Am 1. Juni informierte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) Ärzte und Apotheker über Fälschungen des Arzneimittels Harvoni® 90 mg/400 mg Filmtabletten von Gilead [1]. Plagiate waren in einer Apotheke in Nordrhein über die legale Lieferkette aufgetaucht.
Die Fälschungen sind am Aussehen der Tabletten zu erkennen: Sie sind weiß, die Originale orange. Die Tablettenform und die Prägung entsprechen dem Original. Auch bei der Umverpackung und beim Beipackzettel gebe es keine Auffälligkeiten, berichtet das BfArM.
Im aktuellen Fall ist die Harvoni-Charge 16SFC021D mit dem Verfallsdatum 06/2018 betroffen. Das Präparat enthält Sofosbuvir und Ledipasvir als Fixkombination. Es wird bei chronischer Hepatitis C angewendet.
Weitere Untersuchungen laufen
Ob die Plagiate zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen, ist nach aktuellem Kenntnisstand unklar. Derzeit werden Proben im analytischen Labor untersucht. Experten kennen von anderen Fällen 3 theoretische Möglichkeiten. In manchen Fällen waren Plagiate identisch mit dem eigentlichen Pharmakon. Daneben sind Abweichungen im Wirkstoffgehalt und/oder unerwünschte Hilfsstoffe möglich.
Apothekern und Ärzten rät das BfArM, besonders achtsam zu sein und gefälschte Harvoni-Chargen umgehend aus dem Verkehr zu ziehen. Das BfArM weist darauf hin, dass Patienten für den Austausch einer gefälschten Packung die ärztliche Verschreibung vorgelegt werden muss.
Projekt securPharm will Sicherheitslücken schließen
Das im normalen Vertriebsweg gefälschte Arzneimittel auftreten, ist kein Einzelfall. Deshalb haben Hersteller und Verbände das Projekt securPharm initiiert. Gemeinsam entwickeln sie ein System zur Echtheitsprüfung von Rx-Präparaten. Dabei werden Vorgaben der Fälschungsschutzrichtlinie 2011/62/EU und der delegierten Verordnung (EU) Nr. 2016/161 zum Schutz des Patienten vor gefälschten Arzneimitteln umgesetzt. Einzelne Rx-Präparate können über eine „White List“ ausgenommen werden. Über eine „Black List“ lässt sich der Schutz auf OTCs ausdehnen.
Mitte Mai veröffentlichte das Konsortium weitere Details zum Zeitplan . Ab 9. Februar 2019 müssen Rx-Präparate zusätzliche Sicherungsmerkmale auf ihrer Packung tragen, die Apotheken vor der Abgabe elektronisch überprüfen. Über eine zentrale Datenbank lässt sich der Weg einzelner Präparate vom pharmazeutischen Hersteller über den Großhändler bis zur Apotheke lückenlos verfolgen. Auch Reimporteure oder Parallelhändler sind Teil des Systems.
Dies geschieht über eine individuelle, scanbare Seriennummer. Die Packung selbst wird mit einem Siegel als Erstöffnungsschutz versehen. „Ziel ist es, dass jedes verschreibungspflichtige Arzneimittel in jeder Apotheke eines EU-Mitgliedstaates sowie den EWR-Staaten künftig auf seine Echtheit überprüft werden kann, bevor es an den Patienten gelangt“, so Dr. Reinhard Hoferichter, Vorstandssprecher von securPharm.
REFERENZEN:
1. BfArM: Pressemitteilung, 1. Juni 2017
Medscape Nachrichten © 2017 WebMD, LLC
Diesen Artikel so zitieren: BfArM-Warnung: Gefälschte Chargen des Hepatitis-C-Präparats Harvoni® in Umlauf - Medscape - 2. Jun 2017.
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