Stuttgart – Beim Asthma-Management geht der Trend zur personalisierten individuellen Therapie, orientiert am Phänotyp der Patienten. Eine erweiterte, differenzierte Diagnostik für den Einsatz zielgerichtet wirkender Medikamente ist aber nur bei schwerem Asthma erforderlich. Dies konstatierte Prof. Dr. Roland Buhl beim Deutschen Pneumologenkongress [1].
80 Prozent der Asthmatiker gut mit Standardtherapie behandelbar
Bei den meisten Patienten sei nach klinischer Asthma-Diagnose sogar eine empirische Therapie mit inhalativen Kortikosteroiden (ICS), langwirksamen Beta-2-Mimetika (LABA) und kurzwirksamen Bronchodilatatoren nach Bedarf zu rechtfertigen, so der Pneumologe vom Universitätsklinikum Mainz. „Spricht der Patient darauf gut an, hat der Arzt alles richtig gemacht.“
Bei 80% aller Asthmatiker kann die Erkrankung mit der Standardtherapie – ICS, ICS/LABA – kontrolliert werden, betonte auch Prof. Dr. Stefan Zielen, Pädiater und Pneumologe am Universitätsklinikum Frankfurt am Main. Deshalb sei trotz der Heterogenität des Krankheitsbildes und der Patienten der Krankheitsbegriff Asthma immer noch zeitgemäß und es brauche nicht von einem Syndrom gesprochen werden.
Wann aufwendiger diagnostizieren?
Eine aufwändigere Diagnostik sei allerdings bei Rauchern mit Anzeichen eines sogenannten Late-onset-Asthma sowie bei schwerer kranken Asthma-Patienten empfehlenswert, die auf die Standardtherapie nicht genügend ansprechen. Bei ersteren müsse sorgfältig zwischen einem Asthma bronchiale und einer COPD unterschieden werden, sagte Buhl.
Die früher angewendeten Reversibilitätskriterien der Atemwegsobstruktion seien wenig hilfreich. Bessere Ergebnisse in der Differentialdiagnose werden nach Angaben des Pneumologen durch Messungen der arteriellen Blutgase (normal bei Asthma zwischen den Exazerbationen, immer pathologisch bei schwerer COPD) und der Diffusionskapazität der Lunge für CO (DLCO: normal oder leicht erhöht bei Asthma, oft reduziert bei COPD) gefunden. Auch ein Thorax-CT (meist normal bei Asthma-Patienten, Kennzeichen einer Hyperinflation oder eines Emphysems bei COPD), erhöhte FeNO-Werte (Stickoxidanteil in der Ausatemluft > 50ppb) im Rahmen einer Th2-Entzündung sowie eine Bluteosinophilie könnten die Asthma-Diagnose stützen.
Eine möglichst akkurate Diagnose der Ursache der Atemwegsobstruktion ist für die richtige Therapie von großer Bedeutung, betonte Buhl. Zwar werden Asthma- und COPD-Patienten oft mit den gleichen Wirkstoffen behandelt, aber der Stellenwert und die Indikation unterscheiden sich erheblich.
Natürlich sollte bei Asthma-Patienten immer auch auf relevante Allergien geprüft und Komorbiditäten sollten berücksichtigt werden, so der Pneumologe weiter. Sowohl Allergien als auch einige Begleiterkrankungen erhöhen das Exazerbationsrisiko. Als Risikofaktoren für häufigere Exazerbationen bei Patienten mit schwerem bzw. schwierig zu behandelnden Asthma wurden u.a. identifiziert:
gastroösophagealer Reflux,
Hyperthyreose,
obstruktive Schlafapnoe
sowie hormonelle und psychologische Störungen.
Gerade bei Patienten mit schwerem refraktärem Asthma sollten mögliche Triggerfaktoren ausgeschaltet und Komorbiditäten bestmöglich behandelt werden. Zudem sollten die Compliance überprüft und Differentialdiagnosen ausgeschlossen werden, sagte Buhl.
Therapie nach Phänotyp
Für die Optimierung der Therapie bei schwerem Asthma und die Wahl spezifisch wirkender Medikament sei die Messung von Biomarkern – FeNO, Eosinophile, IgE-Spiegel – sowie die Einteilung der Patienten in Phänotypen Voraussetzung. Bei Patienten mit schwerem allergischen Asthma – typisch: früher Krankheitsbeginn, „allergische“ Komorbiditäten, allergenbezogene Symptomatik, erhöhtes Gesamt- und spezifisches IgE – komme als zusätzliche Therapie der anti-IgE-Antikörper Omalizumab in Frage.
Bei Patienten mit eosinophilem Asthma (später Krankheitsbeginn, viele Symptome, häufig Exazerbationen, mindestens 300 Eosinophile/µl Blut, in der Regel keine relevanten Allergien) die neuen Anti-Interleukin-5-Antikörper infrage. Bei vielen Patienten mit eosinophilem Asthma liegen die FeNO-Werte über 50 ppb oder es liegen auch Nasenpolypen vor, berichtete Buhl, dies seien aber keine zwingenden Kriterien. Beim FeNO-Test sei zu beachten, dass die Messung bei aktiven Rauchern nichts bringe, weil die Werte per se niedriger sind.
Zu den Sonderformen eines Asthma bronchiale zählen Anstrengungsasthma bei Ausdauerathleten sowie Analgetika-Asthma. Hinweise für ein Anstrengungsasthma seien neben der Symptomatik eine positive Metacholin-Provokation sowie vermehrt Leukotriene im Urin, berichtete Buhl. Eosinophile und NO-Werte seien in der Regel normal. Die Patienten sprächen kaum auf (inhalative) Glukokortikoide an.
Ein Analgetika-Asthma beginnt in der Regel erst im höheren Alter und geht nach Angaben des Pneumologen häufig mit Polyposis nasi einher. Neben der Symptomatik helfen bei der Diagnostik die Messung von Eosinophilen im Blut und Leukotrienen im Urin sowie eine ASS-Provokation.
REFERENZEN:
1. 58. Kongress der deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin, 22. bis 25. März 2017, Stuttgart
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Medscape Nachrichten © 2017 WebMD, LLC
Diesen Artikel so zitieren: Asthma bronchiale: Bei 8 von 10 Patienten reicht die Standardtherapie – bei wem sich die Klärung des Phänotyps lohnt - Medscape - 21. Apr 2017.
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