Chicago – Der Tyrosinkinase-Inhibitor (TKI) Gefitinib ist in der adjuvanten Therapie von Patienten mit EGFR-positivem Lungenkarzinom wirksamer als eine Cisplatin-basierte Chemotherapie. Dies ergab die Phase-3-Studie ADJUVANT (CTONG 1104), deren Ergebnisse Prof. Dr. Yi-Long Wu, Direktor des Guangdong Lung Cancer Institutes, Guangzhou, China, in einer Vorab-Pressekonferenz zur Tagung der ASCO 2017 (American Society of Clinical Oncology) vorgestellt hat [1].
Patienten, die nach der Operation des Lungenkarzinoms mit Gefitinib behandelt worden waren, lebten etwa 10 Monate länger ohne erneutes Rezidiv als Patienten, die Vinorelbin plus Cisplatin erhalten hatten. „Adjuvantes Gefitinib sollte als eine wichtige Option für Patienten mit einem Lungenkarzinom Stadium II-IIIA und aktiver EGFR-Mutation angesehen werden“, so die Schlussfolgerung der Autoren.
Diese Studie „liefert einen klaren Nachweis dafür, dass wir eine gezielte Therapie nicht nur bei Patienten mit fortgeschrittener Erkrankung einsetzen können, sondern auch in früheren Erkrankungsstadien“, kommentierte der President-elect der ASCO Prof. Dr. Bruce E. Johnson, Dana-Farber Cancer Institute in Boston, Massachusetts.
Prof. Dr. Richard Schilsky, Chief Medical Officer der ASCO, meinte, dass nun viele Ärzte diese Tumoren nach der Operation auf EGFR-Mutationen testen werden. „Da ist derzeit in den USA kein Standard, die Testung erfolgt erst bei einem Rezidiv oder bei Metastasierung.“
Schilsky wies jedoch darauf hin, dass man bei der Therapieentscheidung sorgfältig abwägen müsse zwischen 12 Wochen Chemotherapie oder 2 Jahren Gefitinib-Behandlung, die an die Adhärenz der Patienten hohe Anforderungen stelle. Zudem seien die Kosten der Tyrosinkinase-Inhibitor-Behandlung sehr viel höher als die der Chemotherapie. Die Entscheidung für die Tyrosinkinase-Inhibitor-Behandlung hängt nach Meinung von Schilsky stark davon ab, ob sie letztendlich zu einer Verlängerung des Gesamtüberlebens führt.
Cisplatin-haltige Chemotherapie derzeit Standard als adjuvante Therapie
Bei rund 25% der mit einem nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom (NSCLC) diagnostizierten Patienten besteht die Chance, den Tumor mit einer Operation zu entfernen. Eine adjuvante Chemotherapie nach der Operation ist derzeit Therapiestandard bei einem NSCLC im intermediären Stadium. Etwa 30% dieser Patienten weisen eine EGFR-Mutation im Tumor auf und können damit von einer gegen EGFR gerichteten Therapie profitieren.
Gegen EGFR gerichtete Tyrosinkinase-Inhibitoren sind bereits in der Erstlinienbehandlung bei fortgeschrittenen Lungenkarzinomen mit EGFR-Mutation Standard. Daher stellte sich die Frage, ob sie nach der Operation eine Alternative zur Chemotherapie sein können.
Gefitinib verlängert krankheitsfreies Überleben
In die randomisierte Phase-3-Studie ADJUVANT wurden 222 Patienten mit komplett reseziertem NSCLC im Stadium II-IIIA aufgenommen, die aktivierende EGFR-Mutationen aufwiesen. Die Gefitinib-Gruppe erhielt den Tyrosinkinase-Inhibitor 250 mg/Tag über 24 Monate, bis zur Progression der Erkrankung oder bis zum Auftreten einer nicht-akzeptablen Toxizität. Die Vergleichsgruppe wurde mit Vinorelbin (25 mg/m² Tag 1 und 8) plus Cisplatin (75 mg/m² Tag 1) alle 3 Wochen über bis zu 4 Zyklen behandelt. Primärer Endpunkt war das krankheitsfreie Überleben.
Nach einer medianen Beobachtungszeit von 36,5 Monaten war das krankheitsfreie Überleben in der Gefitinib-Gruppe mit 28,7 Monaten signifikant länger als in der Chemotherapie-Gruppe mit 18,0 Monaten (Hazard-Ratio 0,60, p = 0,005). Das- krankheitsfreie Überleben über 3 Jahre war mit 34% unter Gefitinib ebenfalls signifikant besser als mit 27% in der Vergleichsgruppe (p = 0,013).
Unerwünschte Wirkungen vom Schweregrad 3 oder höher waren unter Gefitinib mit 12% deutlich seltener als bei Chemotherapie (48%). Unter Chemotherapie war die Lebensqualität häufiger beeinträchtigt, und die Patienten litten vermehrt unter Übelkeit und Erbrechen sowie Neutropenie und Anämie. Unter Gefitinib kam es häufiger zu einer Erhöhung der Leberenzymwerte, zu Hautauschlag und Durchfall.
Wu wies darauf hin, dass in 2 anderen Studien eine adjuvante gezielte Therapie keinen Effekt gezeigt hatte. Dies führte er darauf zurück, dass in diese Studien Patienten im Stadium I, II und III aufgenommen worden waren. Zudem sei in früheren Studien nur auf eine Überexpression von EGFR, nicht jedoch auf eine aktivierende Mutation geachtet worden, wie es in der ADJVUVANT-Studie der Fall war.
REFERENZEN:
1. ASCO Annual Meeting 2017, 02. bis 06. Juni 2017, Chicago/USA
Medscape Nachrichten © 2017 WebMD, LLC
Diesen Artikel so zitieren: Gezielte Therapie nach Lungenkrebs: Für manchen Patienten ist der TKI Gefitinib die bessere Alternative zur Chemo - Medscape - 1. Jun 2017.
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