Im Check: Das SPD-Regierungsprogramm zur Gesundheit – wir haben nachgefragt …

Christian Beneker

Interessenkonflikte

13. September 2017

Die Bürgerversicherung ist und bleibt das Leitthema der SPD-Gesundheitspolitik. Diese von der SPD so genannte paritätische Bürgerversicherung bedeutet das Ende der PKV, wie wir sie heute kennen. Die Einheitsversicherung solle die „Bevorzugung von Privatversicherten und Beamten“ beenden, heißt es im Regierungsprogramm der SPD [1].

Hilde Mattheis

Foto: Susi Knoll

„Damit richtet sich die Vergütung medizinischer Leistungen nach dem Bedarf der Patienten und nicht danach, ob sie privat oder gesetzlich versichert sind.“ Arbeitgeber und Versicherte sollen wieder den gleichen Anteil am gesamten Krankenversicherungsbeitrag zahlen. „Daher schaffen wir den einseitigen Zusatzbeitrag der Versicherten ab“, so die SPD. Darüber hinaus verweisen die Sozialdemokraten aber öfter zustimmend auf die Gesundheitspolitik der großen Koalition, die sie mitverantworten, wie die Antworten auf die Fragen von Medscape zeigen.

Medscape hat bei Hilde Mattheis, der gesundheitspolitischen Sprecherin der SPD nachgefragt:

Bürgerversicherung und einheitliche Honorarordnung – wie lässt sich das dem niedergelassenen Arzt näherbringen?

Dass niedergelassene Ärzte flächendeckend vor einer einheitlichen Honorarordnung Angst haben müssten, ist ein Mythos, der die private Krankenversicherung am Laufen halte, sagt Mattheis. „Fakt ist, dass eine einheitliche Honorarordnung, die sich zwischen jetziger EBM und GOÄ befindet, ganz andere Auswirkungen auf den Kinderarzt in der Uckermark als auf den Radiologen am Starnberger See hat. Ersterer wird finanziell profitieren, während letzterer womöglich Einbußen hat, wenn er sehr viele oder ausschließlich Privatpatienten betreut.“

Bei der Bürgerversicherung richtet sich die Vergütung medizinischer Leistungen nach dem Bedarf der Patienten und nicht danach, ob sie privat oder gesetzlich versichert sind. Hilde Mattheis

Bedarfsplanung: Womit haben Niedergelassene unter SPD-Führung zu rechnen?

Die SPD verweist auf das Versorgungsstärkungsgesetz von 2015. Danach sollen die Zulassungsausschüsse ab einer Überversorgung von 140% in einem Planungsbereich die Nachbesetzung ablehnen. „Wenn der Aufkauf von Arztsitzen in überversorgten Regionen und die Bereitstellung in unterversorgten Regionen so organisiert wird, wie der Gesetzgeber es beauftragt hat, müssen wir nicht nachsteuern“, meint Mattheis. Es gehe dabei aber für die Ärzte nicht um Freiheit versus Restriktionen, sondern darum, ob die flächendeckende Versorgung mit Ärzten gewährleistet sei.

Ärzte-Nachwuchs sichern und steigern – aber wie?

Es gebe zwar kaum Probleme, genug Bewerber für das Medizinstudium zu finden, aber die Ausrichtung während des Studiums sei problematisch. „Daher haben wir mit dem kürzlich verabschiedeten Masterplan Medizinstudium die Allgemeinmedizin konsequent gestärkt, um den Hausarztberuf attraktiver zu machen“, heißt es. Der Masterplan richtet das Medizinstudium z.B. stärker an der Medizinpraxis aus.

Es muss ein Gesamtkonzept geben, in das auch kleine Krankenhäuser als Versorgungsstationen passen. Hilde Mattheis

Mehr Hausärzte aufs Land – mit welchen Konzepten?

Eine neue Bedarfsplanungsrichtlinie soll die realen Bedarfe von Arztsitzen besser erfassen. Sie sei bereits in Auftrag gegeben, so Mattheis. Außerdem eröffne der Masterplan 2020 den Ländern die Möglichkeit, eine Landarztquote einzuführen, um gezielt Absolventen aus Land zu holen. „Ich bin der Meinung, die Länder sollten diese Möglichkeit nutzen.“

Wie geht es weiter mit der Krankenhausfinanzierung?

Hier will die SPD auch kleineren Häusern weiter eine Chance geben. Im Osten dominieren im Schnitt weniger aber dafür größere Kliniken, im Süden gibt es dagegen viele kleinere Kliniken, oftmals in Trägerschaft von Landkreisen oder Kommunen, so Mattheis. Der Bundesgesetzgeber befördere insgesamt einen notwendigen Strukturwandel, „denn wir sagen, dass nicht jedes Krankenhaus jede Operation vorhalten muss. Wir wollen die regionale Planung stärken“, so Mattheis. „Es muss ein Gesamtkonzept geben, in das auch kleine Krankenhäuser als Versorgungsstationen passen. Dazu haben wir einen Fonds aufgelegt, der die Krankenhäuser unterstützen soll.“

Wir unterstützen Tariflöhne in der Pflege. Hilde Mattheis

Woher sollen in Zukunft die Pflegenden in Heimen und Krankenhäusern kommen?

Die SPD spricht sich für höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen in der Pflege aus. „Wir unterstützen Tariflöhne in der Pflege“, so Mattheis. „Bundesministerin Nahles hat zudem einen Pakt für gute Löhne vorgeschlagen, um in einem Dialog mit den Trägern für höhere Entgelte zu werben.“ Wichtig sei aber auch und vor allem die Verbesserung der Arbeitsbedingungen. „Dafür haben wir in einem ersten Schritt Personalmindeststandards in pflegesensitiven Bereichen eingeführt. Darauf aufbauend müssen wir ein umfassendes Personalbemessungssystem für alle Bereiche im Krankenhaus erarbeiten.“

Kommt die eGK mit allen geplanten Funktionen bis 2021?

Mattheis: „Davon gehe ich aus. Die Selbstverwaltung muss allerdings arbeiten.“



REFERENZEN:

1. SPD: Regierungsprogramm 2017-2021

Kommentar

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