Nach Todesfällen in Frankreich: EMA gibt Entwarnung zu Selexipag bei pulmonaler Hypertonie – „Medikament ist sicher“

Nadine Eckert

Interessenkonflikte

7. April 2017

Die  Europäische Arzneimittelbehörde EMA hat ihr Risikobewertungsverfahren zu  Uptravi® (Selexipag, Actelion) abgeschlossen,  einem Medikament zur Behandlung der pulmonalen arteriellen Hypertonie (PAH). Es  war eingeleitet worden, nachdem in Frankreich 5 damit behandelte Patienten  gestorben waren. Die Behörde kommt aber zu dem Schluss, dass das Medikament  sicher ist und weiterhin eingesetzt werden kann. Die bisherige  Verschreibungsinformation behält ihre Gültigkeit; Änderungen sind basierend auf  der Überprüfung nicht notwendig.

Todesfälle und  Postmarketing-Daten unter der Lupe

Das  Risikobewertungskomitee der EMA (Pharmacovigilance Risk  Assessment Committee, PRAC) habe im Rahmen des  Verfahrens nicht nur die 5 Todesfälle genauestens untersucht, heißt es in einer  Mitteilung der Behörde [1]. Auch Sicherheitsdaten, die nach der Markteinführung  von Selexipag gesammelt wurden, sowie Daten aus klinischen Studien und Daten  aus Vergleichsuntersuchungen mit anderen PAH-Medikamenten kamen auf den  Prüfstand.

Zu den 5 Todesfällen macht die Behörde keine weiteren Angaben. Das PRAC kommt aber zu  dem Fazit, dass die untersuchten Daten nicht für einen mit Selexipag  assoziierten Anstieg der Mortalität sprächen. Die Todesraten von Patienten, die  Selexipag nehmen, entsprächen denjenigen mit anderen PAH-Medikamenten.

PRAC: Kein Anlass für behördliche  Maßnahmen

Aus diesem  Grund bestehe zum jetzigen Zeitpunkt kein Anlass für spezifische behördliche  Maßnahmen. Die Sicherheit von Selexipag soll aber weiterhin überwacht werden.  Daten, die sich aus noch laufenden und geplanten Studien ergeben, will das PRAC  „sorgfältig auswerten und beurteilen“.

Selexipag ist  ein oraler Prostacyclin-Rezeptor-Agonist – das erste Medikament dieser Klasse –  und wird zur Langzeittherapie der PAH eingesetzt. Er ist seit Mai 2016  zugelassen in Kombination mit Endothelin-Rezeptor-Antagonisten (ERA) und/oder Phosphodiesterase-Typ-5 (PDE-5)-Inhibitoren, wenn diese  Medikamente nicht ausreichend wirken. Bei Patienten, die für eine Therapie mit  ERA oder PDE-5-Inhibitoren nicht in Frage kommen, kann Selexipag auch als  Monotherapie verordnet werden.

Uneinigkeit über Zusatznutzen

In Deutschland hat das Medikament  unabhängig von den in Frankreich aufgetretenen Todesfällen keinen leichten  Stand, denn das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im  Gesundheitswesen (IQWiG) hat Selexipag in einer frühen Nutzenbewertung keinen Zusatznutzen  bescheinigt. Diese Entscheidung wird von Fachleuten kontrovers diskutiert: Die Deutsche Gesellschaft für  Kardiologie sieht zumindest bei Patienten unter vorbestehender Kombinationstherapie aus ERA und  PDE-5-Inhibitoren mit weiterhin intermediärem Risiko einen deutlichen  Zusatznutzen für Selexipag.

Erneute und laufende Risikobewertungsverfahren

Im März hatte das PRAC empfohlen, die Zulassung bestimmter gadoliniumhaltiger  Kontrastmittel auszusetzen. Den Herstellern der Kontrastmittel stand jedoch die  Möglichkeit offen, eine erneute Untersuchung ihres Produktes zu beantragen.  Dies haben mittlerweile einige Unternehmen getan. Der Abschlussbericht des PRAC  zu den erneuten Untersuchungsverfahren wird im Juli 2017 erwartet.

Des Weiteren befinden sich beim PRAC derzeit  Paracetamol-Tabletten mit verzögerter Wirkstofffreisetzung auf dem Prüfstand. Es geht um die Frage, ob zusätzliche  Sicherheitsmaßnahmen getroffen werden müssen, um Überdosierungen dieser neuen  Darreichungsform zu vermeiden.

Ein weiteres Verfahren befasst sich mit dem  Risiko für allergische Reaktionen bei Medizinprodukten, die Laktose bovinen  Ursprungs für den intravenösen oder intramuskulären Gebrauch enthalten.

Einen bei Hämophilie A eingesetzten, gentechnisch  hergestellten Gerinnungsfaktor VIII überprüft das PRAC derzeit auf das Risiko  für die Entstehung inhibierender Proteine.

Ebenfalls noch in der Risikobewertung befinden  sich Retinoide. Das PRAC überprüft zum einen, ob die Maßnahmen zur  Schwangerschaftsverhütung unter der Therapie ausreichen, zum anderen das Risiko  für die Entstehung psychischer Störungen.

Zu guter Letzt läuft derzeit auch noch das Risikobewertungsverfahren zu den systemischen und inhalativen Chinolonen  und Fluorchinolonen.



REFERENZEN:

1. Meeting  Highlights vom Pharmacovigilance Risk Assessment Committee (PRAC) der EMA,  3. bis 6. April 2017

Kommentar

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