Rheuma-Versorgung: Einführung der ambulanten interdisziplinären Behandlung verzögert sich – Zankapfel ist das Labor

Susanne Rytina

Interessenkonflikte

19. September 2017

Stuttgart – Dass  die ambulante spezialfachärztliche Versorgung (ASV) in der Rheumatologie kommen  wird, daran hat der Berufsverband Deutscher Rheumatologen (BDRh) keinen Zweifel.  Allerdings wird der Startschuss für die interdisziplinären Kernteams nicht vor  dem 2. Quartal 2018 fallen, sagte Dr. Edmund  Edelmann, Vorstandsmitglied im Berufsverband Deutscher Rheumatologen, bei  einem Rundtischgespräch auf dem 45. Kongress der Deutschen  Gesellschaft für Rheumatologie in Stuttgart [1]. Der Grund für die Verzögerung ist vor  allem der Streit um die Zuordnung des Labors.

Die ASV soll die rheumatologische  Patientenversorgung über die Sektorengrenzen hinaus verbessern. Kliniken und  Niedergelassene aus verschiedenen Disziplinen können in interdisziplinären Kernteams  kooperieren oder sich im eigenen Sektor mit anderen Fachärzten zusammenschließen.

Berufsverband:  Ohne Labor keine ASV!

Eigentlich war man schon auf der Zielgeraden, bis letztes  Jahr durchsickerte, dass der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) den  Rheumatologen in der ASV das Labor nicht zuordnen will – was zu einem Aufschrei  führte. „Ein Eintritt in  die ASV ohne Labor ist nicht möglich und wäre vor allem für Niedergelassene wirtschaftlich  schädlich“, betonte Edelmann. Neben den Honorareinbrüchen wäre dadurch  auch eine Verschlechterung der Patientenversorgung zu befürchten.

 
Ein Eintritt in die ASV ohne Labor ist nicht möglich und wäre vor allem für Niedergelassene wirtschaftlich schädlich. Dr. Edmund Edelmann
 

Beim G-BA habe es zunächst kaum Verständnis  gegeben, warum Rheumatologen sich nicht allein auf ärztliche Leistungen  konzentrierten, sagte er. Offensichtlich habe es sich auch um ein Missverständnis  gehandelt, meinte Edelmann. Einigen Akteuren sei nicht bewusst gewesen, dass  das Labor zur Weiterbildung und zur Kompetenz der Rheumatologen gehöre. Nachdem  der Berufsverband politisch aktiv geworden sei – bis hin zum Anschreiben an den  Bundesgesundheitsminister – werde nun das fachspezifische Labor neu verhandelt.

KBV  unterstützt Rheumatologen im G-BA

Anke Stahl von  der Kassenärztlichen  Bundesvereinigung (KBV) stellte aus ihrer Sicht den Sachstand im G-BA dar. Die KBV  habe wahrgenommen, dass die „Labor-Frage“ zu einer großen Verunsicherung  geführt habe. Das Speziallabor sei zunächst nicht den Rheumatologen zugeordnet  worden, weil es im G-BA einen Beschluss gebe, dass Laborleistungen prinzipiell  den Laborärzten bzw. den Mikrobiologen zugeordnet werden und keiner anderen  Facharztgruppe. Diesem Beschluss sei die KBV gefolgt, sagte Stahl.

Man könne aber inzwischen die Argumente der  Rheumatologen nachvollziehen, dass es neben der entsprechenden Qualifikation auch  für die Therapie Vorteile bringe, wenn die Laborergebnisse schnell und direkt vor  Ort vorliegen, so Stahl. Deshalb werde nun neu beraten und man werde den Wunsch  der Rheumatologen unterstützen, sicherte sie zu.

Mit oder ohne  orthopädische Rheumatologen?

Unstimmigkeiten gibt es auch noch in der Frage, wie  die interdisziplinären Kernteams zusammengesetzt sein sollen. Vorgesehen ist,  dass ein internistischer Rheumatologe als Teamleiter die unterschiedlichen  Disziplinen anleitet – Pneumologen, Nephrologen, Dermatologen und orthopädische  Rheumatologen.

Problematisch sei jedoch, dass es zu wenige orthopädische  Rheumatologen gebe, so Edelmann. Man habe sich daher für folgende Sonderregelung  eingesetzt: Falls es innerhalb einer Entfernung von 30 Minuten Fahrtzeit keinen  orthopädischen Rheumatologen gibt oder sich trotz ernsthaften Bemühens  innerhalb eines Zeitraums von mindestens 2 Monaten kein zur Kooperation bereiter  Partner findet, so solle dies den Eintritt in die ASV nicht verhindern. Das Team  könne dann auch ohne orthopädischen Rheumatologen an den Start gehen.

Ursula Faubel, Geschäftsführerin  des Deutschen Rheuma-Liga Bundesverbandes, wies jedoch darauf hin, dass auf  diesen Spezialisten wirklich nur ausnahmsweise verzichtet werden dürfe: „Wir  wollen, dass das Kernteam eine Versorgung auf hohem qualitativem Niveau  ermöglicht und dazu gehört aus unserer Sicht der orthopädische Rheumatologe.“

 
Die ASV biete die Chance bestimmte Versorgungsprobleme anzugehen, wie zum Beispiel ein zu später Zugang zur fachärztlichen Versorgung. Ursula Faubel
 

Insgesamt habe die ASV die volle Unterstützung der  Rheuma-Liga, auch wenn sie keine Lösung für alle Probleme sei. „Die ASV biete die Chance  bestimmte Versorgungsprobleme anzugehen, wie zum Beispiel ein zu später Zugang  zur fachärztlichen Versorgung“, so Faubel. Auch komme es immer wieder zu  unnötigen Krankenhauseinweisungen, weil im ambulanten Bereich nicht genügend  Kapazitäten vorhanden seien.

Bislang sei eine interdisziplinäre Versorgung für  den Patienten mit einem riesigen bürokratischen Aufwand verbunden, einem Haufen  Überweisungszetteln und viel Eigeninitiative. Die ASV biete die Chance auf  Versorgung an einem Ort von mehreren Seiten, sagte Faubel. Der Rheuma-Liga sei  es auch wichtig, dass Patienten mit Verdachtsdiagnosen einen Zugang zum System  bekommen und nicht nur Patienten mit schweren Verläufen, wie es ursprünglich  geplant gewesen sei.

Extrabudgetäre  Vergütung

Der Charme liege für Rheumatologen auch in der  Vergütung, hob Prof. Dr. Heinz-Jürgen  Lakomek, Vorsitzender des Verbands Rheumatologischer Akutkliniken (VRA), hervor.  Der VRA verhandelt mit dem Berufsverband seit einigen Jahren den ASV.

Es gebe keine Budgetgrenzen, da extrabudgetär  vergütet werde, betonte der Chefarzt  der Klinik für Rheumatologie, Physikalische Medizin und Geriatrie am  Johannes-Wesling-Klinikum in Minden. „Das  ASV-System kommt genau zur richtigen Zeit, es findet aktuell eine Revolution im  Gesundheitswesen statt, die zu einer verbesserten Behandlungsqualität führt“, sagte  er.

Man  rechne insgesamt damit, dass es 100 Krankenhausambulanzen im ASV-System geben  werde. Die deutsche Rheumatologie habe so die Chance, sichtbarer zu werden und  auch die Strukturen für ein auskömmliches System zu schaffen. Aus Sicht des  Krankenhaues werde es auch möglich, Teilzeitstellen im ASV-System für Ärzte  anzubieten „Lassen Sie uns diesen Weg gehen“, sagte er abschließend.



REFERENZEN:

1. 45. Kongress der Deutschen  Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) 6. bis 9. September 2017, Stuttgart

Kommentar

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