 64,5 vs. 46,2).
Allerdings war die Mortalitätsrate in Regionen mit niedrigem HDI 3-mal höher (ASR 25,4 vs. 9,2 krebsbedingte Todesfälle), was auf Unterschiede in den Krankheitsverläufen und auf schlechtere Therapiemöglichkeiten und Behandlungsergebnisse zurückzuführen ist.
Knapp 3 Prozent der Krebs-Neuerkrankungen entfallen auf junge Erwachsene
Der Stiftung „Junge Erwachsene mit Krebs“ liegen Zahlen für Deutschland vor. Danach erkranken in Deutschland jährlich rund 15.000 Menschen im Alter von 18 bis 39 Jahren an Krebs. Bei insgesamt rund 480.000 neuen Krebserkrankungen jährlich sind das knapp 3%.
Hautkrebs, Gebärmutterhalskrebs, Hodenkrebs, Brustkrebs, Sarkome und das Hodgkin-Lymphom gehören bei jungen Erwachsenen zu den häufigsten Krebserkrankungen. Die Heilungsrate ist gut, rund 80% überstehen die Krankheit. Allerdings gebe es erst wenige Studien zu den Langzeitfolgen erfolgreicher Therapien bei Menschen zwischen 18 und 39 Jahren.
„Obwohl die Krebsbelastung in dieser Altersgruppe geringer ist als in älteren Gruppen, sind die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Auswirkungen angesichts der großen Auswirkungen auf vorzeitige Morbidität und Mortalität nach wie vor hoch. Gezielte Überwachung, Prävention und Behandlung sind notwendig, um die Krebsbelastung in dieser unterversorgten Altersgruppe zu verringern“, fasst Fidler die Studienergebnisse zusammen.
„Durch kontinuierliche Überwachung, Impfung, Früherkennungsprogramme und kurative Behandlungen kann die Krebsbelastung in dieser unterversorgten Altersgruppe reduziert werden“, fügt sie hinzu.
REFERENZEN:
1. Fidler MM, et al: Lancet Oncol (online) 27. Oktober 2017
Medscape Nachrichten © 2017 WebMD, LLC
Diesen Artikel so zitieren: Erste bevölkerungsbezogene Studie zeigt Häufigkeit von Krebs bei jungen Erwachsenen – Frauen häufiger erkrankt - Medscape - 7. Nov 2017.
Kommentar