Barcelona – Neben seiner prognostischen Relevanz in der Herzinsuffizienz scheint der Eisenmangel auch beim akuten Myokardinfarkt eine Rolle zu spielen. Das ist die Botschaft einer epidemiologischen Proof-of-Concept-Studie, die bei der Jahrestagung der European Society of Cardiology (ESC) in Barcelona präsentiert worden ist [1].

Dr. Sarina Schäfer
„Eisenmangel war in unserer Studie – auch unabhängig von einer Anämie – ein Risikofaktor für Myokardinfarkt und kardiovaskulären Tod“, erklärte Erstautorin Dr. Sarina Schäfer, Kardiologin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, im Gespräch mit Medscape.
Patienten mit akutem Koronarsyndrom aus 2 Kliniken
Schäfer stellte die Daten der Proof-of-Concept-Studie AtheroGene in einem unabhängigen Symposium vor. Eingeschlossen waren 836 Patienten aus dem Universitätsklinikum Mainz und dem Bundeswehrkrankenhaus Koblenz, die dort in den Jahren 1999 oder 2000 mit einem ACS hospitalisiert worden waren. Ihr Durchschnittsalter betrug 63 Jahre; 76% waren Männer.
Kurz nach der Einlieferung wurden neben vielen anderen Laborwerten auch die Ferritinwerte, die Transferrinsättigung sowie die Plasma-Eisenspiegel der Patienten gemessen. Ein Ferritin-Wert unter 100 µg/l (oder ein Ferritin von 100 bis 299 µg/l, verbunden mit einer Transferrinsättigung unter 20%) wurde als Eisenmangel klassifiziert. Dieser fand sich bei 29,1% der Patienten.
Wenig überraschend war, dass Patienten, bei denen man auch eine Anämie – also einen niedrigen Hämoglobinwert – nachgewiesen hatte, mit noch größerer Wahrscheinlichkeit (42,5%) einen Eisenmangel hatten. Andererseits war die Assoziation zwischen Anämie und Eisenmangel jedoch nicht sehr stark.
Zudem war bei den wenigen Frauen in der Kohorte häufiger ein Eisenmangel nachweisbar (42,8%) als bei den Männern (24,7%), obwohl fast alle Frauen postmenopausal waren. Ob dem ACS eine Ein- oder Mehrgefäßerkrankung zugrunde lag, spielte dagegen keine Rolle für das Vorhandensein von Eisenmangel.
Outcome hängt offenbar direkt von der Eisenversorgung ab
Die Patienten wurden im Median 4,1 Jahre lang nachbeobachtet, dabei wurde primär nach kardiovaskulärem Tod und nicht-tödlichem Myokardinfarkt gefahndet. Bei insgesamt 111 Patienten (13,3%) trat eines dieser beiden Ereignisse ein.
In 2 Cox-Regressions-Analysen ermittelten Schäfer und Kollegen nun den Einfluss des Eisenmangels auf das Eintreten des primären Endpunktes. Dabei adjustierten sie im 1. Modell nach den klassischen Risikofaktoren: Alter und Geschlecht, Body-Mass-Index, Raucherstatus sowie Vorhandensein von Hypertonie, Diabetes mellitus und/oder Hyperlipidämie. Nach dieser Berechnung war das Risiko, den primären Endpunkt zu erleiden, bei den Patienten mit Eisenmangel auf das Anderthalbfache erhöht (Hazard Ratio: 1,52). Dies war signifikant (p = 0,037).
Im 2. Modell wurden zusätzlich noch der Hämoglobinwert als Marker für die Anämie, NT-proBNP als Marker für die linksventrikuläre Auswurffraktion sowie Tropinin I als Marker für die Ausdehnung des ischämischen Areals beim ACS berücksichtigt. Das Ergebnis wurde dadurch aber nicht abgeschwächt, im Gegenteil: Das Risiko, den primären Endpunkt zu erleiden, war nach diesem Modell sogar etwas deutlicher signifikant erhöht, wenn die Patienten einen Eisenmangel hatten (HR = 1,73; p = 0,026).
Folgestudie zur intravenösen Supplementierung läuft
Schäfer folgert daraus, dass der Eisenmangel bei ACS-Patienten nicht nur weit verbreitet ist, sondern offenbar auch ein unabhängiger Prädiktor für ein schlechtes Outcome im weiteren Verlauf. In eine bereits gestartete, doppelblinde, placebokontrollierte Folgestudie sollen 70 bis 300 Patienten mit ACS und Eisenmangel einbezogen werden.
Die Studie soll zeigen, ob sich das Risiko therapeutisch durch die intravenöse Gabe von Eisencarboxymaltose, wie sie bei Herzinsuffizienzpatienten bereits etabliert ist, positiv beeinflussen lässt. Die Ergebnisse werden für Mitte bis Ende 2019 erwartet.
Medscape Nachrichten © 2017 WebMD, LLC
Diesen Artikel so zitieren: Infarktpatienten: Bei Eisenmangel langfristig erhöhtes Risiko für erneuten Infarkt und Tod - Medscape - 18. Sep 2017.
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