Tipps zum Therapieabbau bei Rheuma-Kranken: 6 Monate stabile Remission – vorsichtige Dosisreduktion kann gewagt werden

Dr. Susanne Heinzl

Interessenkonflikte

13. September 2017

Stuttgart – Eine Reduzierung der Therapie ist bei Patienten mit rheumatoider Arthritis möglich, wenn sie seit mindestens 6 Monaten in stabiler Remission sind. Die Remission sollte dabei möglichst bildgebend bestätigt sein, so das Fazit von Prof. Dr. Klaus Krüger, Praxiszentrum St. Bonifatius, München, in einer Plenarsitzung beim 45. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie in Stuttgart [1].

Vorzugsweise ist die Dosierung der Medikamente zu verringern oder ihr Dosierungsintervall zu verlängern, Krüger sprach sich gegen einen totalen Stopp der Behandlung aus. Außerdem betonte er: „Der Therapieabbau ist eine individuelle medizinische Entscheidung, Kassenwünsche haben dabei nichts zu suchen.“

Viele Patienten haben bei stabiler Einstellung ihrer rheumatoiden Arthritis den Wunsch, die Therapie abzubauen. Dies ist ökonomisch sinnvoll, vermeidet eine dauerhafte Übertherapie und reduziert Langzeitrisiken. Dagegen spricht das Risiko der Destabilisierung mit Induktion von Langzeitschäden, so Krüger. Aber bislang habe keine Studie nachgewiesen, dass Patienten durch Therapieabbau einen Schaden erleiden.

 
Der Therapieabbau ist eine individuelle medizinische Entscheidung, Kassenwünsche haben dabei nichts zu suchen. Prof. Dr. Klaus Krüger
 

Stabile Remission über 6 Monate als Voraussetzung

Folgende Voraussetzungen müssen nach Aussage von Krüger erfüllt sein, bevor ein Therapieabbau erwogen werden kann:

  • Stabile Krankheitseinstellung seit 6 Monaten. Es gibt keinen Nachweis, dass bei 12 statt 6 Monaten stabiler Einstellung bessere Resultate erzielt werden.

  • Stabile Remission – eine niedrige Krankheitsaktivität reicht nicht aus. Bisher ist jedoch laut Krüger „unklar, welche Remissionsdefinition optimal ist“.

  • Bildgebender Remissionsnachweis erhöht die Erfolgsaussichten.

Zum Vorgehen empfahl Krüger, dass Glukokortikoide vor dem Abbau von DMARDs (krankheitsmodifizierenden Arzneimitteln) ausgeschlichen werden sollten. Behelfsweise kann eine stabile Low-Dose-Therapie mit ≤ 5 mg Prednisolon weiter geführt werden, wenn ein kompletter Abbau der Glukokortikoide nicht möglich ist. Zur Frage, ob konventionelle DMARDs vor Biologika reduziert werden sollten oder Biologika vor konventionellen DMARDs, ist keine evidenzbasierte Aussage möglich.

Krüger empfiehlt hier eine individuelle Entscheidung anhand von Patientenwünschen, ökonomischen Faktoren, Risiken und Nebenwirkungen. Die EULAR empfehle, Biologika vor konventionellen DMARDs zu reduzieren: „Das ist nicht evidenzbasiert, sondern ökonomisch bedingt“, erläuterte der Münchner Rheumatologe.

Studien bestätigen Dosisreduktion

Die Patienten haben häufig den Wunsch, die Behandlung mit Methotrexat zu reduzieren. Beispielsweise hat die CONCERTO-Studie gezeigt, dass für viele Patienten, die mit einer Kombinationstherapie behandelt werden, 10 mg Methotrexat pro Woche (statt 20 mg/Woche) ausreichend sind. Auch das DREAM-Register ergab, dass Methotrexat bei laufender Behandlung mit TNF-Blockern problemlos reduziert oder beendet werden kann.

Aktuell auf dem EULAR-Kongress 2017 vorgestellte Studien zeigen ebenfalls, dass Methotrexat bei Weiterbehandlung mit TNF-Blockern ohne Wirkungsverlust weggelassen werden kann. Alle Studien zeigten jedoch, dass man „nicht einfach aufhören“ dürfe. Die Therapie müsse „vorsichtig und langsam“ reduziert werden. Krüger wies jedoch deutlich darauf hin, dass er nur einen Abbau der Therapie und keinen Abbruch empfiehlt. Kommt es erneut zur Aktivierung der rheumatoiden Arthritis, ist die erneute Therapie (Re-Treat) in den meisten Fällen erfolgreich.

 
Abbau heißt Off-Label-Therapie. Prof. Dr. Klaus Krüger
 

Die über 3 Jahre laufende DRESS-Studie zeigte, dass die Dosierung der TNF-Blocker Adalimumab und Etanercept je nach Krankheitsaktivität ohne Wirkungsverlust reduziert werden kann und dass sich dies auch nicht negativ auf die Funktion und den radiologischen Verlauf auswirkte (wie Medscape berichtete).

Prädiktoren für das Gelingen der Dosisreduktion

Krüger nannte folgende Prädiktoren für ein Gelingen des Abbaus mit Evidenz aus Studien:

  • kurze Krankheitsdauer,

  • niedrige Krankheitsaktivität zu Beginn,

  • rasches Ansprechen auf DMARDs,

  • früher Einsatz von Biologika (bei Biologika-Abbau),

  • ACPA-Negativität,

  • klinische und bildgebende Remission.

Der Rheumatologe betonte aber: „Abbau heißt Off-Label-Therapie“, denn viele Präparate seien in einer festen Dosierung zugelassen. Schäden seien jedoch nicht zu erwarten, wenn lege artis vorgegangen werde und „wenn der Patient weiter überwacht wird“. Und: Der Patient muss in die Entscheidung miteinbezogen werden, diese gemeinsame Entscheidung ist vom Arzt zu dokumentieren.



REFERENZEN:

1. 45. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie, 6. bis 9. September 2017, Stuttgart

Kommentar

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