DNA-Vakzine in Phase 1 erfolgreich: Die Zika-Epidemie als Chance, neue Technologien für Impfstoffe zu erproben

Michael van den Heuvel

Interessenkonflikte

24. Oktober 2017

Ein DNA-basierter Zika-Impfstoff induziert im Menschen die Bildung spezifischer Antikörper. Die Vakzine erwies sich als sicher und verträglich. Zu diesen Ergebnissen kommt Dr. Pablo Tebas, Forscher an der Perelman School of Medicine, University of Pennsylvania, USA, auf Basis einer Phase-1-Studie [1].

Dass gerade jetzt ein DNA-Impfstoff untersucht wird, erstaunt Dr. Thomas Jänisch nicht wirklich. Er ist Arzt an der Sektion Klinische Tropenmedizin am Universitätsklinikum Heidelberg und Leiter des Bereichs „Kohorten und klinische Forschung“ in einem von der EU geförderten multizentrischen Forschungsprojekt zu Zika-Infektionen.

Im Gespräch mit Medscape bewertet er die vorliegende Studie zwar als „methodisch ernstzunehmend“, räumt aber ein: „Momentan nutzen Impfstoffhersteller die Zika-Epidemie als Chance, neue Technologien zu erproben.“ Er sieht die Untersuchung von Tebas auch als „Testlauf, eine Plattform zur Herstellung von DNA-Vakzinen zu etablieren“.

Gleichzeitig merkt der Experte an: „Wir haben die Epidemie an vielen Orten schon fast verpasst, so dass die nächsten Phasen von großen Studien zur Evaluierung der Impfung in der Bevölkerung immer schwieriger sein werden. Wenn es aber kaum noch Infektionen gibt, was gut für die Bevölkerung ist, kann die Schutzrate eines neuen Impfstoffs nicht mehr evaluiert werden.“

 
Momentan nutzen Impfstoffhersteller die Zika-Epidemie als Chance, neue Technologien zu erproben. Dr. Thomas Jänisch
 

Zusätzlich zu den DNA-Impfstoffen sind derzeit auch lange erprobte Technologien wie Subunit-Impfstoffe oder attenuierte Lebendimpfstoffe in der Entwicklung. „Im Mai 2017 befanden sich laut WHO 47 unterschiedliche Impfstoffe in der Pipeline“, berichtet Jänisch. „Bei der Familie der Flaviviren mit Gelbfieber, Dengue, FSME, Japanischer Enzephalitis und auch Zika sind bislang Lebendimpfstoffe oder Spaltimpfstoffe erfolgreiche Modelle, auf die man zurückgreifen kann.“

Allerdings gibt es bei Zika die Besonderheit, dass ein Impfstoff vor allem auch für Schwangere zugelassen sein sollte. „Das Problem ist, dass Schwangere keinen Lebendimpfstoff, sondern nur Totimpfstoffe bekommen können.“ 

Keine schwerwiegenden Nebenwirkungen bei den 40 Probanden

Infektionen mit dem Zika-Virus laufen bei gesunden Erwachsenen meist selbstlimitierend ab. Komplikationen wie angeborene Geburtsfehler und das Guillain-Barré-Syndrom zeigen jedoch den Bedarf an Impfstoffen.

Tebas und Kollegen haben die Sicherheit und Immunogenität von GLS-5700 untersucht. Die synthetischen DNA-Vakzine kommt aus den Labors von Inovio Pharmaceuticals bzw. GeneOne Life Sciences. Im Gegensatz zu herkömmlichen Impfstoffen mit viralen Hüllproteinen besteht GLS-5700 aus synthetisch hergestellten Abschnitten des Zika-Virus-Genoms in einem Plasmid. Die Gene codieren für ein Prämembranprotein und ein Hüllprotein.

Für seine Studie rekrutierte Tebas 40 Probanden. Das mittlere Alter lag bei 38 Jahren. 60% waren Frauen, 78% waren weiß und 22% waren Afroamerikaner. Alle Teilnehmer erhielten entweder 1 mg oder 2 mg Impfstoff über eine intradermale Injektion, gefolgt von einer Elektroporation. Über gepulste elektrische Felder an der Injektionsstelle soll gewährleistet werden, dass DNA-Moleküle tatsächlich in Zellen gelangen.

Dieses Prozedere wurde nach 4 und 12 Wochen wiederholt. Schwerwiegende Nebenwirkungen traten nicht auf. Bei 50% der Teilnehmer kam es zu lokalen Reaktionen wie Rötungen, Schwellungen oder Juckreiz.

Bindende Antikörper bei allen Probanden

„Jeder Proband hatte danach bindende Antikörper im Blut“, berichtet Tebas. Dies sei auf Basis von ELISA-Tests nachgewiesen worden. Neutralisierende Antikörper fand der Wissenschaftler bei 62% auf Basis eines Assays mit Vero-Zellen. In Assays mit neuronalen Zellen zeigte sich bei 70% aller Serumproben eine 90%ige Inhibition von Zika-Viren und bei 95% aller Proben wurden Viren um mindestens 50% gehemmt. 

 
Die Technik, DNA-Impfstoffe herzustellen, führt vergleichsweise schnell zu Resultaten. Dr. Pablo Tebas
 

Anschließend untersuchte der Forscher, ob diese Antikörper auch in vivo gegen Infektionen mit dem Zika-Virus wirksam sind. „Als wir transgenen Mäusen Serum von infizierten Personen vor der Impfung gaben, waren die Tiere nicht geschützt“, so Tebas. „Die Mäuse sind nach einer Infektion mit dem Zika-Virus gestorben.“ Serum-Injektionen von geimpften Personen machten alle Versuchstiere immunkompetent. Sie überlebten die Infektion. 

Schnellere Resultate mit DNA-Impfstoffen

Tebas weist noch auf einen anderen Aspekt hin: „Die Technik, DNA-Impfstoffe herzustellen, führt vergleichsweise schnell zu Resultaten.“ Zwischen ersten Synthesen im Labor und dem Start der klinischen Studie seien nur 7 Monate vergangen.

Bei Impfstoffen auf Proteinbasis sind der wissenschaftliche und der finanzielle Aufwand weitaus größer. Deshalb überrascht es nicht, dass sich Firmen aus konventionellen Impfstoff-Projekten zurückziehen. Vor wenigen Wochen gab Sanofi bekannt, die Entwicklung zweier Impfstoffen gegen das Zika-Virus einzustellen. Zur Begründung nannte das französische Unternehmen rückläufige Neuinfektionen und weniger staatliche Förderungen in den USA.

Die weltweite Suche nach Vakzinen geht trotzdem weiter. Wie das National Institute of Allergy and Infectious Diseases (NIAID) berichtet, befinden sich aber mehrere Kandidaten in der Pipeline. Dazu gehören neben DNA-Impfstoffen attenuierte beziehungsweise inaktivierte Zika-Viren.

Per Gen-Silencing (Gen-Stilllegung) wird ebenfalls versucht, die virale Replikation zu unterbinden. Mehrere Kandidaten befinden sich derzeit in Phase-1-Studien, eine DNA-basierte Vakzine ist sogar schon in Phase 2 angelangt. NIAID-Experten erwarten in weniger als 12 Monaten einen Durchbruch.



REFERENZEN:

1. Tebas B, et al: NEJM (online) 4. Oktober 2017

Kommentar

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