Gezielte Therapie nach Lungenkrebs: Für manchen Patienten ist der TKI Gefitinib die bessere Alternative zur Chemo

Dr. Susanne Heinzl

Interessenkonflikte

1. Juni 2017

Chicago – Der Tyrosinkinase-Inhibitor (TKI) Gefitinib  ist in der adjuvanten Therapie von Patienten mit EGFR-positivem Lungenkarzinom  wirksamer als eine Cisplatin-basierte Chemotherapie. Dies ergab die Phase-3-Studie ADJUVANT (CTONG  1104), deren Ergebnisse Prof. Dr. Yi-Long Wu, Direktor des Guangdong Lung Cancer Institutes, Guangzhou,  China, in einer Vorab-Pressekonferenz zur Tagung der ASCO 2017 (American  Society of Clinical Oncology) vorgestellt hat [1].

Patienten,  die nach der Operation des Lungenkarzinoms mit Gefitinib behandelt worden waren,  lebten etwa 10 Monate länger ohne erneutes Rezidiv als Patienten, die  Vinorelbin plus Cisplatin erhalten hatten. „Adjuvantes Gefitinib sollte als  eine wichtige Option für Patienten mit einem Lungenkarzinom Stadium II-IIIA und  aktiver EGFR-Mutation angesehen werden“, so die Schlussfolgerung der Autoren.

Diese Studie „liefert einen klaren Nachweis dafür,  dass wir eine gezielte Therapie nicht nur bei Patienten mit fortgeschrittener  Erkrankung einsetzen können, sondern auch in früheren Erkrankungsstadien“, kommentierte der President-elect der  ASCO Prof. Dr. Bruce E. Johnson, Dana-Farber  Cancer Institute in Boston, Massachusetts.

Prof. Dr. Richard Schilsky, Chief Medical Officer der ASCO, meinte,  dass nun viele Ärzte diese Tumoren nach der Operation auf EGFR-Mutationen  testen werden. „Da ist derzeit in den USA kein Standard, die Testung erfolgt  erst bei einem Rezidiv oder bei Metastasierung.“

Schilsky  wies jedoch darauf hin, dass man bei der Therapieentscheidung sorgfältig  abwägen müsse zwischen 12 Wochen Chemotherapie oder 2 Jahren  Gefitinib-Behandlung, die an die Adhärenz der Patienten hohe Anforderungen  stelle. Zudem seien die Kosten der Tyrosinkinase-Inhibitor-Behandlung sehr viel  höher als die der Chemotherapie. Die Entscheidung für die  Tyrosinkinase-Inhibitor-Behandlung hängt nach Meinung von Schilsky stark davon  ab, ob sie letztendlich zu einer Verlängerung des Gesamtüberlebens führt.

 
Diese Studie liefert einen klaren Nachweis dafür, dass wir eine gezielte Therapie nicht nur bei Patienten mit fortgeschrittener Erkrankung einsetzen können, sondern auch in früheren Erkrankungsstadien. Prof. Dr. Bruce E. Johnson
 

Cisplatin-haltige Chemotherapie derzeit  Standard als adjuvante Therapie

Bei rund  25% der mit einem nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom (NSCLC) diagnostizierten  Patienten besteht die Chance, den Tumor mit einer Operation zu entfernen. Eine  adjuvante Chemotherapie nach der Operation ist derzeit Therapiestandard bei  einem NSCLC im intermediären Stadium. Etwa 30% dieser Patienten weisen eine  EGFR-Mutation im Tumor auf und können damit von einer gegen EGFR gerichteten  Therapie profitieren.

Gegen  EGFR gerichtete Tyrosinkinase-Inhibitoren sind bereits in der  Erstlinienbehandlung bei fortgeschrittenen Lungenkarzinomen mit EGFR-Mutation  Standard. Daher stellte sich die Frage, ob sie nach der Operation eine  Alternative zur Chemotherapie sein können.

Gefitinib verlängert krankheitsfreies  Überleben

In die  randomisierte Phase-3-Studie ADJUVANT wurden 222 Patienten mit komplett  reseziertem NSCLC im Stadium II-IIIA aufgenommen, die aktivierende EGFR-Mutationen  aufwiesen. Die Gefitinib-Gruppe erhielt den Tyrosinkinase-Inhibitor 250 mg/Tag  über 24 Monate, bis zur Progression der Erkrankung oder bis zum Auftreten einer  nicht-akzeptablen Toxizität. Die Vergleichsgruppe wurde mit Vinorelbin (25 mg/m² Tag 1 und 8) plus Cisplatin  (75 mg/m² Tag 1) alle 3 Wochen über bis zu 4 Zyklen behandelt. Primärer Endpunkt war das  krankheitsfreie Überleben.

Nach  einer medianen Beobachtungszeit von 36,5 Monaten war das krankheitsfreie  Überleben in der Gefitinib-Gruppe mit 28,7 Monaten signifikant länger als in  der Chemotherapie-Gruppe mit 18,0 Monaten (Hazard-Ratio 0,60, p = 0,005). Das- krankheitsfreie  Überleben über 3 Jahre war mit 34% unter Gefitinib ebenfalls signifikant besser  als mit 27% in der Vergleichsgruppe (p = 0,013).

Unerwünschte  Wirkungen vom Schweregrad 3 oder höher waren unter Gefitinib mit 12% deutlich  seltener als bei Chemotherapie (48%). Unter Chemotherapie war die  Lebensqualität häufiger beeinträchtigt, und die Patienten litten vermehrt unter  Übelkeit und Erbrechen sowie Neutropenie und Anämie. Unter Gefitinib kam es  häufiger zu einer Erhöhung der Leberenzymwerte, zu Hautauschlag und Durchfall.

Wu wies  darauf hin, dass in 2 anderen Studien eine adjuvante gezielte Therapie keinen  Effekt gezeigt hatte. Dies führte er darauf zurück, dass in diese Studien  Patienten im Stadium I, II und III aufgenommen worden waren. Zudem sei in  früheren Studien nur auf eine Überexpression von EGFR, nicht jedoch auf eine  aktivierende Mutation geachtet worden, wie es in der ADJVUVANT-Studie der Fall  war.



REFERENZEN:

1. ASCO Annual Meeting 2017,  02. bis 06. Juni 2017, Chicago/USA 

Kommentar

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