Einer Langzeituntersuchung über 17 Jahre hat erstmals nachgewiesen, dass eine einmalige flexible Sigmoidoskopie auch über solch einen langen Zeitraum noch das kolorektale Karzinomrisiko senkt. Prof. Dr. Wendy Atkin, Cancer Screening and Prevention Research Group, Imperial College London, und ihre Mitautoren haben die randomisierte multizentrische Studie mit über 170.000 Patienten in The Lancet publiziert [1].
Die einmalige Dickdarm-Spiegelung schützte die Probanden bis zu 17 Jahre lang vor einer Erkrankung an Darmkrebs oder vor einem Darmkrebs-bedingten Tod. „Personen, die sich nur einmal einer Sigmoidoskopie unterziehen, haben ein um 35 Prozent niedrigeres Risiko, an Darmkrebs zu erkranken, und ein um 40 Prozent niedrigeres Risiko, an Darmkrebs zu sterben“, so Atkin in einer Pressemitteilung des Cancer Research UK. „Es ist außergewöhnlich: Es ist das erste Mal, dass ein solcher Langzeiteffekt, nämlich über 17 Jahre, nachgewiesen werden konnte.“
Die Wirkungen werden noch deutlicher, wenn man nur den letzten Teil des Darms berücksichtigt, der bei der Sigmoidoskopie inspiziert werden kann: „Wir sehen 56 Prozent weniger Darmkrebsfälle im letzten Abschnitt des Darms. Und das Risiko, an dieser Erkrankung zu sterben, sinkt um zwei Drittel (66 Prozent) durch das Screening“, erläuterte Atkin.
Auch Prof. Dr. Paul Pinsky, National Cancer Institute, Bethesda, Maryland, bezeichnet im begleitenden Editorial die Ergebnisse als hochinteressant [2]. Die Studie liefere benötigte Daten zu einer Optimierung von Screeningprogrammen mit flexibler Sigmoidoskopie. „Diese Ergebnisse könnten auch für das Koloskopie-Screening relevant sein“, so Pinsky weiter. Wenn der über 10 Jahre belegte Schutz durch die Koloskopie für die Inzidenz des proximalen Kolorektalkarzinoms auch über 17 Jahre aufrechterhalten werden könnte, könne eine Änderung des Untersuchungsintervalls für das Koloskopie-Screening überlegt werden, das derzeit 10 Jahre beträgt.
Darmkrebsvorsorge mit Sigmoidoskopie und Test auf Blut im Stuhl
Anders als in Deutschland und in den USA wird für die Darmkrebsvorsorge in Großbritannien eine flexible Sigmoidoskopie im Alter von 55 Jahren mit jährlichen Stuhluntersuchungen auf okkultes Blut empfohlen. Der Nutzen des Screenings ist im UK Flexible Sigmoidoscopy Screening Trial nachgewiesen.
An dieser Untersuchung hatten zwischen 1994 und 1999 insgesamt 170.432 Männer und Frauen im Alter zwischen 55 und 64 Jahren teilgenommen, und zwar 112.936 in der Kontrollgruppe und 57.098 in der Interventionsgruppe. Den Personen der Interventionsgruppe wurde eine flexible Sigmoidoskopie angeboten, die von einer Koloskopie gefolgt war, wenn Hochrisiko-Polypen gefunden wurden. In der Interventionsgruppe wurden letztendlich 40.621 Personen (71%) gescreent und 16.477 (29%) nicht gescreent.
Nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 11,2 Jahren war in der Per-Protokoll-Analyse (sie umfasste nur die Personen, die auch an der Untersuchung tatsächlich teilnahmen) in der Sigmoidoskopie-Gruppe das Risiko für ein Kolorektalkarzinom um 33%, für ein distales Kolorektalkarzinom um 50% und für Tod durch ein Kolorektalkarzinom um 43% gesenkt worden.
Neue Daten nach 17 Jahren
Nach im Mittel 17,1 Jahren waren in der Interventionsgruppe 1.230 Personen (592 distal und 612 proximal) an Darmkrebs erkrankt, und in der Kontrollgruppe 3.253 (1.987 distal und 1.255 proximal). Laut der Intention-to-Treat-Analyse (ITT-Analyse) wurde damit die Karzinominzidenz um 26% im Vergleich zur Kontrollgruppe gesenkt (p < 0,0001), laut der Per-Protokoll-Analyse um 35%. Die Inzidenz distaler Tumoren sank um 41% in der ITT-Analyse und um 56% in der Per-Protokoll-Analyse. Die flexible Sigmoidoskopie hatte keinen Einfluss auf die Inzidenz proximaler Kolontumoren.
In der Interventionsgruppe starben 353 Personen, in der Kontrollgruppe 996 an einem Kolorektalkarzinom. Dies bedeutet in der ITT-Analyse eine Abnahme des Sterberisikos um 30% (p < 0,0001), in der Per-Protokoll-Analyse um 41%.
Die Autorengruppe errechnet aus den Ergebnissen, dass 98 Personen gescreent werden mussten (NNS), um über 17 Jahre eine Erkrankung an einem Kolorektalkarzinom zu vermeiden. Nach der 11-Jahres-Analyse waren es noch 191 Personen gewesen. Atkin und ihre Kollegen sind der Ansicht, dass aufgrund der technischen Fortschritte in der Endoskopie in den letzten Jahrzehnten die Ergebnisse in der Zukunft eher noch besser werden.
REFERENZEN:
1. Atkin W, et al: Lancet (online) 21. Februar 2017
2. Pinsky PF, et al: Lancet (online) 21. Februar 2017
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Diesen Artikel so zitieren: Darmspiegelung mit Langzeit-Wirkung: Einmalige Sigmoidoskopie senkt Risiko für Kolorektalkarzinome noch nach 17 Jahren - Medscape - 6. Apr 2017.
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