Spart Geld und ist sicher: Bei rheumatoider Arthritis lässt sich die TNF-Blocker-Dosis je nach Krankheitsaktivität senken

Dr. Susanne Heinzl

Interessenkonflikte

25. Juli 2017

Bei der Behandlung der rheumatoiden Arthritis mit Adalimumab oder Etanercept kann die Dosierung je nach Krankheitsaktivität reduziert werden, ohne dass es zu Wirkungsverlusten kommt. Dies zeigen die Ergebnisse der über 36 Monate dauernden Extensionsphase der DRESS-Studie, die von Dr. Chantal A. M. Bouman, Abteilung für Rheumatologie, St. Martinsklinik, Nimwegen, Niederlande, in Annals of the Rheumatic Diseases publiziert worden ist [1].

Nach Aussage der Autoren belegen die Ergebnisse dieser 1. Langzeitstudie einer an der Krankheitsaktivität orientierten Strategie zur Dosisreduktion von Adalimumab und Etanercept, dass die in der initialen Phase erreichten Effekte, gemessen anhand von Flares, über 36 Monate aufrecht erhalten werden können. Eine Dosisreduktion der TNF-Blocker anhand der Krankheitsaktivität ist in der klinischen Praxis machbar.

„Dies ist in Deutschland aber ein Off-Label-Use“, kommentiert Prof. Dr. Rieke Alten, Chefärztin der Abteilung Innere Medizin II, Leiterin klinisch osteologisches Schwerpunktzentrum (DVO), Schlosspark-Klinik, Berlin, gegenüber Medscape. „Problem dieser Studie ist die Flare-Definition, denn ein Flare ist viel mehr als eine Erhöhung des DAS28-CRP.“ Und weiter: „Der prolongierte Flare ist nirgends definiert, den gibt es nicht.“ Nach Meinung von Alten wird die Fragestellung der Dosisreduktion bei einer Behandlung mit Antirheumatika in der prospektiven randomisierten RETRO-Studie anhand besser geeigneter Parameter untersucht.

DRESS untersucht Dosisreduktion

Die Therapie der rheumatoiden Arthritis hat sich in den letzten 20 Jahren unter anderem aufgrund der Markteinführung von TNF-Inhibitoren deutlich verbessert. Sie können die Krankheitsaktivität senken, Symptome lindern und die Lebensqualität der Patienten verbessern. Die Kehrseite der Medaille sind etwa ein erhöhtes Infektionsrisiko, die parenterale Applikation mit erheblicher Belastung der Patienten sowie die hohen Kosten.

In der DRESS-Studie (Dose Reduction Strategy of Subcutaneous TNF Inhibitors) wurde deshalb die Strategie einer an der Krankheitsaktivität orientierten Dosissenkung untersucht. Offen und randomisiert wurden Patienten mit rheumatoider Arthritis und niedriger Krankheitsaktivität mit Etanercept oder Adalimumab behandelt. Bei 121 Patienten wurde eine Dosisreduktionstrategie (DR) und bei 59 die übliche Dosierung (UC) eingesetzt. In der DR-Gruppe wurde den Patienten alle 3 Monate anhand der Krankheitsaktivität zu einer schrittweisen Verlängerung des Dosierungsintervalls geraten, bis es zu einem Flare oder zum Therapieabbruch kam.

Als kurzzeitiger Flare war ein Anstieg des DAS28-CRP um mindestens 1,2 Punkte oder bei einem Score von mindestens 3,2 ein Anstieg um 0,6 Punkte definiert. Dauerte der Flare länger als 12 Wochen, wurde er als bedeutend eingestuft. Kam es zum Flare, wurde der TNF-Blocker erneut verabreicht oder die Dosierung wieder erhöht.

Einsparung von 12.280 Euro pro Patient in 18 Monaten

Es zeigte sich, dass eine Dosisreduktion der TNF-Blocker in Abhängigkeit von der Krankheitsaktivität machbar ist und dass sie im Vergleich zu normaler Therapie in der Wirkung auf prolongierte Flares nicht unterlegen ist. Zwischen den Patienten mit Dosisreduktion und mit normaler Therapie ergaben sich nach 18 Monaten keine Unterschiede in der Krankheitsaktivität, in der Lebensqualität oder in der radiologisch nachweisbaren Progression.

In punkto Nebenwirkungen schnitten beide Strategien ähnlich ab, doch bei den Kosten punktete die Dosisreduktion mit einer mittleren Einsparung von 12.280 Euro pro Patient in 18 Monaten.

 
Problem dieser Studie ist die Flare-Definition, denn ein Flare ist viel mehr als eine Erhöhung des DAS28-CRP. Prof. Dr. Rieke Alten
 

Auch nach 3 Jahren keine Unterschiede in der Krankheitsaktivität

Eine Extensionsstudie von DRESS sollte dann weitere Fragen beantworten: In dieser Extensionsphase von Monat 18 bis 36 wurden 172 der ursprünglich 180 Patienten wie in den ersten 18 Monaten weiterbehandelt, 115 Patienten waren in der DR-Gruppe und 57 UC-Gruppe. Auch nach 3 Jahren war die Dosisreduktionsstrategie in der Wirkung auf prolongierte Flares der Standarddosierung nicht unterlegen.

Ein Flare trat zwischen Monat 18 und 36 bei 10% der DR und bei 12% der Patienten der UC-Gruppe auf. Die kumulative Inzidenz über den gesamten Zeitraum betrug 17% in der DR- und 14% in der UC-Gruppe. Kurze Flares waren mit 43% in der DR-Gruppe ähnlich häufig wie mit 35% in der UC-Gruppe. Über die Gesamtzeit gesehen waren kurze Flares in der DR-Gruppe mit 83% jedoch häufiger als mit 44% in der UC-Gruppe.

Die Krankheitsaktivität gemessen mit dem DAS28-CRP, Parameter zur körperlichen Funktionsfähigkeit (HAQ-DI) sowie die gesundheitsbezogene Lebensqualität (EQ5D-5L) blieben über die gesamte Studiendauer in beiden Gruppen stabil und unterschieden sich zu keinem Zeitpunkt signifikant. Auch die Scores für die radiologische Progression der Erkrankung unterschieden sich in beiden Gruppen nach 36 Monaten nicht signifikant.

Unerwartet: Kaum Unterschiede bei Nebenwirkungsrate

Die kumulierte Häufigkeit von unerwünschten Wirkungen in Monat 18 bis 36 war mit 34% in der DR-Gruppe und mit 39% in der UC-Gruppe ähnlich. Auch im gesamten Studienzeitraum von 36 Monaten war die Häufigkeit von Nebenwirkungen mit 90% bei Dosisreduktion und 95% bei üblicher Dosierung ähnlich.

Dies war unerwartet. Die Autoren vermuten, dass der fehlende Unterschied in der Nebenwirkungsrate eventuell dadurch bedingt war, dass die Patienten vorher schon über längere Zeit TNF-Blocker verwendeten und diejenigen, die die Therapie nicht vertragen hatten, sie schon abgesetzt hatten („healthy survivor bias“).

In der Interventionsphase (den ersten 18 Monaten) der Studie konnten 20% (23/115) der Patienten der DR-Gruppe das Biologikum erfolgreich absetzen und 45% (52/115) die Dosis reduzieren. Bei 17% (19/115) der Patienten war bis zum Ende der Extensionsphase keine erneute Biologika-Therapie erforderlich und 29% (33/115) konnten auf der reduzierten Dosis bleiben.



REFERENZEN:

1. Bouman CAM, et al: Ann Rheum Dis (online) 28. Juni 2017

Kommentar

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