San Diego – Eine bevölkerungsbasierte Längsschnittsstudie aus Dänemark hat gezeigt, dass Jungen, die als Kinder übergewichtig, aber im Alter von 18 Jahren normalgewichtig waren, kein erhöhtes Risiko für Typ-2-Diabetes haben. Verglichen wurden sie mit Jungs, die mit 18 Jahren noch immer übergewichtig waren.
„Diese Ergebnisse weisen darauf hin, dass negative Folgen von Übergewicht im Kindesalter reversibel sind und unterstreichen die potenziell positiven Effekte der Behandlung übergewichtiger Kinder“, so Dr. Lise Geisler Bjerregaard, Bispebjerg and Frederiksberg Hospital, Kopenhagen, die die Studie im Rahmen der American Diabetes Association (ADA) 2017 Scientific Sessions vorstellte [1].
„Es ist sehr ermutigend, dass man sein Risiko für Typ-2-Diabetes definitiv verringern kann, wenn man erfolgreich abnimmt“, sagte Bjerregard im Gespräch mit Medscape. Dr. Ram Weiss, Hebrew University of Jerusalem, Israel, der Co-Chairman der Session, bestätigte: „Es ist wirklich eine Studie, die optimistisch stimmt, auch wenn es sehr schwer ist (abzunehmen).“
Diese Studie ist umso wichtiger, da frühere Daten ergaben, dass adipöse Kinder später ein bis zu vierfach erhöhtes Risiko für einen Typ-2-Diabetes haben. Sie zeigt, dass ein erfolgreiches Eingreifen bei übergewichtigen Kindern, noch bevor diese adipös geworden sind, das Diabetesrisiko normalisieren kann.
„Es lohnt sich also, Übergewicht und Adipositas mit allen Mitteln vorzubeugen“, betonte Weiss. „Aber auch für adipöse Kinder sollten wir alles versuchen, sie beim Abnehmen zu unterstützen, während sie älter werden.“ Dies gelte vermutlich ebenso für Mädchen und Frauen, ergänzte Bjerregard.
Daten von mehr als 62.000 Männern analysiert
In einer früheren Studie zeigten die Wissenschaftler, dass das Risiko für einen Typ-2-Diabetes in Abhängigkeit vom BMI-Wert der Jungs anstieg. Aber bisher war nicht klar, ob eine Gewichtsreduktion das Risiko wieder senken kann. Um dies zu untersuchen, analysierten Bjerregaard und Kollegen Daten des Copenhagen School Health Record Registers von 62.565 Männern, die zwischen 1939 und 1959 in Dänemark geboren wurden, zu Gewicht und Größe im Alter von 7 Jahren. Zum Vergleich zogen sie Daten dieser Männer heran, die im Alter von um die 18 (17 bis 26) Jahren im Rahmen der obligatorischen Untersuchung zur nationalen Wehrpflicht erhoben wurden (Dansih Conscription Database). Deshalb hätten in diesem Rahmen keine Daten von Frauen zur Verfügung gestanden, erklärte Bjerregaard.
Die Autoren definierten Übergewicht im Alter von 7 Jahren nach den Leitlinien für Übergewicht im Kindesalter des US Center for Disease Control and Prevention (CDC) bei einem BMI von mindestens 17,38 kg/m2 und im Alter von etwa 18 Jahren nach den WHO-Kriterien bei einem BMI von mindestens 25 kg/m2. Die Prävalenz des Übergewichtes lag bei den 7-Jährigen bei 5,4% und den etwa 18-Jährigen bei 8,2%, es handelte sich also um eine „relativ schlanke Population“, wie Bjerregaard erklärte.
Als junger Mann wieder schlank – Risiko auf Normalniveau
Dann fanden die Autoren in einem Follow-up von durchschnittlich 31,5 Jahren in Daten des dänischen Nationalen Patientenregisters, dass bei 6.710 dieser Männer (10,7%) im Alter von 30 Jahren oder älter ein Typ-2-Diabetes diagnostiziert worden war. Durch den Ausschluss jüngerer Männer sollte vermieden werden, dass mögliche Fälle von Typ-1-Diabetes das Ergebnis verfälschen.
Von den Männern, die als Kinder übergewichtig waren, waren 60% als junge Erwachsene nicht mehr übergewichtig. Diese Gruppe zeigte ein ähnlich geringes Risiko, einen Typ-2-Diabetes zu entwickeln, wie Männer, die nie übergewichtig gewesen waren (Hazard Ratio: 1,01). Männer dagegen, die von Kindesalter an durchgängig übergewichtig waren oder es als junge Erwachsene wurden, wiesen ein im Vergleich dazu ein 3-fach erhöhtes Risiko für einen Typ-2-Diabetes auf (HR: 2,88 bzw. 2,95).
„Wir schließen daraus, dass übergewichtige Jungen, die bis zum Alter von 18 auf ihr Normalgewicht kommen, als Erwachsene kein erhöhtes Risiko für einen Typ-2-Diabetes tragen“, lautete das Fazit von Bjerregaard. „Diese ermutigenden Ergebnisse weisen darauf hin, dass die negativen Effekte von Übergewicht im Kindesalter auf das Typ-2-Diabetes-Risiko reversibel sein können und unterstreichen die Notwendigkeit, übergewichtige Kinder auf ihr Normalgewicht zu bringen.“
Als nächste Ziele der Forschergruppe formulierte Bjerregaard, herauszufinden, ob diese Zusammenhänge auch bei Frauen sowie für andere nichtübertragbare Krankheiten wie Krebs oder kardiovaskuläre Erkrankungen gelten, die mit Übergewicht assoziiert werden.
Dieser Artikel wurde von Dr. Jürgen Sartorius aus www.medscape.com übersetzt und adaptiert.
REFERENZEN:
1. Scientific Sessions der American Diabetes Association (ADA), 9. bis 13. Juni 2017, San Diego/USA
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Medscape Nachrichten © 2017 WebMD, LLC
Diesen Artikel so zitieren: Das Steuer lässt sich noch rumreißen: Wer als Junge Übergewicht abbaut, hat als Mann kein erhöhtes Diabetes-Risiko mehr - Medscape - 20. Jun 2017.
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