PACIFIC: Durvalumab – eine „vielversprechende neue Therapieoption“ für Patienten mit nicht resezierbarem Lungenkrebs

Dr. Susanne Heinzl

Interessenkonflikte

11. September 2017

Madrid – Rund ein Drittel der Patienten mit nicht-kleinzelligem Bronchialkarzinom (Non-Small-Cell Lung Cancer, NSCLC) werden im Stadium III diagnostiziert. Derzeit lässt sich mit der Standardtherapie mit Platin-basierter Chemotherapie plus Bestrahlung die Progression ungefähr 8 Monate verzögern – nach 5 Jahren sind nur noch 15% dieser Patienten am Leben.

Nun sind im Präsidentensymposium beim ESMO-Kongress 2017 in Madrid hoffnungsvolle Ergebnisse für diese Patienten mit dem Immun Checkpoint Inhibitor Durvalumab (Imfinizi™, Medimmune/Astra Zeneca) vorgestellt worden [1]: Durvalumab verlängerte das progressionsfreie Überleben (PFS) von Patienten mit lokal fortgeschrittenem, nicht resezierbarem Lungenkrebs im Stadium III signifikant um 11,2 Monate von 5,6 Monaten unter Placebo auf 16,8 Monate.

Risiko für Progression oder Tod nahezu halbiert

Anders ausgedrückt: Das relative Risikos für Progression oder Tod sinkt damit unter dem PD-L1-Inhibitor um 48% (Hazard Ratio: 0,52; p < 0,001). Dies ergab eine Zwischenanalyse der Phase-3-Studie PACIFIC, die von Prof. Dr. Luis Paz-Ares, Universitätsklinik Madrid, vorgestellt und parallel von Studienleiter Prof. Dr. Scott J. Antonia, H. Lee Moffitt Cancer Center and Research Institute, Tampa, Florida (USA), im New England Journal of Medicine publiziert worden ist [2].

Die Studie hat Wirksamkeit und Verträglichkeit von Durvalumab als Erhaltungstherapie bei Patienten untersucht, die mit einer platin- und taxanhaltigen Chemotherapie sowie Bestrahlung behandelt worden waren und deren Erkrankung noch nicht fortgeschritten war. „Durvalumab ist eine vielversprechende neue Therapieoption für diese Patienten“, so die Schlussfolgerung des spanischen Onkologen.

„Wichtigster Grund für dieses Ergebnis ist, dass Radiotherapie und Immuntherapie exzellente Partner sind“, so die Meinung von Prof. Dr. Johan Vansteenkiste, Pulmologische Abteilung des Universitätsklinikums Löwen, Belgien, als Diskutant der Studie im Präsidentensymposium. Die Radiotherapie bereite den immunogenen Zelltod vor und fördere die Freisetzung von Signalen und Chemokinen, die die Mikroumgebung des Tumors aufheizen. „Radiotherapie reguliert PD-1 und PD-L1 hoch“ und sie habe in seltenen Fällen abscopale Effekte gezeigt. „Dies ist die erste Phase-3-Studie zur systemischen Therapie von NSCLC im Stadium III seit Jahrzehnten, die bei der Interimsanalyse einen starken PFS-Vorteil gezeigt hat.“ Für die endgültige Beurteilung müssten jedoch die Daten zum Gesamtüberleben abgewartet werden.

Synergien zwischen Radio- und Immuntherapie

„Es gibt deutliche Hinweise, dass die Synergie zwischen Radio- und Immuntherapie, wie einem PD-L1-Inhibitor, das Ansprechen verbessern kann“, erklärte Paz-Ares in einer Pressekonferenz beim Kongress. „Deshalb untersuchten wir den Effekt der PD-L1-Hemmung nach Standard-Chemotherapie mit Bestrahlung. PACIFIC ist die erste randomisierte Phase-3-Studie, in der eine Immuncheckpoint-Blockade bei Patienten mit lokal fortgeschrittenem, nicht resezierbarem NSCLC im Stadium III untersucht wird.“

Durvalumab ist ein humaner monoklonaler Antikörper, der PD-L1 blockiert und damit die Bindung von PD-1 und CD80 verhindert. Er verstärkt die T-Zellfunktion und die Abtötung von Tumorzellen. Die Food and Drug Administration (FDA) hatte Durvalumab im Mai 2017 beschleunigt für die Zweilinientherapie des lokal fortgeschrittenen oder metastasierten Urothelialkarzinoms zugelassen.

 
Durvalumab ist eine vielversprechende neue Therapieoption für diese Patienten. Prof. Dr. Luis Paz-Ares
 

Ergebnisse der ersten Zwischenanalyse der PACIFIC-Studie

Die internationale doppelblinde PACIFIC-Studie wird in 235 Zentren in 26 Ländern durchgeführt. In die Studie wurden Patienten mit lokal fortgeschrittenem, nicht resezierbarem NSCLC eingeschlossen, deren Tumorerkrankung nach mindestens 2 Zyklen einer platinbasierten Chemoradiotherapie nicht fortgeschritten war. Sie mussten noch eine Lebenserwartung von mindestens 12 Wochen haben. Die Patienten wurden nicht nach der PD-L1-Expression im Tumor ausgewählt.

Innerhalb von 1 bis 42 Tagen nach der Chemoradiotherapie erhielten sie Durvalumab 10 mg/kg alle 2 Wochen (n = 473) oder Placebo (n = 236) über bis zu 12 Monate. Die beiden primären Endpunkte sind das progressionsfreie und das Gesamt-Überleben. Die Studie gilt als positiv, wenn einer der koprimären Endpunkte mit Durvalumab signifikant besser war als mit Placebo. Sie ist ereignisgesteuert.

Für die finale Analyse müssen 458 PFS-Ereignisse und 491 OS-Ereignisse aufgetreten sein. Eine Interimsanalyse des PFS war nach 367 Ereignissen vorgesehen. Zu den wichtigen sekundären Endpunkten gehören die Gesamtansprechrate, die Dauer des Ansprechens, Sicherheit und Verträglichkeit sowie von den Patienten berichtete Outcomes (PRO).

 
Dies ist die erste Phase-3-Studie zur systemischen Therapie von NSCLC im Stadium III seit Jahrzehnten, die bei der Interimsanalyse einen starken PFS-Vorteil gezeigt hat.“ Prof. Dr. Johan Vansteenkiste
 

Paz-Ares stellte nun in Madrid die Ergebnisse der geplanten Zwischenanalyse nach 14,5 Monaten und 371 PFS-Ereignissen vor: Das PFS betrug im Durvalumab-Arm im Median 16,8 Monate (13,0–18,1), im Placeboarm 5,6 Monate (4,6–7,8) mit einem Hazard Ratio von 0,52 (p < 0,0001). „Durvalumab verminderte damit die Wahrscheinlichkeit einer Krankheitsprogression um 48 Prozent“, erläuterte der spanische Onkologe.

Nach 12 Monaten lebten in der Durvalumab-Gruppe noch 55,9% der Patienten, in der Placebo-Gruppe 35,3% ohne Progression, nach 18 Monaten waren es 44,2% und 27,0%. Die Verlängerung der progressionsfreien Zeit war in allen vordefinierten Subgruppen nachweisbar. Bei Patienten mit einem PD-L1-Status über 25% betrug die Hazard Ratio 0,41, bei Patienten mit PD-L1-Status unter 25% 0,59. Die Daten zum Überleben sind derzeit noch nicht reif.

„Günstiges Sicherheitsprofil“ für Durvalumab

Entsprechend der Verlängerung des PFS stieg die Ansprechrate von 16,0% unter Placebo auf 28,4% unter Durvalumab. Das Ansprechen dauerte in der Placebogruppe 13,8 Monate, in der Durvalumab-Gruppe ist der endgültige Wert noch nicht erreicht. Neue Läsionen einschließlich Hirnmetastasen wurden unter Durvalumab seltener beobachtet (20,4 % mit Durvalumab vs 32,1%). Die Zeit bis zum Auftreten von Fernmetastasen oder Tod war mit 23,2 Monaten im Median bei Durvalumab-Behandlung signifikant länger als mit 14,6 Monaten unter Placebo (HR: 0,52; p < 0,0001). Dies liefert nach Meinung von Vansteenkiste einen guten Hinweis auf die noch zu erwartenden Ergebnisse zum Gesamtüberleben.

 
Durvalumab verminderte damit die Wahrscheinlichkeit einer Krankheitsprogression um 48 Prozent. Prof. Dr. Luis Paz-Ares
 

Therapieassoziierte unerwünschte Wirkungen traten bei 67,8% unter Durvalumab und bei 53,4% unter Placebo auf. „Es wurde kein neues Signal für Durvalumab gesehen“, berichtete Paz-Ares. Schwere unerwünschte Wirkungen wurden bei 28,6% der Patienten in der Verumgruppe und bei 22,6% in der Placebogruppe registriert. Mit 24,2% waren immunvermittelte Reaktionen unter Durvalumab häufiger als mit 8,1% unter Placebo. „Das Sicherheitsprofil von Durvalumab ist sehr günstig“, lautete das Fazit von Paz-Ares hierzu.



REFERENZEN:

1. Kongress der European Society for Medical Onkology (ESMO), 8. bis 12. September 2017, Madrid/Spanien. Paz-Ares L, et al

2. Antonia SJ, et al: NEJM (online) 8. September 2017

Kommentar

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