Schweres Asthma: Tezepelumab senkt Exazerbationsrate in Phase 2 deutlich – „vielversprechendstes Biologikum“

Manuela Arand

Interessenkonflikte

20. September 2017

Mailand – Erstmals hat sich ein  TSLP-Antikörper bei schwerem, mit Standardtherapie nicht kontrollierbarem  Asthma in einer Phase-2-Studie bewährt: Tezepelumab senkte das  Exazerbationsrisiko signifikant, unabhängig vom Status diverser Biomarker wie  Eosinophilen-Zahl oder exhaliertem NO, berichtete Prof. Dr. Jonathan Corren, Universität Los Angeles, beim  Europäischen Pneumologiekongress [1,2].

„Neue Asthmatherapien werden  dringend gebraucht“, betonte der Allergologe. Er schätzt den Anteil von  Patienten mit mittelschwerem bis schwerem Asthma – definiert durch die  Therapie, die sie benötigen (GINA-Stufe 3 bis 5) – auf 50 bis 70%.

 
Die TSLP-Inhibition könnte auch Patienten mit schwerem Asthma nutzen, deren Erkrankung nicht Th2-getrieben ist. Prof. Dr. Jonathan Corren
 

Nicht alle lassen sich mit  hoch dosierten inhalativen Steroiden (ICS) und lang wirksamen  Bronchodilatatoren zufriedenstellend behandeln. Hier sieht der von internationalen  Experten erarbeitete GINA-Report den Einsatz von Biologika  vor. Bislang stehen gegen IgE und gegen Interleukin (IL)-5 gerichtete  Antikörper zur Verfügung.

Epithelzell-Zytokin mit breiter Immunwirkung

Das Zytokin TSLP (Thymic  Stromal Lymphopoietin) gilt als interessanter Ansatzpunkt für weitere  Biologika. Es wird von Epithelzellen gebildet und vermehrt ausgeschüttet, wenn  das Epithel mit Noxen oder Pathogenen in Kontakt kommt, aber auch als Reaktion  auf endogene proinflammatorische Reize. Entsprechend finden sich auch bei  Asthma erhöhte Spiegel; die Höhe korreliert mit der Schwere der  Atemwegserkrankung.

TSLP nimmt eine zentrale Rolle  weit oben in der Immunkaskade ein. Es reguliert die Typ-2 (T2)-Immunität, indem  es die Aktivität praktisch aller wichtiger Zelltypen beeinflusst: dendritische  Zellen und damit indirekt auch B-Zellen, Eosinophile, Basophile und  Neutrophile, Mastzellen und innate lymphoide Zellen.

Die Wirkung ist demnach viel  umfassender als die weiter unten in der Kaskade ansetzender Zytokine wie IL-4,  IL-5 oder IL-13 und deren Rezeptoren, ebenfalls Targets für Biologika beim  schweren Asthma.

Gegen TSLP wurde der  monoklonale humane IgG2-Antikörper Tezepelumab entwickelt und erfolgreich in  einer Proof-of-concept-Studie an Patienten mit leichtem atopischem Asthma erprobt, wo er die Früh-  und Spätreaktion nach Allergen-Provokation unterdrückte und die Th2-Biomarker  senkte.

 
Nebenwirkungsraten bewegten sich in unserer Studie auf Placeboniveau. Prof. Dr. Jonathan Corren
 

PATHWAY-Studie prüfte Tezepelumab bei schwerem Asthma

In der randomisierten, doppelblinden  Phase-2-Studie PATHWAY wurde Tezepelumab in 3 verschiedenen Dosierungen  (70 mg, 210 mg, 280 mg subkutan alle 4 Wochen) gegen Placebo  getestet.

Teilnehmer waren 604 Patienten  mit schwerem, unter ICS und lang wirksamen Beta1-Agonisten nicht kontrolliertem  Asthma, die im Vorjahr mindestens 2 mit oralen Steroiden behandelte oder eine  hospitalisierungsbedürftige Exazerbation durchgemacht hatten. Die Studie lief  über 52 Wochen.

Primärer Endpunkt war die  jährliche Rate an Asthma-Exazerbationen, die unter allen 3 Dosierungen des  Antikörpers hoch effektiv und ähnlich stark reduziert wurde, wie Corren  erklärte. Der Rückgang im Vergleich zu Placebo betrug zwischen 61 und 71% (p < 0,001  für alle).

Wirkung scheint unabhängig vom Biomarker-Status

Dabei spielte es für die  Wirksamkeit keine Rolle, ob die Eosinophilen-Zahl im Blut über oder unter 250 Zellen/µl lag, ob das exhalierte NO mit mehr oder weniger als 24 ppb (pa rts per  billion) gemessen wurde und ob der Th2-Status zu Beginn hoch oder niedrig war.

Letzteres ist Corren besonders  wichtig, deutet es doch darauf hin, dass das Wirkprinzip Anti-TSLP wesentlich  breiter einsetzbar sein könnte als die Anti-Interleukin-Antikörper oder  Anti-IgE: „Die Inhibition  von TSLP könnte auch Patienten mit schwerem Asthma nutzen, deren Erkrankung  nicht Th2-getrieben ist.“

Auch die Th2-Biomarker sanken unter  Tezepelumab deutlich. Die Eosinophilenzahl fiel dosisabhängig um bis zu 250  Zellen/µl, das exhalierte NO um bis 15 ppb, das Serum-IgE um rund  100 IU/ml. Begleitet wurde dies von einem signifikanten Anstieg der FEV1  um 110 bis 150 ml (p = 0,002 bis 0,022) und einem schnellen Anstieg der  Lebensqualität.

Natürlich werden  Sicherheitsbedenken laut, wenn man so weit oben in der Immunkaskade ansetzt.  Bisher scheint das jedoch unbegründet zu sein. „Die Nebenwirkungsraten bewegten sich in unserer Studie  auf Placeboniveau“, kommentierte Corren.

Sicherheit des Antikörpers muss weiter untersucht werden

Das würdigt auch Prof. Dr. Elizabeth Bel, Universität  Amsterdam, in einem die Publikation begleitenden Editorial [3]. Sie gibt jedoch  zu bedenken, dass die Zahl exponierter Patienten relativ klein und die  Therapiedauer kurz war.

 
Ich halte Tezepelumab für das derzeit breitest wirksame und vielversprechendste Biologikum für das persistierende unkontrollierte Asthma. Prof. Dr. Elizabeth Bel
 

„TSLP spielt eine Rolle bei  der Wirtsantwort auf Infektionen“, so Bel. In PATHWAY waren unter Tezepelumab 3  schwerwiegende Nebenwirkungen beobachtet worden, darunter eine Pneumonie und  ein Schlaganfall beim selben Patienten.

„Die Sicherheit von  Tezepelumab zu untermauern, ist prioritäre Aufgabe künftiger Studien“, betont  die Pneumologin. Nichtsdestotrotz hält sie den Anti-TSLP-Antikörper für „das derzeit breitest wirksame  und vielversprechendste Biologikum für das persistierende unkontrollierte  Asthma“.



REFERENZEN:

1. Kongress der European Respiratory  Society (ERS) 2017, 09. bis 13. September 2017, Mailand

2. Corren J, et al: NEJM (online) 07. September 2017

3. Bel EH, et al:  NEJM (online) 07. September 2017

Kommentar

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