Darmkrebs: Antikörper-Test wird zur Kassenleistung – was sich für Ärzte ändert

Michael van den Heuvel

Interessenkonflikte

18. April 2017

Mitglieder gesetzlicher Krankenversicherungen haben seit 1. April Anspruch auf den immunologischen fäkalen Okkultbluttest (iFOBT). Er basiert auf einer Antikörper-Reaktion mit Hämoglobin und erkennt nicht sichtbares Blut im Stuhl mit einer höheren Sensitivität als der Guajak-Test [1].

Prof. Dr. Thomas Seufferlein

Prof. Dr. Thomas Seufferlein, Ärztlicher Direktor der Klinik für Innere Medizin I, Zentrum für Innere Medizin am Universitätsklinikum Ulm, erklärt gegenüber Medscape einen Vorteil zur herkömmlichen Testung: „Dem Guajak-Test liegt eine Peroxidase-Reaktion zugrunde, um Hämoglobin zu detektieren.“ Dabei sei es gelegentlich zu falsch positiven Resultate bei Blutbestandteilen aus Fleisch gekommen.

Seufferlein: „Weil die Antikörper nur auf menschliches Hämoglobin reagieren, ist der iFOBT deutlich weniger störanfällig als der Guajak-Test.“ Bei der Spezifität und Sensitivität spricht er von einer „Verbesserung um den Faktor 3“. Deshalb hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) beschlossen, den neuen Test in die Krebsfrüherkennungs-Richtlinie aufzunehmen. Was ändert sich für Ärzte?

Neue Abrechnungsmodalitäten

Wie bisher erhalten Patienten ihren Test in der Praxis. Damit der iFOBT optimale Ergebnisse liefert, sollten Ärzte ihre Patienten auf einige Besonderheiten hinweisen. Nachdem die Stuhlprobe genommen wurde, darf das Behältnis nicht allzu lange liegen. Ideal ist, die Probe spätestens am nächsten Tag abzugeben. Die Auswertung erfolgt, anders als bislang, in spezialisierten Labors. Im Falle positiver Ergebnisse kontaktiert der Arzt den Patienten und veranlasst weitere diagnostische Maßnahmen.

 
Weil die Antikörper nur auf menschliches Hämoglobin reagieren, ist der iFOBT deutlich weniger störanfällig als der Guajak-Test. Prof. Dr. Thomas Seufferlein
 

Aufgrund dieser Neuerungen wurden weitere Gebührenordnungspositionen (GOP) in den EBM eingeführt. „Ärzte, die den iFOBT als Früherkennungsuntersuchung auf kolorektales Karzinom veranlassen, rechnen ab April die GOP 01737 (Bewertung 57 Punkte, Vergütung 6 Euro) ab“, heißt es in einer Meldung des GKV-Spitzenverbands. „Die Leistung umfasst die Ausgabe, Rücknahme und Weiterleitung des Stuhlproben-Entnahmesystems sowie die Beratung des Patienten bei einer präventiven Untersuchung.“

Im Labor arbeiten Ärzte mit der GOP 01738 (Bewertung 75 Punkte, Vergütung 7,90 Euro) bei einer präventiven Untersuchung und der GOP 32457 bei einer kurativen Untersuchungsindikation. Voraussetzung ist, dass sie eine Abrechnungsgenehmigung für diese Leistung haben. Außerdem müssen etliche Daten an die zuständige KV übermittelt werden. Dazu gehören Angaben zu den verwendeten Tests, zur Qualitätssicherung und zur Zahl der untersuchten Proben.

Eckdaten des Screenings bleiben unverändert

An den Empfehlungen, wer am Screening teilnehmen sollte, wird das neue Verfahren jedoch nichts ändern: „Frauen und Männern ab 50 Jahren sollten den Test einmal jährlich durchführen, die Kosten dafür übernimmt die Krankenkasse“, sagt Prof. Dr. Wolff Schmiegel, Direktor der Medizinischen Universitätsklinik am Knappschaftskrankenhaus Bochum. Neu sei, dass Hausärzte den immunologischen Test auch beim Check-up 35 ausgeben können, falls Patienten das Anspruchsalter von 50 Jahren erreicht haben.

 
Im Sinne der Qualitätssicherung sollte eine zentrale Evaluierung der Ergebnisse erfolgen. Prof. Dr. Wolff Schmiegel
 

Sollte der iFOBT positiv ausfallen, folgt eine Koloskopie. Ab dem 55. Lebensjahr raten Gastroenterologen ohnehin zu dieser Untersuchung. Im Unterschied zum Antikörpertest sind Darmspiegelungen nur alle 10 Jahre erforderlich, sollte sich kein Befund ergeben.

Evaluierung nicht geplant

Fragen bleiben trotz dieser sozialrechtlichen Regelungen offen. Schmiegel: „Eine zentrale Evaluierung der Ergebnisse wie bei der Vorsorgekoloskopie – also eine zentrale Auswertung im Hinblick auf Qualität und Nutzen – ist für den iFOBT seitens des G-BA bislang noch nicht geplant.“ Aus Sicht der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten sei dies unbedingt nachzuholen. „Im Sinne der Qualitätssicherung sollte eine zentrale Evaluierung der Ergebnisse erfolgen“, fordert der Experte.

Seufferlein ergänzt: „Wichtig wäre eine Rückkopplung nicht nur über Ringversuche als Teil der Qualitätssicherung, sondern über tatsächliche Resultate.“ Das könne beispielsweise anhand der Zahl an koloskopisch detektierten Polypen geschehen, sei aber aufwändig. „Wir sollten trotzdem diagnostische Ergebnisse und deren Relevanz evaluieren.“



REFERENZEN:

1. Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten, Pressemitteilung, 31. März 2017

Kommentar

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