Hausbesuch mit Smartphone: Webbasierte Applikation soll Hausarzt-zentrierte Versorgung einfacher machen

Christina Sartori

Interessenkonflikte

24. Mai 2017

           

Ulrich Weigeldt

           

Berlin – Es soll einfacher werden für Hausärzte in Deutschland  und zwar schon bald. Noch in diesem Jahr wird Geniocare starten: eine  webbasierte Applikation, die die Erfassung und Abrechnung von  Vollversorgungsverträgen zur Hausarzt-zentrierten Versorgung anbietet.  KV-Abrechnungen können über die Applikation dagegen nicht gemacht werden. Geniocare  soll im Laufe des 3. Quartals 2017 zur Verfügung stehen. Enthalten sind auch  ein Medikationsmanagement inklusive bundeseinheitlichem Medikationsplan und  automatisierte Updates.

Deutlich einfacher und zeitsparender als  bisherige Systeme wird die Anwendung sein, das versprach Ulrich Weigeldt, Bundesvorsitzender des Deutschen  Hausärzteverbandes, bei der Vorstellung der Applikation in Berlin [1]. „Der  Vorteil ist, dass Hausärzte, die ihren Patienten die Hausarzt-zentrierte  Versorgung anbieten, leichter diese Verträge umsetzen können“, beschrieb  er die Vorteile im Gespräch mit Medscape.  Die KV-Abrechnung müsse allerdings parallel über die bisherige Praxissoftware  erfolgen.

Auch für mobile Dateneingabe geeignet

Die Applikation Geniocare ist  webbasiert und läuft über alle Browser. Das hat Vorteile: Zum einen brauchen Hausärzte  keine zusätzliche Hardware, um Geniocare zu nutzen. Außerdem können sie die  Applikation nicht nur in ihrer Praxis, sondern auch beim Hausbesuch, mit ihrem  Tablet-PC oder Smartphone nutzen. Damit sind sie mobil und unabhängig.

Der Vorteil ist, dass Hausärzte, die ihren Patienten die Hausarzt-zentrierte Versorgung anbieten, leichter diese Verträge umsetzen können. Ulrich Weigeldt

Selbst wenn zeitweise kein Internet  verfügbar ist, ist es möglich, die Daten einzugeben – sobald wieder eine  Internetverbindung besteht, erfolgt dann automatisch eine Synchronisation, d.h.  die neuen Daten werden eingepflegt.

Webbasiert – aber auch sicher?

Befürchtungen, dass das webbasierte  System nicht sicher ist, seien unnötig, beruhigt Weigeldt: „Ich bin überzeugt,  dass es derzeit das sicherste System ist, was wir im ambulanten medizinischen  Bereich haben.“ Details zu den Sicherheitsvorkehrungen erläuterte Dr. Lutz Kleinholz, Geschäftsführer der  egopulse Deutschland GmbH, die die Applikation in enger Kooperation mit dem  Deutschen Hausärzteverband e.V. und seinen Landesverbänden entwickelt hat: „Die  Anmeldung bei Geniocare erfolgt mittels Zwei-Faktor-Authentifizierung.“ Das  heißt, um in das System zu gelangen, benötigt man 2 Komponenten – so wie man  beim Geldabheben eine Karte und eine PIN besitzen muss. Dadurch erhöht sich die  Sicherheit.

Zudem werden die Daten über eine  verschlüsselte Verbindung an ein Rechenzentrum übertragen und auf den Servern  verschlüsselt, gespeichert und automatisiert über Backups gesichert, beschrieb  Kleinholz. Außerdem: „Unsere künftigen datenschutztechnischen Vorkehrungen und  die datenschutzrechtliche Bewertung sind bereits auf die ab Frühjahr 2018  geltende Datenschutz-Grundverordnung  der EU ausgerichtet.“

Mit diesem System bin ich in der Lage, alles Notwendige schneller zu dokumentieren. Jens Wagenknecht

Entwicklung in Zusammenarbeit mit Hausärzten

Jens Wagenknecht, Hausarzt in Varel, war direkt in die Entwicklung von  Geniocare eingebunden: Er erprobte die Applikation im Rahmen eines Testbetriebs in der Praxis und auch bei Hausbesuchen und  meldete Änderungsbedarf an die technischen Entwickler. Ihn überzeugen vor allem  2 Eigenschaften der Applikation: „Zum einen verlangsame ich mit diesem System  nicht mein Rechnersystem in der Praxis“, stellte er gegenüber Medscape fest. „Das ist eine Applikation,  die immer schnell funktioniert und die ich beim Hausbesuch nutzen kann.“ Denn  dadurch, dass die Applikation webbasiert ist, belasten auch die immer wieder  notwendigen Updates nicht die Kapazität der Praxisrechners, wie es bei  Software, die auf dem Rechner installiert ist, so oft der Fall ist. Geniocare  kann sowohl mit einem Drucker als auch mit einem Kartenlesegerät verbunden  werden.

Vor allem überzeugte Wagenknecht, dass  er durch Geniocare mehr Zeit für seine Patienten hat. „Weil ich für die  Dokumentation von Diagnosen, Ziffern und Formularen nicht mehr so viel Zeit  brauche“, begründete Wagenknecht, der auch Mitglied im Bundesvorstand des  Deutschen Hausärzteverbandes ist. „Wir haben unheimlich viele bürokratische  Vorgänge in der Praxis, an denen wir uns die Finger wundarbeiten. Mit diesem System bin ich in der  Lage, alles Notwendige schneller zu dokumentieren.“

Start ist noch in diesem Jahr

Geniocare soll im Laufe des  3. Quartals 2017 zur Verfügung stehen und monatlich 49 Euro zzgl. 19% MwSt. für  die gesamte Praxis mit allen Betriebsstätten kosten. Es ist nach Angaben des  Herstellers geeignet für alle Praxisformen und bietet Hausärzten eine Vergabe  der Zugriffsrechte für das gesamte Praxisteam. Eine normale Internet-Verbindung  ist für die Applikation ausreichend.

Wir werden bei der Digitalisierung von Schnecken überholt. Ulrich Weigeldt

Alle Vollversorgungsverträge zur Hausarzt-zentrierten  Versorgung sind verfügbar, ebenso wie ein Medikationsmanagement inklusive  bundeseinheitlichem Medikationsplan. Alle Updates erfolgen automatisiert und  kostenfrei.

Digitalisierung im Schneckentempo

Weigeldt verband die Präsentation der  Applikation Geniocare mit einer deutlichen Kritik an der bisher schleppenden  Digitalisierung im deutschen Gesundheitswesen: „Wir werden bei der Digitalisierung von Schnecken überholt“,  sagte er. Als Beispiel führte er an, dass die Gesellschaft für  Telematikanwendungen der Gesundheitskarte gematik noch immer keine Telematik-Infrastruktur  zur Verfügung gestellt habe.

Das Konzept, Daten auf einer Karte zu speichern,  sei inzwischen überholt. „Die Gesundheitskarte ist eher eine Technologie von  gestern“, kritisierte Weigeldt. „Man wird immer sein Handy dabei haben, aber  nicht immer die Gesundheitskarte.“ Deswegen sei es sinnvoller, auf eine  Technologie zu setzen, die das, was man benötigt, ständig verfügbar macht. Auch  die Umsetzung der Videosprechstunde sei mit zu vielen Regelungen und Vorgaben  verbunden. „Deswegen haben wir uns entschlossen, selbst aktiv zu werden“,  begründet er die Entwicklung der Applikation Geniocare ohne Einbezug der  Selbstverwaltung.

REFERENZEN:

1. Pressegespräch  des Deutschen Hausärzteverbandes: „Digitalisierung in der Hausarztpraxis“, 18.  Mai 2017, Berlin

Kommentar

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