Der oral applizierbare Januskinase-Inhibitor Tofacitinib könnte eine zusätzliche Option für die Behandlung von Patienten mit Psoriasisarthritis werden. Er erwies sich in einer von Prof. Dr. Dafna Gladman und Kollegen, Universität von Toronto, Kanada, im New England Journal of Medicine publizierten Phase-3-Studie über 6 Monate bei Patienten mit Psoriasisarthritis, die auf einen TNF-Hemmer nicht ausreichend angesprochen hatten, wirksamer als Placebo [1].
Eine Arbeitsgruppe um Prof. Dr. Philip Mease, Seattle Rheumatology Associates, Seattle, publizierte in der gleichen Ausgabe Ergebnisse einer weiteren Phase-3-Studie, in der sich Tofacitinib bei Patienten mit nach 3 Monaten gegenüber Placebo als überlegen und als ähnlich wirksam wie Adalimumab erwiesen hat [2].
„Vergleiche von Tofacitinib mit anderen biologischen DMARDs werden über seinen Platz im therapeutischen Algorithmus der Psoriasisarthritis entscheiden“, kommentierten Dr. Robert A. Colbert und Dr. Michael M. Ward vom National Institute of Arthritis and Musculoskeletal and Skin Diseases, NIH, Bethesda, Maryland, im begleitenden Editorial die Ergebnisse [3].
Wie alle biologischen DMARDs habe auch Tofacitinib immunsuppressive Effekte, aber „Tofacitinib scheint ein erhöhtes Risiko für eine Herpes-zoster-Infektion zu haben“. Unklar seien bislang auch die Langzeitfolgen von Änderungen im Lipidstoffwechsel, die mit Tofacitinib beobachtet wurden.
Therapiemöglichkeiten bei Psoriasisarthritis
Eine entzündliche Gelenkerkrankung entwickelt sich bei etwa 30% der Patienten mit einer Psoriasis. Sie kann die Lebensqualität der Patienten erheblich beeinträchtigen. Therapiert wird zunächst mit NSAR und Glukokortikoiden. Bei anhaltenden Beschwerden empfiehlt die European League Against Rheumatism (EULAR) eine Basistherapie mit Methotrexat oder einem anderen krankheitsmodifizierenden Antirheumatikum (DMARD) wie Leflunomid.
Bei nicht ausreichendem Ansprechen auf konventionelle DMARDs werden biologische DMARDs wie TNF-Blocker, IL-12/23-Blocker wie Ustekinumab, IL-17-Blocker wie Secukinumab oder der Phospho-Diesterase-Hemmer Apremilast eingesetzt. Verschiedene neuere Biologika befinden sich in klinischer Prüfung bei der Psoriasisarthritis, so auch der Januskinase-Inhibitor Tofacitinib, von dem aktuell nun die 2 randomisierten Phase-3-Studien publiziert worden sind.
OPAL Broaden: Tofacitinib versus Placebo und versus Adalimumab
In die über 12 Monate dauernde doppelblinde Studie OPAL Broaden (Oral Psoriatic Arthritis Trial) wurden 422 Patienten eingeschlossen, deren Psoriasisarthritis unzureichend auf eine Therapie mit DMARD angesprochen hatte. Randomisiert erhielten sie:
Tofacitinib (5 mg 2-mal täglich, n = 107),
Tofacitinib 10 mg 2-mal täglich, n = 104),
Adalimumab 40 mg s.c. alle 2 Wochen (n = 106)
oder Placebo mit einem verblindeten Wechsel auf Tofacitinib (5 mg 2-mal täglich, n = 52 oder 10 mg 2-mal täglich, n = 53) nach 3 Monaten.
Die Placebo-Gruppen wurden bis Monat 3 für die Analyse gepoolt. Primäre Endpunkte waren das ACR(American College of Rheumatology )-20-Ansprechen (sowie Änderungen in der Lebensqualität in Monat 3. ACR-20 ist definiert al seine mindestens 20%ige Verbesserung bei der Zahl der geschwollenen Gelenke und bei mindestens 3 von 5 weiteren Kriterien.
Tofacitinib und Adalimumab ähnlich wirksam
Die ACR-20-Kriterien erfüllten unter Tofacitinib 5 mg 50%, unter Tofacitinib 10 mg 61% und unter Placebo 33% der Patienten. Der Unterschied war mit einem p-Wert von 0,01 für die 5-mg-Dosierung und von 0,001 für die 10-mg-Dosierung signifikant.
Unter Adalimumab erreichten 52% der Patienten ein ACR-20-Ansprechen. Tofacitinib und Adalimumab waren also ähnlich wirksam, ein Test auf Nichtunterlegenheit oder Überlegenheit war in der Studie aber nicht geplant.
Die Lebensqualität, gemessen mit dem Health Assessment Questionnaire-Disability Index (HAQ-DI), besserte sich um 0,35 Scorepunkte unter 5 mg Tofacitinib, um 0,40 Scorepunkte unter 10 mg Tofacitinib. Dies war jeweils signifikant im Vergleich zu Placebo (Verbesserung um0,18 Scorepunkte). Die Lebensqualitätsverbesserung unter Adalimumab war mit 0,38 Scorepunkten ähnlich wie mit dem JAK-Hemmer.
Röntgenologisch war eine Progression der Erkrankung nach 12 Monaten bei den mit Tofacitinib behandelten Patienten selten zu beobachten. Die Progressionsrate war mit 4 bis 5% ähnlich wie bei Behandlung mit Adalimumab mit 2%. Weil Placebo nur über 3 Monate verwendet wurde, lieferte die Studie keinen direkten Beweis für die Wirkung des JAK-Hemmers auf die Progression der Gelenkzerstörung.
Auch in der Verträglichkeit war Tofacitinib mit Adalimumab vergleichbar. Nasopharyngitis, Infektionen der oberen Atemwege und Kopfschmerzen waren die häufigste unerwünschte Wirkung bei beiden biologischen DMARDs. Allerdings erkrankten während der Therapie mit Tofacitinib 4 Patienten an Krebs, 3 an schweren Infektionen und 4 an einem Herpes zoster. Ein Patient, der von Placebo auf Tofacitinib gewechselt hatte, starb an einem Herzstillstand in Monat 4.
OPAL Beyond bei Nichtansprechen auf TNF-Blocker
Gladman und ihre Kollegen schlossen in die über 6 Monate laufende Phase-3-Studie OPAL Beyond 395 Patienten mit Psoriasisarthritis ein, die auf eine vorhergehende Behandlung mit einem TNF-Inhibitor nicht ausreichend angesprochen hatten. Wie in der OPAL-Broaden-Studie wurden 4 Regime randomisiert untersucht:
Tofacitinib 5 mg 2-mal täglich (n = 132)
Tofacitinib 10 mg 2-mal täglich (n = 132)
Placebo mit Wechsel auf Tofacitinib 5 mg 2-mal täglich nach 3 Monaten (n = 66)
Placebo mit Wechsel auf Tofacitinib 10 mg 2-mal täglich nach 3 Monaten (n = 65)
Die Placebogruppen wurden bis Monat 3 für die Analyse gepoolt. Primäre Endpunkte waren wie in der OPAL-Broaden-Studie das ACR-20-Ansprechen sowie Änderungen in der Lebensqualität in Monat 3.
Ein ACR-20-Ansprechen erreichten unter Tofacitinib 5 mg 50%, unter Tofacitinib 10 mg 47% und unter Placebo 24% der Patienten (p < 0,001 für beide Vergleiche). Der HAQ-DI besserte sich um 0,39 Scorepunkte unter 5 mg Tofacitinib, um 0,35 Scorepunkte unter 10 mg Tofacitinib jeweils signifikant im Vergleich zu Placebo (Verbesserung um 0,14 Scorepunkte).
Im Verlauf von 6 Monaten wurden 4 schwere Infektionen, 3 Herpes-zoster-Infektionen, 1 Herzinfarkt und 1 ischämischer Schlaganfall bei Patienten, die ständig Tofacitinib einnahmen, registriert.
Tofacitinib als weitere Therapieoption
Die Kommentatoren errechnen, dass die NNT in der OPAL-Broaden-Studie für ein ACR-20-Ansprechen mit Tofacitinib 5 mg 2-mal täglich bei 5,8 lag, in der OPAL-Beyond-Studie bei 3,9. Aus den zulassungsrelevanten Studien ergaben sich für Ustekinumab NNT-Werte von 3,8 und 4,4, für Secukinumab von 3,0 und 2,6.
Sie vermuten, dass Tofacitinib damit seinen Platz neben TNF-Blockern und Phosphodiesterase-Hemmern finden könnte. „Obwohl mehr Head-to-Head-Vergleiche hilfreich sein werden, müssen auch weitere Faktoren wie Kosten, Bequemlichkeit der Anwendung, Sicherheit und das Ausmaß der Hauterkrankung in die Überlegungen zur Behandlung der Patienten mit einbezogen werden“, so die Kommentatoren.
Das Arthritis Advisory Committee der FDA hat vor kurzem empfohlen, Tofacitinib für die Behandlung der Psoriasisarthritis zuzulassen mit der Einschränkung, dass bislang kein Effekt auf die radiologisch nachgewiesene Progression belegt ist.
REFERENZEN:
1. Gladman D, et al: NEJM 2017;377:15-25-36
2. Mease P, et al: EJM 2017;377:1537-50
3. Colbert RA, et al: NEJM 2017;377:1582-84
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Diesen Artikel so zitieren: Neuer Mitspieler: Bei Psoriasisarthritis erweist sich der JAK-Hemmer Tofacitinib in 2 Phase-3-Studien als wirksam - Medscape - 2. Nov 2017.
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