Erhöht ein niedriger Vitamin-D-Spiegel das Myalgie-Risiko bei Patienten, die Statine nehmen?

Prof. Dr. Philip J. Gregory

Interessenkonflikte

23. Juni 2017

Erhöhen niedrige  Vitamin-D-Spiegel das Risiko für eine Myalgie bei Patienten, die Statine  nehmen? Eine  Antwort darauf gibt der US-Pharmakologe Prof. Dr. Philip J. Gregory, Center for Drug Information and Evidence-Based Practice,  Creighton University, Omaha, Nebraska.

           

Prof. Dr. Philip J. Gregory

           

Etwa 1 bis 2% der Patienten, die wegen zu hoher Blutfette Statine nehmen, klagen  über muskuläre Schmerzen. Diese werden immer wieder mit den Beschwerden verglichen,  wenn eine Grippe im Anflug ist. Die Muskeln können schmerzen, steif und/oder  berührungsempfindlich sein. In manchen Fällen führt die Statin-bedingte Myalgie  auch zu einer schlechten Adhärenz oder sogar zum kompletten Abbruch der  Medikamenteneinnahme.

Der Mechanismus der Statin-bedingten Myalgie ist noch nicht vollständig verstanden.  Aber Vitamin D könnte involviert sein. Denn auch ein Vitamin-D-Mangel geht mit  Muskelschmerzen einher, die denen der Statin-bedingten Myalgie ähneln. Es wird außerdem  angenommen, dass Statine selbst den Vitamin-D-Spiegel beeinflussen können.

Der Grund: LDL-Cholesterin ist ein Vitamin-D-Carrier, dessen Spiegel durch Statine  verringert wird. So könnten Statine indirekt auch den Vitamin-D-Spiegel im Blut  senken. Andererseits werden aber sowohl Vitamin D als auch einige Statine durch  Cytochrom P450 3A4 (CYP3A4) metabolisiert. Aufgrund einer kompetitiven Hemmung  von CYP3A4 (beide Substrate konkurrieren um das abbauende CYP3A4) könnten  Statine aber möglicherweise den Vitamin-D-Spiegel auch erhöhen.

Klinische Studien und Beobachtungsstudien führten  zu ganz unterschiedlichen Ergebnissen, wie sich Statine auf den Vitamin-D-Spiegel  auswirken. Eine Metaanalyse klinischer Studien ergab aber, dass insgesamt die Vitamin-D-Werte  bei Patienten, die Statine einnehmen, eher erhöht sind.

Studien weisen auf Assoziation von  Myalgie und niedrigem Vitamin D hin

In einigen retrospektiven Studien fand sich eine Assoziation von niedrigen Vitamin-D-Spiegeln  (gemessen als 25-Hydroxy-Vitamin D) mit einem höheren Risiko für Statin-bedingte  Myalgien. In einer Studie von Shantha und Kollegen hatten die Patienten  in der Quartile mit den niedrigsten Vitamin D-Spiegeln ein 1,21 mal höheres Risiko  für eine Statin-bedingte Myalgie im Vergleich zur Quartile mit den höchsten Vitamin D-Spiegeln. Werte unterhalb von 15 ng/ml erwiesen sich dabei als ein positiver  Prädiktor für eine Myalgie bei Patienten, die Statine nahmen.

Auch in einer Querschnittsstudie klagten Patienten  mit Vitamin-D-Spiegeln unter 15 ng/ml, die mit Statinen behandelt wurden, 1,9 mal  häufiger über Myalgien als jene, die keine Statine nahmen. Für Patienten mit  höheren Vitamin-D-Spiegeln wurde ein solcher Zusammenhang aber nicht beobachtet.  Eine retrospektive Datenanalyse in einer  Population von Kriegs-Veteranen, die Statine nahmen, ergab, dass die Vitamin D-Level bei denen, die unter Statin-bedingten Myalgien litten, im Schnitt um etwa  10 ng/dl niedriger waren als bei denen, die keine Muskelschmerzen hatten.

Auch eine Metaanalyse von 7 Beobachtungsstudien ergab, dass die Vitamin-D-Spiegel  bei Statin-behandelten Patienten mit Symptomen einer Myalgie signifikant niedriger  waren als bei denjenigen ohne diese Symptome. Die Differenz in den  Vitamin-D-Serumspiegeln betrug durchschnittlich 9,4 ng/ml.

Myalgie-Symptome könnten häufig auch  unspezifisch sein

Nicht in allen Studien zeigte sich diese Assoziation zwischen niedrigen Vitamin-D-Spiegeln  und Myalgie, dies vor allem oft dann nicht, wenn gesichert war, dass die  Symptome Statin-bedingt waren. Dies ist vielleicht der Tatsache geschuldet, dass  Muskelschmerzen auch vollkommen unspezifisch auftreten können. Es gibt Hinweise  darauf, dass bis zu 50% der von Patienten unter Statintherapie berichteten Muskelschmerzen  gar nicht spezifisch auf die Cholesterinsenker zurückzuführen sind.

Niedrige Vitamin-D-Spiegel können wie gesagt durchaus zu einer allgemeinen Symptomatik  von Muskelschmerzen beitragen – und das gilt natürlich auch für Patienten mit  Statin-bedingter oder unspezifischer Myalgie.

 
Vor dem Start einer Statin-Therapie … kann es daher ratsam sein, zunächst die Vitamin-D-Spiegel zu messen und gegebenenfalls zu behandeln. Prof. Dr. Philip J. Gregory
 

Die zeitweise Gabe  von Vitamin D zeigte Wirkung gegen Myalgien unter Statinen

Vor dem Start einer Statin-Therapie, oder  vor einem erneuten Versuch mit einem Statin bei Patienten, die bereits über  Muskelschmerzen unter der Lipidsenkung geklagt hatten, kann es daher ratsam sein, zunächst die Vitamin-D-Spiegel  zu messen und gegebenenfalls zu behandeln. In einer retrospektiven Datenüberblick erwies sich diese Strategie als erfolgreich: Bei Patienten  mit Statin-Intoleranz konnte die Erhöhung des Vitamin-D-Spiegels vor dem Wiedereinstieg in eine Statin-Behandlung deren  Verträglichkeit und damit auch die Adhärenz der Patienten erhöhen.

Einige Autoren haben in nicht-kontrollierten Studien bei Patienten, die  Statine nahmen und über Muskelsymptome klagten, Vitamin D2 (Ergocalciferol)  supplementiert (50.000–100.000 Einheiten pro Woche). Sie berichteten von einem  Nachlassen der Myalgie bei etwa 90% der Patienten. In diesen Studien waren  bereits Werte von 32 ng/ml Vitamin D als niedrig eingestuft worden.


Dieser Artikel  wurde von Dr. Jürgen Sartorius aus www.medscape.com übersetzt und adaptiert.

Kommentar

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