Washington, DC – Der Interleukin-5-Rezeptorantagonist Benralizumab kann bei schwerem eosinophilem Asthma im Vergleich zu Placebo die Dosis oraler Glukokortikoide und die Exazerbationsrate signifikant senken. Dies ergab die Phase-3-Studie ZONDA, deren Ergebnisse von Prof. Dr. Parameswaran Nair, McMaster Universität und St. Joseph’s Healthcare, Hamilton, Kanada, beim Jahreskongress 2017 der American Thoracic Society (ATS) im Mai in Washington vorgestellt und parallel im New England Journal of Medicine publiziert wurden [1;2].
„Häufiger oder lang anhaltender Gebrauch systemischer Glukokortikoide kann zu potenziell lebensbedrohlichen Komplikationen führen, wie Osteoporose, Diabetes mellitus, kardiovaskulären Erkrankungen und adrenaler Suppression“, erläuterte Nair in einer Pressemitteilung der ATS. „Wir benötigen neue, sichere Therapien, die den Bedarf an systemischen Glukokortikoiden bei Patienten mit schwerem Asthma verringern.“
„Die ZONDA-Studie befasst sich im Gegensatz zu anderen Studien mit Glukokortikoid-abhängigem Asthma und damit mit der ‚echten‘ schwergradigen Erkrankung. Die Ergebnisse sind daher klinisch relevant“, so die Aussage von Prof. Dr. Dr. Claus Kroegel, Leiter der Abteilung Pneumologie und Allergologie/Immunologie, Medizinische Klinik I, Klinikum der Universität Jena, gegenüber Medscape. „Allerdings bleibt offen, wie viele der in die Studie eingeschlossenen Patienten nicht an einem Asthma, sondern vielmehr an einer hypereosinophilen Erkrankung wie einer eosinophilen Granulomatose mit Polyangiitis – früher Churg-Strauss-Syndrom –, einem hypereosinophilem Syndrom oder einer chronischen eosinophilen Pneumonie leiden.“
Benralizumab beseitigt Eosinophile
Benralizumab ist ein humanisierter, afucosylierter monoklonaler Antikörper, der an die Alpha-Untereinheit des Interleukin-5(IL-5)-Rezeptors bindet. Die Entfernung der Fucose von den Oligosacchariden in der Fc-Region erhöht die Bindungsaffinität für den Fcγ-Rezeptor IIIa (CD16) auf Natürlichen Killerzellen (NK-Zellen) und verstärkt die Zerstörung von Eosinophilen durch ADCC (Antibody-dependent Cell-mediated Cytotoxicity). Unter Benralizumab kommt es deshalb zu einer raschen und vollständigen Depletion von eosinophilen Granulozyten.
Die Bindung an die Alpha-Untereinheit des IL-5-Rezeptors soll eine Verschlechterung des Asthmas durch Autoimmunmechanismen vermeiden, wie sie bei anderen IL-5-Antagonisten beobachtet wurde. In 2 Phase-3-Studien, nämlich CALIMA und SIROCCO, war bereits gezeigt worden, dass Benralizumab als Add-On-Therapie bei Patienten mit Asthma, die mit inhalierbaren Steroiden und lang wirkenden Beta-Sympathomimetika behandelt wurden, die Exazerbationsrate deutlich senken konnte. In der ZONDA-Studie untersuchten nun Nair und seine Kollegen die Wirkung von Benralizumab bei Asthmatikern, die ihre Erkrankung nur mit oralen Glukokortikoiden kontrollieren konnten.
Niedrige Glukokortikoid-Dosis mit Benralizumab
In der doppelblinden Phase-3-Studie wurden 220 Patienten in 3 Armen randomisiert mit Benralizumab 30 mg s.c. alle 4 Wochen, Benralizumab 30 mg s.c. alle 8 Wochen nach initial 3 4-wöchentlichen Gaben und Placebo über 28 Wochen behandelt. Primärer Endpunkt war die prozentuale Änderung der oralen Glukokortikoid-Dosis bis Woche 28 bei erhaltener Symptomkontrolle.
Die mit Benralizumab behandelten Patienten konnten ihre Glukokortikoid-Dosis um 75% verringern, während sie in der Placebogruppe nur um 25% gesenkt werden konnte (p < 0,001). 33% der Patienten unter 4-wöchentlichem Benralizumab und 37% unter 8-wöchentlicher Therapie konnten ihre Glukokortikoid-Dosis sogar um 90% oder mehr verringern, während dies in der Placebo-Gruppe nur bei 12% möglich war. Die Chance (Odds) für eine Reduktion oraler Glukokortikoid-Dosen war 4,09-fach höher bei 4-wöchentlicher und 4,12-fach höher bei 8-wöchentlicher Benralizumab-Gabe als in der Placebogruppe (jeweils p < 0,001). Bei Behandlung mit Benralizumab konnten 56% bzw. 52% der Patienten die Glukokortikoid-Einnahme ganz beenden, unter Placebo war dies bei 19% möglich.
Die jährliche Asthma-Exazerbationsrate war bei 4-wöchentlicher Behandlung mit dem IL-5-Antikörper um 55% (p = 0,003) und bei 8-wöchentlicher Behandlung um 70% geringer (p < 0,001) als unter Placebo.
Die Verträglichkeit des IL-5-Antikörpers war gut. Schwere unerwünschte Wirkungen traten bei 19% der Patienten unter Placebo und bei je 10% in den beiden Antikörper-Gruppen auf.
Unklar ist, warum Benralizumab bei etwa 20% der Patienten keinen Effekt auf die Glukokortikoid-Dosis hatte. Hierzu Kroegels Vermutung: „Einige Patienten, die das klinische Bild eines schweren Asthmas zeigen, leiden tatsächlich an einer anderen Erkrankung. Die systemische Kortisontherapie behindert hier die diagnostische Abklärung.“
Die Autoren weisen abschließend darauf hin, dass die Studie nur 28 Wochen dauerte und daher keine Schlussfolgerungen zu Langzeiteffekten gezogen werden können.
REFERENZEN:
1. Kongress der American Thoracic Society (ATS) 2017, 19. bis 24. Mai 2017, Washington DC/USA
2. Nair P, et al: NEJM (online) 22. Mai 2017
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Diesen Artikel so zitieren: Schweres Asthma: Benralizumab senkt Glukokortikoid-Dosis und Exazerbationsrate deutlich – „klinisch relevante Ergebnisse“ - Medscape - 8. Jun 2017.
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