COPD-Prävention ist mehr als Nikotin-Verzicht: Wer als Kind mit schlechter Lungenfunktion startet, holt das selten auf

Roland Fath

Interessenkonflikte

24. April 2017

Stuttgart – Die  Prävention chronischer Atemwegserkrankungen sollte in der Kindheit beginnen –  eine Binsenweisheit in Bezug auf Asthma bronchiale, aber ein fast  revolutionärer Ansatz bei COPD. Der Grundstock für eine gute Lungenfunktion werde  in der Kindheit gelegt, betonte Prof. Dr. Klaus Rabe beim Deutschen Pneumologenkongress [1].

Bereits seit einiger Zeit wankt das Dogma, dass  COPD-Patienten grundsätzlich selbst schuld sind an ihrer schweren chronischen  Erkrankung. 80 bis 90% der Patienten sind bekanntlich langjährige Raucher, aber  was ist mit den übrigen? Die genetische Disposition könnte eine Erklärung sein,  das Mikrobiom eine andere, erläuterte Rabe.

Schlechtere  Startbedingungen

Aber deutlich interessanter für die Prävention sind ganz  andere neue  Erkenntnisse. Demnach entsteht eine COPD nicht immer infolge des  beschleunigten Abfalls der Lungenfunktion durch Nikotinabusus. Bei manchen  Patienten, und das können auch Nichtraucher sein, verschlechtert sich die  Lungenfunktion nur langsam, aber stetig, wie in einem natürlichen Verlauf. Wenn  aber der Ausgangswert ihrer Lungenfunktion, beurteilt üblicherweise nach dem  Ein-Sekunden-Wert (FEV1),  schon zu Beginn ihres Lebens deutlich unter dem Durchschnitt lag, entwickelt  sich dann eben deutlich früher eine starke Beeinträchtigung der Lungenfunktion  mit Symptomen einer COPD.

 
Ich frage meine neuen COPD-Patienten jetzt immer nach dem Geburtsgewicht. Prof. Dr. Klaus Rabe
 

„Ich  frage meine neuen COPD-Patienten jetzt immer nach dem Geburtsgewicht“, berichtete  Rabe, Pneumologe an der Lungenklinik Großhansdorf. Er löse damit zwar häufig  etwas Verwunderung aus, sagte er – so auch bei seinen Zuhörern auf der  pädiatrisch orientierten Sitzung zu den frühen Ursachen chronischer  Lungenerkrankungen.

Viele COPD-Patienten würden dann angeben, dass sie ein „mickriges“  Kind gewesen seien, so Rabe. Das lege nahe, dass sie mit einer beeinträchtigten  Lungenfunktion ins Leben gestartet seien und dies häufig nicht mehr aufholen konnten.

Bis zum 20. Lebensjahr werde die maximale Lungenfunktion  erreicht, betonte Rabe. Je schlechter der FEV1-Wert in der Jugend ist, desto schlechter auch  im Erwachsenenalter. „Es  scheint sehr sinnvoll zu sein, bei jungen Patienten eine gute Lungenfunktion zu  erhalten“, betonte Rabe und appellierte an Kinderärzte und Pneumologen hier  enger zusammenzuarbeiten.

Präventionsmöglichkeiten  noch vage

Welche Möglichkeiten der Prävention gibt es aber?  Evidenzen für die beste Vorgehensweise seien bisher nicht verfügbar, räumte der  Lungen-Experte ein, „wir brauchen große Kohortenstudien“. Aber es gebe durchaus  logische Ansätze. Einer davon: Frühgeburten zu verhindern, ermögliche auch  einer schlechten Lungenfunktion in der Kindheit vorzubeugen.

 
Es scheint sehr sinnvoll zu sein, bei jungen Patienten eine gute Lungenfunktion zu erhalten. Prof. Dr. Klaus Rabe
 

Ansonsten müsse das vorhandene therapeutische Arsenal  ausgeschöpft werden, um eine weitere Beeinträchtigung der Lungenfunktion in der  Kindheit zu verhindern. Zu erwägen sei z.B. bei infektanfälligen Kindern mit  auffälligen Entzündungsparametern auch eine probatorische Anti-IgE-Therapie, so  Rabe. Ob das aber bei Risikokindern tatsächlich im weiteren Verlauf etwas bringe,  sei unklar.



REFERENZEN:

1. 58. Kongress der Deutschen Gesellschaft für  Pneumologie und Beatmungsmedizin, 22. bis 25. März 2017, Stuttgart

Kommentar

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