Lyme-Borreliose: Das Wichtigste rund um Prävention, Diagnose und Therapie für die Aufklärung Ihrer Patienten

John O Meyerhoff, MD; Chief Editor: Herbert S Diamond, MD

Interessenkonflikte

25. Juli 2017

Praktische Grundlagen

Die Lyme-Borreliose ist die häufigste durch Zecken übertragene Krankheit in Europa.[14] Die Multisystem-Erkrankung wird in der Regel durch eine Infektion mit Borrelia burgdorferi (siehe Bild unten) aus der Gruppe der Spirochäten und die Immunantwort des Körpers auf die Infektion verursacht.[1] Die Krankheit wird auf den Menschen durch Zeckenstiche übertragen, die von infizierten Zecken der Gattung Ixodes stammen.


Das Bakterium Borrelia burgdorferi (Dunkelfeldmikroskopie, 400x, mit freundlicher Genehmigung der US Centers for Disease Control and Prevention)

Anzeichen und Symptome

Anzeichen und Symptome der Lyme-Borreliose verändern sich je nach Stadium der Erkrankung. Körperliche Befunde bei Patienten in den Anfängen der Krankheit sind wie folgt:

  • Erythema migrans (EM) – Hautausschlag

  • Fieber

  • Myalgien

  • Unwohlsein

  • Arthralgie

  • Kopfschmerzen

  • lokale begrenzte Lymphadenopathie


Körperliche Befunde bei Patienten mit disseminierter Erkrankung in einem frühen Stadium sind wie folgt:

  • EM (Einfach- oder Mehrfachläsionen)

  • Kopfschmerzen

  • Fieber

  • regionale oder generalisierte Lymphadenopathie

  • Konjunktivitis (selten, nie prominent)

  • Karditis (tritt in der Regel als Herzblock auf)

  • Meningismus als Zeichen einer aseptischen Meningitis

  • Kraniale Polyneuropathien, insbesondere des VII. Hirnnerven und Bell-Lähmung (periphere Nervenlähmung des VII. Hirnnerven mit unilateraler Funktionseinschränkung einschließlich der Stirn)

Bei Patienten in einem späteren Stadium der Krankheit ist der typische körperliche Befund Arthritis. Die Arthritis äußert sich meist in den großen Gelenken, vor allem in den Knien. Erwärmung, Schwellungen aus Ergüssen und eine eingeschränkte Beweglichkeit helfen dabei, Arthritis von einfacher Arthralgie zu unterscheiden.

Diagnose

In Endemiegebieten sollten Patienten mit wahrscheinlichem Erythema migrans und einer aktuellen Zeckenexposition mit der Behandlung beginnen, ohne Ergebnisse von Bluttests abzuwarten. Für serologische Tests empfehlen die CDC ein zweistufiges Vorgehen wie im Folgenden beschrieben: [2]

  • Schritt 1: Enzymimmunoassay (EIA) oder Immunfluoreszenz-Assay (IFA) – Test auf Borrelliose-Antikörper oder IgG- und IgM-Titer

  • Schritt 2: Western-Blot-Test

Der Western-Blot-Test wird nur dann durchgeführt, wenn in Schritt 1 die Testergebnisse positiv oder nicht eindeutig sind. Wenn Anzeichen und Symptome seit 30 Tagen oder weniger vorhanden sind, werden sowohl die IgM- als auch die IgG-Werte durch Western-Blot-Tests überprüft; wenn Anzeichen und Symptome seit mehr als 30 Tage bestehen, findet nur der Western-Blot-Test für den IgG-Wert statt.

Da Western-Blot-Tests notwendig sind, um falsch-positive Ergebnisse bei EIA oder IFA auszuschließen, aber nicht erforderlich werden, wenn die ersten Tests negativ sind, sollten Antikörper-Titer bei Lyme-Borreliose immer mit einem Reflex-Bestätigungstest beauftragt werden. Die meisten kommerziellen Laboratorien bieten sowohl IgG- als auch IgM-Western-Blots an.

Wenn der Patient in Europa unterwegs gewesen ist, wo unterschiedliche Stämme von Borrelien häufig sind, ist ein C6-Peptid-ELISA ein genauerer Bestätigungstest als die Western-Blots, die speziell für B burgdorferi entwickelt wurden, welches der häufigste Erreger in den Vereinigten Staaten ist. Der C6-Peptid-Assay ist günstiger als die Western-Blots und ebenso empfindlich und spezifisch für B burgdorferi; er ist also eine sinnvolle Alternative für Western-Blots, hat diese aber nicht als üblicher Bestätigungstest in den Vereinigten Staaten ersetzt. Bei positiven Ergebnissen ist zu beachten, dass in Deutschland in einigen Bundesländern Meldepflicht für Borreliose besteht (Bayern, Rheinland-Pfalz, Saarland).

Andere Untersuchungen, die Anwendung finden können, sind folgende:

  • Punktion des Gelenks – um andere Ursachen für den Erguss auszuschließen (z. B. septische Arthritis, Gicht, Pseudogicht)

  • CSF-Analyse – bei Patienten mit Meningitis

  • EKG – zur Identifizierung der Lyme-Karditis

Behandlung

Antibiotikawahl, Verabreichungsweg und Dauer der Therapie werden bei der Lyme-Borreliose durch die klinischen Manifestationen und das Krankheitsstadium des Patienten geleitet sowie durch das Vorhandensein jeglicher Begleiterkrankungen oder Allergien.

Lyme-Krankheit wird behandelt wie folgt:

  • Erwachsene Patienten mit früher lokalisierter oder früher disseminierter Lyme-Borreliose im Zusammenhang mit Erythema migrans: Doxycyclin, Amoxicillin oder Cefuroximaxetil

  • Kinder unter 8 Jahren und schwangere oder stillende Frauen mit früher lokalisierter oder früher disseminierter Lyme-Borreliose: Amoxicillin oder Cefuroximaxetil

  • Neuroborreliose: Intravenöse Gabe von Penicillin, Ceftriaxon oder Cefotaxim; orale Gabe von Doxycyclin bei Patienten mit Lyme-assoziierter Meningitis, Fazialisparese oder Radikulitis, wenn nicht kontraindiziert

Lyme-Arthritis wird wie folgt behandelt:

  • Orale Gabe von Antibiotika für 28 Tage

  • Erneute Behandlung mit oralen Antibiotika bei leichter Restgelenkschwellung

  • Erneute intravenöse Behandlung mit Antibiotika bei refraktären Fällen

  • Orale Antibiotika für einen weiteren Monat bei Patienten mit positiver PCR der Synovia

  • NSAIDs bei Patienten mit negativer PCR, gegebenenfalls ergänzt durch Hydroxychloroquin

  • arthroskopische Synovektomie bei Patienten, die nicht auf eine symptomatische Therapie reagieren

Lyme-Karditis kann entweder oral oder parenteral mit einer antibiotischen Therapie für 14 Tage (im Bereich von 14-21 Tagen) behandelt werden. Die Aufnahme in einem Krankenhaus und kontinuierliche Überwachung, unter Umständen unter Einsatz eines temporären Schrittmachers, sind ratsam bei Patienten mit einer der folgenden Eigenschaften:

  • Assoziierte Symptome (z. B. Synkope, Dyspnoe oder Brustschmerzen)

  • Zweiter oder dritter Grad eines atrioventrikulären Blocks

  • Erster Grad eines Herzblocks mit einer Verlängerung des PR-Intervalls um mehr als 30 Millisekunden (der Grad des Blocks kann bei solchen Patienten sehr schnell schwanken und sich verschlechtern)

Krankheitsstadium 1

Das Stadium 1 wird auch als primäre oder frühe lokalisierte Infektion bezeichnet. Sie tritt in der Regel innerhalb von 30 Tagen nach dem Zeckenbiss auf. Die meisten Patienten zeigen 7-14 Tage, nachdem die Zecke entfernt wurde, einen charakteristischen Ausschlag an der Stelle des Zeckenbisses, der sich ausbreitet (Erythema migrans). Zu den unspezifischen Symptomen gehören die folgenden:

  • Müdigkeit

  • Myalgie

  • Arthralgien

  • Kopfschmerzen

  • Fieber

  • Schüttelfrost

  • Nackensteifigkeit

Krankheitsstadium 2

Stadium 2 ist auch als frühe disseminierte Erkrankung bekannt. Sie tritt in der Regel Wochen bis Monate nach dem Biss auf. Symptome der Skelettmuskulatur und Nerven sind am häufigsten; weniger häufige Symptome sind von kardiologischer und dermatologischer Natur.

B burgdorferi breitet sich im ganzen Körper aus und löst Symptome der direkten Invasion aus (z. B. Erythema migrans), insbesondere in den frühen Stadien der Erkrankung. Da es schwierig ist, B burgdorferi in Kultur wachsen zu lassen, ist es ebenfalls schwierig nachzuweisen, dass das Bakterium in einem bestimmten Organ tatsächlich vorhanden ist, das an Lyme-Borreliose beteiligt sein kann. Die entzündliche Reaktion auf B burgdorferi in der Haut ist wahrscheinlich die Erklärung für multiple Läsionen des Erythema migrans, da fast alle Patienten mit mehreren Läsionen seropositiv sind, unabhängig von der Dauer.[3]

Es hat sich gezeigt, dass Antikörper gegen Epitope auf der Membran der Spirochäten mit neuronalem und Bindegewebe kreuzreagieren. Diese molekulare Mimikry erzeugt möglicherweise eine entzündliche Autoimmunreaktion. Die Pathophysiologie der frühen im Vergleich zu späten Manifestationen der Krankheit ist ähnlich wie bei Syphilis.

Frühe Studien haben gezeigt , dass B burgdorferi oder ihre DNA im Blutkreislauf von etwa 10% der Patienten mit isoliertem Erythema migrans und ohne systemische Symptome nachzuweisen sind. Außerdem wurde die DNA der Spirochäten früh im Krankheitsverlauf und während Erythema migrans in der Zerebrospinalflüssigkeit (CSF) nachgewiesen, was ein frühes Eindringen in das ZNS anzeigt. Dies kann auch in Abwesenheit neurologischer Symptome auftreten.

Als bedeutsam sind die Ergebnisse einer Studie zu sehen, nach denen bei 93 von 213 (43,7%) der früh untersuchten Patienten mit Erythema migrans eine Spirochätämie nachweisbar war, wenn großvolumige Kulturen (9 ml Plasma) von diesen angelegt wurden. Einige dieser Patienten zeigten nur ein isoliertes Erythema migrans und keine systemischen Symptome.[4]

Krankheitsstadium 3

Stadium 3 oder auch chronische Lyme-Borreliose zeigt sich Monate bis Jahre nach der Infektion, was manchmal eine Latenzzeit beinhaltet. Der Bewegungsapparat (vor allem Gelenke) und das Nervensystem sind am häufigsten betroffen.

B burgdorferi induziert eine Immunantwort, die Symptome in verschiedenen Organen hervorrufen kann, mit wenigen Hinweisen auf bakterielle Invasion. Studien zu Lyme-Arthritis haben gezeigt, dass diese mit bestimmten immunologischen Faktoren assoziiert ist, einschließlich der Produktion von proinflammatorischen Zytokinen und der Bildung von Immunkomplexen sowie genetischen Faktoren wie Trägerschaft der humanen Leukozyten-Antigene HLA DR4 und HLA DR2.

Patienten mit HLA DR4 oder HLA DR2 und Antikörpern gegen äußere Oberflächenproteine A und B (OspA und OspB) in ihrer Gelenkflüssigkeit können anfälliger für Langzeit-Arthritis sein als Personen ohne diese Merkmale. Diese Gene stehen vermutlich im Zusammenhang mit der Entwicklung von Autoimmunreaktionen im Gelenk, die sogar zu hartnäckigen Entzündungen führen können, nachdem die Spirochäten offenbar beseitigt sind.

Tierstudien haben eine primäre Rolle von Astrozyten und Mikrogliazellen in der Pathogenese der Neuroborreliose nahegelegt. Die Produktion von Interleukin 6 (IL-6) durch Astrozyten und anschließende Apoptose von Oligodendrozyten scheinen Mechanismen der Zellschädigung zu sein.[5]

Der Erreger kann auch über sehr lange Zeiträume in der Haut überleben. Experimentell können die Spirochäten menschliche Fibroblasten durchdringen und intrazellulär leben, selbst wenn das extrazelluläre Medium Ceftriaxon in Konzentrationen deutlich über einem bakteriziden Spiegel enthält. Obwohl intrazelluläre Organismen nie in vivo nachgewiesen wurden, kann dies ein Mechanismus sein, durch die sich der Erreger dem Immunsystem entzieht.

Kommentar

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