Superfood Açaí-Beere: Brasilianische Forscher warnen vor oraler Übertragung der Chagas-Krankheit

Teresa Santos, Dr. Ilana Polistchuck

Interessenkonflikte

19. Oktober 2017

Zwischen 100 und 150 neue Fälle der Chagas-Krankheit werden jedes Jahr in Brasilien gemeldet, die meisten Ausbrüche stehen mit dem Konsum bestimmter Lebensmittel im Zusammenhang. Obwohl die Bestätigung von Lebensmitteln als Ursache für die Krankheit noch immer eine Herausforderung ist, beginnen neue Methoden dieses Szenario zu verändern.

Bei einem Symposium anlässlich der „20th Brazilian Conference on Infectious Disease“ in Rio de Janeiro erinnerte Dr. Maria Aparecida Shikanai Yasuda von der Universität São Paulo daran, dass es eine auf quantitativer Echtzeit-PCR basierende Methode gibt, die es erlaubt, den Erreger Trypanossoma cruzi in Lebensmitteln wie Açaí-Beeren nachzuweisen.

Die Zahl der Chagas-Erkrankungen nimmt zwischen Juli und Dezember tendenziell zu. Es ist die trockene Jahreszeit in Brasilien, in der der Vektor von Trypanosoma cruzi, die Raubwanze Triatoma infestans, am stärksten verbreitet ist. Doch „die Zunahme des Açaí-Palmenhandels erfordert inzwischen eine ganzjährige Wachsamkeit“, sagte Aparecida Shikanai Yasuda.

Auch andere Lebensmittel dürfen nicht außer Acht gelassen werden, etwa die Bacaba (eine ebenfalls auf Palmen wachsende Frucht, deren Ursprung im Amazonasgebiet liegt), Palmherzen und Zuckerrohr. Sind diese Pflanzen erst einmal mit Parasiten oder Fäzes infiziert, können auch sie die Krankheit übertragen. In Kolumbien und Venezuela gab es Ausbrüche der Chagas-Krankheit, die mit dem Konsum kontaminierter Guaven-, Orangen- und Mandarinensäfte in Zusammenhang standen.

Aparecida Shikanai Yasuda zufolge ist „heutzutage die orale Übertragung der Chagas-Krankheit in ganz Lateinamerika Realität und nicht notwendigerweise nur in endemischen Gebieten.“

Merkmale oraler Übertragung

Der Verdacht auf orale Übertragung besteht, wenn klinische Anzeichen vorliegen und keine anderen Möglichkeiten der Übertragung bestehen. Klinische Anzeichen sind:

  • Schwellungen im Gesicht oder an den Gliedmaßen,

  • Exantheme,

  • Adenopathie,

  • Splenomegalie,

  • akute Herzkrankheit,

  • Blutungen,

  • Ikterus,

  • Chagom an der Einstichstelle.

Die Bestätigung der oralen Übertragung erfolgt durch eine direkte parasitologische Untersuchung und den Ausschluss anderer Übertragungsformen. Ein wichtiger Hinweis ist auch die gleichzeitige Erkrankung mehrerer Personen, zwischen denen es epidemiologische Links gibt, etwa ein bestimmtes Lebensmittel als Überträger der Infektion.

 
Heutzutage ist die orale Übertragung der Chagas-Krankheit in ganz Lateinamerika Realität und nicht notwendigerweise nur in endemischen Gebieten. Dr. Maria Aparecida Shikanai Yasuda
 

Der Inkubationszeitraum bei oraler Übertragung liegt zwischen 3 und 22 Tagen und ist damit länger als bei der Übertragung durch Insektenvektoren (4 bis 15 Tage), aber kürzer als bei der Übertragung über Blut (30 bis 112 Tage).

Eine In-vitro-Untersuchung von Açaí-Palmenmark zeigte, dass T. cruzi in diesem Lebensmittel unter verschiedensten Bedingungen überleben und seine Virulenz erhalten kann. Weder Kühlung noch Tiefkühlung sind ausreichend, um die Übertragung der Chagas-Krankheit über Lebensmittel zu verhindern. Açaí-Palmenmark für 20 Minuten über 43°C zu erhitzen, hat sich dagegen als effektiv erwiesen, um der Übertragung der Krankheit vorzubeugen.

Frauen im gebärfähigen Alter

Eines der Hauptprobleme von oral übertragenen Ausbrüchen der Chagas-Krankheit sei die Unvorhersehbarkeit, sagte Aparecida Shikanai Yasuda. Daten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zeigen, dass in Lateinamerika 8 bis 10 Millionen Menschen mit T. cruzi infiziert sind, davon 1,8 Millionen Frauen im gebärfähigen Alter (15 bis 44 Jahre).

Ein systematischer Review und eine Metaanalyse zeigten, dass 2010 insgesamt 34.629 schwangere Frauen in Brasilien mit T. cruzi infiziert waren. Zwischen 312 und 1073 Babys kamen mit einer angeborenen Fehlbildung zur Welt.

Laut Aparecida Shikanai Yasuda hängt die Übertragung des Erregers von der Mutter auf den Fetus von einigen Variablen ab, etwa dem Ausmaß der Parasitämie, dem Immunstatus der Mutter, dem Erregerstamm und plazentalen Faktoren.

Die Behandlung von Patienten mit akuter Chagas-Krankheit basiert gegenwärtig auf der Verabreichung von Benznidazol. „Das Problem im Moment ist, dass wir einfach nicht genug von dem Medikament für alle Patienten haben“, sagte Aparecida Shikanai Yasuda und betonte die Bedeutung der Chagas Disease Clinical Protocol and Therapeutic Guidelines (PCDT).

Übrigens: Weitergehende Informationen zur Chagas-Krankheit in Deutschland – sowohl für Ärzte als auch für Betroffene – finden sich im Internet auf den Seiten des Deutschen Chagas-Projektes.


Dieser Artikel wurde von Nadine Eckert aus www.medscape.com übersetzt und adaptiert.

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