Der Sonderweg der Psychotherapeuten unter den Heilberufs-Ausbildungen dürfte in der kommenden Legislaturperiode des Bundestages zu Ende sein: Die Ausbildung zum psychologischen Psychotherapeuten soll wie bei den Medizinern ein regulärer Studiengang mit anschließender Approbation werden. So will es ein Arbeitspapier, das das Bundesgesundheitsministerium jetzt vorgelegt hat [1].
Der Entwurf geht der Bundespsychotherapeutenkammer und der Deutschen Psychotherapeutenvereinigung indessen nicht weit genug. Sie fordern vom Gesundheitsministerium, auch die Weiterbildung zu reformieren [2].
Flickenteppich in der Ausbildung von Psychologen
Seit dem Bologna-Prozess und der Aufteilung in Bachelor- und Master-Studiengänge habe sich bei der universitären Ausbildung von Psychologen eine Art Flickenteppich gebildet, sagt Dr. Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK). Für die Ausbildung zum psychologischen Psychotherapeuten sei gesetzlich nur das Studium der Psychologie vorgeschrieben. Wie es ausgestaltet ist, liegt derzeit weitgehend im Ermessen der Universitäten. Entsprechend unterschiedlich sind die Qualifikationen am Ende des Studiums.
Vor allem in der Kinder- und Jugendpsychotherapie-Ausbildung gibt es Unterschiede. Oft genügt der Bachelor-Abschluss, an anderen Universitäten muss der Master-Abschluss sein, um in die 2., praktische Phase der Ausbildung einzutreten. „Aus fachlicher Sicht ist dies unhaltbar“, sagt Dipl.-Psych. Barbara Lubisch, Bundesvorsitzende der Deutschen Psychotherapeutenvereinigung (DPtV) zu Medscape.
Mehr praktische Inhalte
Der Arbeitsentwurf des Gesundheitsministeriums schreibt nun im Psychologiestudium den Bachelor- und Master-Studiengang als Voraussetzung der Approbation vor. Vor allem sollen mehr praktische Inhalte gelehrt werden. Für 5.400 von 9.000 Stunden des Studiums soll die Approbationsordnung die Inhalte vorschreiben, heißt es in dem Arbeitspapier. So sollen insgesamt 1.300 Stunden Praxiseinsätze sein, die den „Erwerb erster praktischer Erfahrungen in der Grundlagen- und Anwendungsforschung der Psychologie, in allgemeinen Bereichen des Gesundheitswesens sowie in kurativen, präventiven oder rehabilitativen Bereichen der psychotherapeutischen Versorgung zum Zweck haben“, heißt es in dem Papier.
Was der Arbeitsentwurf nicht anspricht: die 2. Phase der Ausbildung als Weiterbildung – analog zur Weiterbildung in den medizinisch-somatischen Fächern. „Die Einführung eines Approbationsstudiums für Psychotherapeuten ist nur ein Teil der notwendigen Änderungen. Zur künftigen Qualifizierung gehört, wie bei Ärzten, im Anschluss an das Studium untrennbar die Weiterbildung“, sagt Munz.
Was er und auch Lubisch verlangen, ist die verpflichtende Weiterbildung im Anschluss an das Studium. Erst nach einer Weiterbildung können Psychotherapeuten die Fachkunde für die Behandlung von gesetzlich Krankenversicherten erwerben, hieß es. „Mit der Reform müssen die gesetzlichen Grundlagen geschaffen werden, dass nicht nur die Ausbildung, sondern auch die Weiterbildung ermöglicht wird“, fordert Munz. „Deshalb erwarten wir auch hierzu noch konkrete Regelungsvorschläge vom Gesundheitsministerium.“
Verbände fordern die reguläre Weiterbildung für studierte Psychologen
Schon seit Jahren klagen die angehenden Psychotherapeuten über Struktur und Finanzierung der 3-jährigen Ausbildung im Anschluss an das Psychologie-Studium, sagt Munz. Sie findet derzeit an mehr als 150 staatlichen beziehungsweise staatlich anerkannten Ausbildungsstätten sehr unterschiedlicher Therapierichtungen statt. Bisher verbringen die Kandidaten anderthalb Jahre ihrer Ausbildung nach dem Studium in einer Psychiatrie oder Rehabilitationseinrichtung und anderthalb Jahre in einem Ausbildungsinstitut.
„Diese Institute müssten nun erst noch als Weiterbildungsinstitute anerkannt werden“, sagt Lubisch. Dass die Institute die Ausbildungstherapien heute schon mit den Kassen abrechnen können, heiße nicht, dass sie auch die Weiterbildungsfälle abrechnen können. Da sei eine Ermächtigung nötig, etwa durch die Kassenärztliche Vereinigung (KV), eine Ermächtigung, die im SGB V geregelt werden müsse, so Lubisch: „Allein in den Kliniken könnte man jedenfalls nicht die notwendigen Kompetenzen erwerben.“
Über die Neuordnung der postuniversitären Ausbildung hinaus fordern Lubisch und Munz für die künftigen Psychotherapeuten in Ausbildung auch eine angemessene Bezahlung. Zwar werden die Ausbildungstherapien an den Instituten von den Krankenkassen bezahlt. Aber es sind die Institute, die mit den Kassen abrechnen, nicht die Auszubildenden. Und nicht alle Institute reichen das Geld an die Teilnehmer durch. Und selbst wenn sie es tun, fließt dieses Geld zurück an die Institute, denn ihre Kurse kosten Geld, das die Auszubildenden selbst aufbringen müssen. „Das kommt oft auf Null heraus“, sagt Lubisch. Und auch von den Krankenhäusern gibt es nur in Ausnahmefällen Geld für die Weiterbildungsassistenten.
Auch hier würde die Ermächtigung der Institute zu Weiterbildungsstätten helfen, meint Lubisch. Denn dann würden die Weiterzubildenden zusätzliche Fördermöglichkeiten erhalten. „Es wird für die Kandidaten wie im medizinischen Bereich einen gewissen Zuschuss geben müssen.“
REFERENZEN:
1. Arbeitsentwurf des Bundesministeriums für Gesundheit zum Psychotherapeutengesetz
2. Bundespsychotherapeutenkammer: Meldung vom 26. Juli 2017
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Diesen Artikel so zitieren: Reform der Psychotherapeuten-Ausbildung: Psychologie-Studium soll mit Approbation enden – Verbände fordern noch mehr - Medscape - 2. Aug 2017.
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