Bei knapp 18% der Patienten, die sich einer laparoskopischen Antirefluxoperation unterziehen, kommt es innerhalb von 5 bis 6 Jahren zu einem Rezidiv der gastroösophagealen Refluxkrankheit (GERD), wie eine jüngst im JAMA publizierte Studie zeigt [1].
Für die Autoren um Dr. John Maret-Ouda vom Karolinska-Institut in Stockholm, Schweden, bedeutet dieses Ergebnis: „Die laparoskopische Antirefluxchirurgie ist mit einer relativ hohen Rate an GERD-Rezidiven assoziiert, die eine langfristige Behandlung erforderlich machen. Dies verringert den Nutzen dieser Operation.“
2 Deutsche Experten bewerten Rezidivrate anders
Prof. Dr. Karl-Hermann Fuchs, Chefarzt der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie am Agaplesion Markus Krankenhaus in Frankfurt am Main sieht diese negative Bewertung als nicht gerechtfertigt an: „Da die meisten Patienten auf Medikamente ansprechen, handelt es sich bei kritisch gestellter Operationsindikation bereits um eine echte Negativauslese von Patienten“, erklärt er. „Dass in dieser kleinen Negativgruppe die Erfolgsrate bei über 80% liegt, ist als sehr gutes Ergebnis anzusehen.“

Prof. Dr. Joachim Labenz
Und auch Prof. Dr. Joachim Labenz, Medizinischer Direktor des Diakonie-Klinikums Jung-Stilling in Siegen, zeigt sich im Gespräch mit Medscape zumindest nicht überrascht von den Ergebnissen der Studie: „Dass diese Operation oft nicht den lange anhaltenden Effekt hat, den man sich erhofft, haben auch schon frühere Studien gezeigt. Es entspricht absolut der klinischen Erfahrung und sollte Teil der Aufklärung des Patienten sein“, erklärt der Gastroenterologe.
Risikofaktoren erhöhen Rezidivrisiko
Maret-Ouda und sein Team untersuchten 2.655 schwedische Patienten, bei denen von 2005 bis 2014 einer laparoskopische Antirefluxoperation durchgeführt wurde. Nach dem Eingriff wurden sie median 5,6 Jahre nachbeobachtet. Bei 17,7% der Patienten kam der Reflux zurück, 83,6% mussten daraufhin langfristig mit Antirefluxmedikamenten – meist Protonenpumpeninhibitoren (PPI) oder H2-Rezeptorantagonisten – behandelt werden. 16,4% wurden erneut operiert.
Als Risikofaktoren für erneuten Reflux identifizierten die Autoren weibliches Geschlecht (22% vs 13,6% bei den Männern), höheres Alter (≥ 61 Jahre: 21,8%; ≤ 45 Jahre: 13,4%) und Begleiterkrankungen (Charlson-Komorbiditäts-Index ≥ 1: 22,4%; Charlson-Komorbiditäts-Index = 0: 15,7%).
Wie oft an der jeweiligen Klinik Antirefluxoperationen durchgeführt wurden, hatte keinen Einfluss auf das Rezidivrisiko. Dennoch rät Labenz: „Es ist ein schwieriger Eingriff in einem hochkomplizierten Bereich. Deshalb sollte diese Operation möglichst in spezialisierten Zentren durchgeführt werden.“
In der LOTUS-Studie etwa – einem Vergleich zwischen Fundoplicatio und Esomeprazol – hätten nur die besten Chirurgen Europas operiert. Im Ergebnis sei eine nur etwas bessere Rezidivrate herausgekommen. „In der populationsbasierten Studie von Maret-Ouda wird die gesamte Bandbreite der operativ tätigen Kollegen eines Landes abgebildet. Deshalb hätte ich im Vorhinein sogar eine höhere Rezidivrate erwartet“, sagt Labenz.
Schwaches Gewebe im Alter und bei Übergewicht
Neben der Expertise des Operateurs hängt der anhaltende Erfolg dieser Operation allerdings auch stark von der Ausgangssituation des Patienten ab: „Die Grunderkrankung ist neben der funktionellen Schwäche auch eine Gewebeschwäche am Hiatus und der phrenico-ösophagealen Membran. Man kann noch so sorgfältig nähen, wenn das Gewebe nachgibt, nützt das nichts.“ Die statistische Auffälligkeit bei den älteren Patienten sei deshalb nicht verwunderlich, bestätigt Labenz: „Das Bindegewebe wird mit zunehmendem Alter schlaffer und dann hält die Operation häufig nicht so gut.“
Bei der Fundoplicatio – der häufigsten Anti-Refluxoperation – wird der Magen um die Speiseröhre geschlagen. Diese Fundusmanschette komprimiert die Speiseröhre und verhindert den Rückfluss aus dem Magen in die Speiseröhre. Je besser die Nähte, mit denen die Manschette befestigt wird, im Gewebe verankert werden können, desto langanhaltender ist der Operationserfolg. Besonders leicht lösen sich die Nähte z.B. in fettdurchsetztem Gewebe. „Adipositas ist eine Begleiterkrankung, bei der diese Operation häufig von geringerem Erfolg geprägt ist“, so Fuchs.
Operation nur bei richtiger Indikation
„Die auch durch die Laienpresse gegangenen Nachrichten über mögliche Risiken einer langfristigen Behandlung mit PPI haben dazu geführt, dass heute deutlich häufiger diskutiert wird, ob eine Operation als Alternative zu PPI in Betracht kommt“, berichtet Labenz.
„Doch das Risiko einer PPI-Therapie ist bei gegebener Indikation immer geringer einzuschätzen als der Nutzen“, betont er. Für eine Operation als Alternative zur medikamentösen Therapie gebe es 3 Gründe: die Medikamente wirken bei nachgewiesener Refluxkrankheit nicht ausreichend, die Medikamente werden nicht vertragen oder der Patient will, insbesondere wenn er noch jung ist, nicht lebenslang Medikamente einnehmen. „In diesen Fällen ist es berechtigt, das Thema Operation zu diskutieren und intensiv über Nutzen und Risiken aufzuklären“, sagt Labenz. „Eine Heilung auf Dauer darf man dabei nicht versprechen.“
REFERENZEN:
1. Maret-Ouda J, et al: JAMA 2017;318(10):939-946
Medscape Nachrichten © 2017 WebMD, LLC
Diesen Artikel so zitieren: Unerwünschtes Comeback: Laparoskopische Anti-Reflux-OP lindert bei etwa jedem Fünften die Beschwerden nicht dauerhaft - Medscape - 5. Okt 2017.
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