Nicht nur bei der Bürgerversicherung sind sich die FDP [1], die Grünen [2] und die Linke [3] bei ihren gesundheitspolitischen Angeboten zur Wahl uneinig – Grüne und Linke erklären: „längst überfällig“; die FDP meint: auf gar keinen Fall. Auch für gesteigerte Krankenhaus-Investitionen bieten die Parteien verschiedene Lösungsansätze an.
Bei der Beurteilung des Masterplanes 2020, der künftig das Medizinstudium reformieren soll, ergeben sich aber auch Gemeinsamkeiten über die Parteigrenzen hinweg. Grüne und Linke können sich zudem Poliklinik-artige Strukturen vorstellen, um dem Landarztmangel entgegenzutreten. Ebenso fordern alle 3 Parteien mehr Geld für die Pflege und bessere Arbeitsbedingungen.
Aber bei der elektronischen Gesundheitskarte gehen die Meinungen weit auseinander. Die Linke will sie abschaffen, die Grünen wollen das Projekt fortführen, aber es mehr steuern, und den Freien Demokraten hat das Projekt die Sprache verschlagen. Sie gaben zur eGK gar keinen Kommentar ab.
Wie geht es weiter mit der Krankenhaus-Finanzierung?
Hier will die Linke Geld locker machen: „Wir wollen den Ländern für 10 Jahre für jeden Euro, den sie zusätzlich investieren, einen Euro obendrauf aus Bundesmitteln als Anreiz zur Verfügung stellen. Bis zu 2,5 Milliarden Euro haben wir dafür eingeplant“, schreibt die Partei auf Anfrage. Ansonsten setzt sie auf eine aktivere Krankenhausplanung der Länder.
Maria Klein-Schmeink, gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen, erklärt: „Länder und Kassen tragen gemeinsam die Investitionsfinanzierung. Im Gegenzug beteiligen sich die Kassen stärker an der Krankenhausplanung. Denkbar sind auch andere Varianten etwa unter Beteiligung des Bundes.“ Für ländliche Regionen sei auch die stärkere Öffnung der Krankenhäuser für ambulante Aufgaben notwendig.
Die FDP indessen spricht sich für größere Krankenhäuser aus, die dann auch medizintechnisch vorn liegen können. Damit liegt sie auf Linie mit den Grünen, die ebenfalls Zentrenbildung für sinnvoll halten. Die Chancen kleinerer Häuser sehen die Freien Demokraten tendenziell schwinden.
Woher sollen in Zukunft die Pflegenden in Heimen und Krankenhäusern kommen?
Wie die Grünen will auch die Linke die Pflegekräfte besser bezahlen, für bessere Arbeitsbedingungen sorgen und damit mehr Personal in Kliniken und Pflegeheime locken. Aber: Keine Pflegemigranten aus dem Ausland rekrutieren! Sie fehlten dann in ihren Heimatländern. Zugewanderte sollen aber kostenlose Umschulungen erhalten.
Das dürfte auch die FDP so sehen. Sie glaubt aber, das Pflegekräfte-Problem vor allem durch die Zuwanderung qualifizierter Kräfte lösen zu können.
Die Grünen werden konkreter: Sie wollen als Sofortmaßnahme ein Investitionsprogramm für 25.000 zusätzliche Pflegestellen in Krankenhäusern auflegen und Regelungen zur Personalausstattung in der Pflege schaffen, die sich am tatsächlichen Bedarf orientieren.
Bürgerversicherung: Längst überfällig oder Katastrophe für die Versicherten und Niedergelassenen?
Hier gehen die Meinungen der 3 Parteien naturgemäß auseinander. Grüne und Linke fordern die Bürgerversicherung, die FDP lehnt sie ab. Eine Einheitsversicherung werde den Arztpraxen Geld entziehen und das Niveau der Versorgung nicht heben, ist die FDP überzeugt. Die derzeit gute und dichte Praxislandschaft würde durch eine Bürgerversicherung sterben.
Anders die Linke und die Grünen: Beide halten die Bürgerversicherung für „überfällig“. „Wir streben eine einheitliche Honorarordnung an, die die Honorarsumme unverändert belässt. Dies kann die Versorgung nur verbessern, nicht verschlechtern“, so die Linke.
Zukunft der Bedarfsplanung: Was kommt auf die Niedergelassenen zu – wird die Niederlassungsfreiheit beschränkt?
Die Linke spricht sich hier für eine stärkere Steuerung der Bedarfsplanung aus. „Die Gesundheitsversorgung zu gewährleisten, ist in Umsetzung der Grundrechte eine hoheitliche Aufgabe“, schreibt die Partei auf Nachfrage. „Sie erfordert und rechtfertigt eine weitreichende Regulierung des Versorgungsgeschehens im Gemeinwohlinteresse.“
Klein-Schmeink von den Grünen will die Ärzte besser verteilen. „Die Bedarfsplanung schreibt auch keinen Bedarf, sondern nur historische Zahlen fort“, so Klein-Schmeink. „Außerdem gibt es keine Abstimmung zwischen der ärztlichen Bedarfsplanung und der Krankenhausplanung.“ Das seien die großen Probleme, die angegangen werden müssten.
Die FDP hat sich zu diesem Thema nicht geäußert.
Ärzte-Nachwuchs sichern und steigern – aber wie?
Grüne und Linke setzen große Hoffnungen auf den Masterplan 2020 und eine starke Allgemeinmedizin. Damit liegen sie ganz auf der Linie der bisherigen großen Koalition. Landarztquote und ambulantes Pflichtquartal, wie es der Masterplan vorsieht, finden die Unterstützung der Linken.
Die FDP will vor allem das Verteilungsproblem abstellen. Ärzte gebe es nach Ansicht der Freien Demokraten genug, aber eben nicht überall.
Die Grünen fordern „anständige Bezahlung, Teamarbeit und familiengerechte Arbeitsbedingungen“, für die jungen Mediziner. Außerdem dürften die Frauen bei der Weiterbildung nicht länger ausgebremst werden. „Da müssen wir ebenso ran.“
Mehr Hausärzte aufs Land – mit welchen Konzepten?
Wie kann Ärzten das Landarzt-Dasein schmackhafter gemacht werden? Die FDP denkt zum Beispiel an mobile Angebote, vor allem dort, wo Facharztpraxen fehlen. Ein Einwanderungsgesetz könnte nach Ansicht der FDP helfen, dem drohenden Hausärztemangel auf der grünen Wiese entgegenzutreten.
Die Linke stellt sich Rotationspraxen und Polikliniken auf dem Land vor. „Wir wollen Krankenhäuser stärker auch für die ambulante Behandlung öffnen“, so die Linke.
Da dürfte die Grüne Klein-Schmeink zustimmen, wenn sie von „ländlichen Versorgungszentren“ für verschiedene ärztliche Berufsgruppen spricht. Die Grüne setzt aber noch einen konkreten Vorschlag obenauf: „Denkbar wäre, dass man für die Hausärzte die Budgetierung aufhebt.“
Werden wir bis 2021 eine mit alle geplanten Funktionen funktionierende eGK haben?
Hier hält sich die FDP heraus. Antworten wären nach Ansicht der Freien Demokraten reine Spekulation.
Die Linke indessen hält das komplette eGK-Konzept für gescheitert. „Die Linke favorisiert stattdessen mobile, dezentrale Lösungen, bei denen die Daten nicht auf Zentralservern gespeichert werden und auch physisch in der Hand der Patienten bleiben“, teilt die Partei mit. Sinnvolle Telematikprojekte wie die elektronische Patientenakte oder das elektronische Rezept – ja. Aber nicht in Zusammenhang mit einer Kartengeneration, „die ohnehin für Online-Anwendungen datenschutzrechtlich nicht verwendbar“ sei.
Anders Klein-Schmeink von den Grünen: Sie will das Projekt fortführen, fordert aber größere politische Einflussnahme ein und mehr politischen Mut. „Es muss eine echte Strategie entwickelt werden, auch mit Zeitplänen, damit die Akteure (der Selbstverwaltung) wissen, worauf sie sich einstellen müssen.
REFERENZEN:
1. Wahlprogramm der FDP zur Bundestagswahl 2017
2. Wahlprogramm von BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN zur Bundestagswahl 2017
3. Wahlprogramm 2017 der Partei DIE LINKE zur Bundestagswahl 2017
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Diesen Artikel so zitieren: Im Check: Die gesundheitspolitischen Konzepte der FDP, der Grünen und Linken – wir haben nachgefragt… - Medscape - 15. Sep 2017.
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