Typ-2-Diabetes: Sportmedizinerin gibt Tipps, wie Sie einen Couch-Potato doch zum Intervalltraining motivieren können

Julia Rommelfanger

Interessenkonflikte

2. Mai 2017

Mannheim – Regelmäßiger  Sport hält Typ-2-Diabetiker nicht nur (wie alle Menschen) fitter, er  erleichtert es ihnen auch, ihre Krankheit besser in den Griff zu bekommen. Dies  betonten Wissenschaftler der Technischen Universität (TU) München, die zum  Einfluss von Sport auf verschiedene Erkrankungen forschen, auf der 123. Jahrestagung  der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) in Mannheim [1].

„Wir wissen, dass regelmäßige Bewegung den  Blutzuckerspiegel von Typ-2-Diabetikern senkt und auch andere kardiovaskuläre  Risikofaktoren positiv beeinflusst – deshalb ist ein sportliches Training für diese  Patienten, von denen wir viele an unserem Zentrum betreuen, essenziell“, sagte Dr. Katrin Esefeld vom Institut für  Prävention und Sportmedizin am Klinikum rechts der Isar der TU München.

Laut bisheriger Studiendaten lassen sich mit Sport jedoch  eher mikro-, denn makrovaskuläre Komplikationen beeinflussen, erklärte sie in  ihrem DGIM-Vortrag zu „Körperlichem Training in der Therapie des Diabetes“. So  war es zum Beispiel in der vorzeitig abgebrochenen US-amerikanischen Look  AHEAD-Studie nicht gelungen, mit einem Interventionsprogramm, das – neben  Gewichtskontrolle – auch vermehrte Bewegung beinhaltete, bei übergewichtigen  Diabetikern nach 10 Jahren durchschnittlichem Follow-up einen kombinierten  Endpunkt aus kardiovaskulärem Tod, Schlaganfall, Herzinfarkt oder  Hospitalisierung aufgrund einer Angina  pectoris  zu beeinflussen (wie Medscape berichtete).

Doch immerhin hatte die intensive Lebensstilintervention  einen positiven Einfluss auf Gewicht und Fitnesszustand, erklärte Esefeld. „Aber  die Studie wurde nun einmal abgebrochen aufgrund der fehlenden Wirkung auf den  Endpunkt“, erklärte Esefeld im anschließenden Gespräch mit Medscape. „Danach stellte sich schon die Frage, ob Sport für  Diabetes-Patienten überhaupt etwas bringt.“

 
Daher sollten Hausärzte ihren Diabetes-Patienten in jedem Fall ein Rezept für Bewegung ausstellen. Dr. Katrin Esefeld
 

Mittlerweile wisse man aber: „Je aktiver die Patienten,  desto fitter sind sie und desto weniger Risikofaktoren haben sie. Zudem wird  die Glukose derer, die Sport machen, besser in die Zellen aufgenommen. Daher sollten Hausärzte ihren  Diabetes-Patienten in jedem Fall ein Rezept für Bewegung ausstellen“, so  ihre Überzeugung. Dabei seien konkrete, individuelle Empfehlungen essenziell,  um Patienten zum Training zu motivieren.

Bewegungsrezept  schafft Verbindlichkeit

Besonders schwierig sei das bei Patienten, die noch nie  oder über einen längeren Zeitraum nicht mehr Sport getrieben haben. Erster  Schritt sollte bei solchen Patienten eine Bestandsaufnahme sein. Es wird  empfohlen, dass sie zunächst einen Schrittzähler bekommen und in einem  Bewegungs-Tagebuch eine Woche lang ihre täglichen Schritte notieren.

„Zweitens muss das Training verbindlich und mit einer  klaren, individuell auf den Patienten zugeschnittenen Empfehlung verordnet  werden – genau wie eine Medizin, rät Esefeld. „Lassen Sie den Patienten nicht  allein, das heißt, sagen Sie ihm nicht einfach: Treiben Sie Sport! Sondern  erarbeiten Sie gemeinsam mit ihm einen Trainingsplan, damit er das Programm  längerfristig durchhält.“

Das bedeute: Die Sportarten, aber auch für jede Woche die  Belastungsdauer und -intensität festzulegen. So lerne der Diabetiker auch durch  ein „Kopf-Training“, wie wichtig regelmäßige Bewegung sei.

Um die Hemmschwelle zu Trainingsbeginn nicht zu hoch zu  setzen, solle das Training in den ersten Wochen einem „Start low, go slow“-Prinzip  folgen, sprich, zu Beginn sind 5-10 Minuten täglicher moderater Ausdauersport,  etwa Walking oder Nordic Walking angebracht. Dauer und Intensität sollte dann langsam  von Woche zu Woche gesteigert werden. In den Wochen 3 bis 6 könne schon 10-20 Minuten täglich trainiert werden, mit einem Pausentag.

Bessere Anpassung  durch Intervalltraining

Hinsichtlich der Intensität hat eine dänische Studie von Dr.  Kristian Karstoft 2012 ergeben, dass wenn moderates Walking mit Intervallen  höherer Intensität kombiniert wird, dies hinsichtlich VO2max und Blutzuckerkontrolle  für Typ-2-Diabetiker besser ist als reines moderates Dauertraining. Esefeld empfiehlt  daher für stabile Patienten ein Intervalltraining, bei dem mit bis zu 80% der  maximalen Pulsfrequenz trainiert wird.

Esefeld, die selbst als Triathletin mehrmals erfolgreich  am Ironman auf Hawaii teilgenommen hat, empfahl als Intervalle  beim Walking zwischendurch Läufe im „Tripp-Trapp“-Stil  oder flottes Walking. Joggen sei dagegen für die meisten Typ-2-Diabetiker zu  anstrengend.

„Den Tripp-Trapp-Lauf zeigen Sie Ihren Patienten am  besten – er kommt sehr gut an, weil das Training dadurch abwechslungsreicher  wird“, so die Erfahrung der Sportmedizinerin. „Zudem kommt, wenn man nur  spazieren geht, der Stoffwechsel nicht richtig in Gang.“ Kurze Reize mit  höherer Intensität und anschließende Erholung im Training stellten dagegen eine  gute Möglichkeit dar, den Stoffwechsel anzukurbeln.

 
Das Intervalltraining wird von vielen Patienten besser toleriert als die dauerhafte Belastung. Dr. Katrin Esefeld
 

„Das  Intervalltraining wird von vielen Patienten besser toleriert als die dauerhafte  Belastung“, so Esefelds Erfahrung. Oft jedoch seien besonders  übergewichtige Diabetiker anfangs nicht in der Lage mehr als 200 bis 300 Meter  am Stück zurückzulegen. Um auch diese Patienten an ein Training zu binden, sei  der langsame, durch den Arzt begleitete Trainingsbeginn wichtig.

Trainiert werden solle nach der Anfangsphase mindestens  150 Minuten pro Woche. Ideal sei eine Kombination aus Ausdauer- und  Krafttraining; letzteres am besten zweimal pro Woche. „Zum einen steigt durch  Krafttraining der Grundumsatz, wodurch sich die Patienten sportlicher und  fitter fühlen, zum anderen ist der Aufbau von Muskelmasse besonders für ältere  Patienten entscheidend, um den Körper zu stabilisieren.“

Sie empfiehlt Diabetes-Patienten eher ein  Kraftausdauertraining mit vielen Wiederholungen und wenig Gewicht als hohe  Gewichtsbelastungen. „Bei Bluthochdruck verhindert das Blutdruckspitzen.“

Aktuell betreut Esefeld am von Prof. Dr. Martin Halle geleiteten Zentrum für Prävention und  Sportmedizin in München in einem Projekt mit der Techniker Krankenkasse ein  6-monatiges Trainingsprogramm von Typ-2-Diabetikern in einem Reha-Studio. „Bei  vielen, auch bei denjenigen, die anfangs nicht so offen für das Training waren,  sieht man nach 3Monaten deutliche  Verbesserungen. Sie haben Gewicht verloren  und brauchen teilweise kein Insulin mehr“, schildert sie ihre Erfahrungen  gegenüber Medscape. Nach den 6 Monaten setzten viele Patienten das Training fort, ergänzt sie.



REFERENZEN:

1. 123.  Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM), 29. April bis 2. Mai 2017, Mannheim

Kommentar

3090D553-9492-4563-8681-AD288FA52ACE
Wir bitten darum, Diskussionen höflich und sachlich zu halten. Beiträge werden vor der Veröffentlichung nicht überprüft, jedoch werden Kommentare, die unsere Community-Regeln verletzen, gelöscht.

wird bearbeitet....